Die Herzen im Sturm erobert: Jay Alexander berührt Publikum bei Auftritt im Kurtheater Bad Wildbad
Bad Wildbad. Der Platz für Glücksmomente und befreiende Erlebnisse ist enger geworden. Jeder weiß das. Und hoffte im ausverkauften Königlichen Kurtheater auf einen Abend, der Erwartungen einlöst. Tatsächlich brauchte es für das Publikum nur ein paar Töne, um in eine andere Welt zu gelangen.
Tenor Jay Alexander, der zusammen mit der Pianistin Juna Cherevatskaia in das reizvolle alte Theaterhaus Bad Wildbads gekommen war, hatte mit seiner Stimme, bekannten Melodien, Humor und Charme Quellen anzubieten, die die Sehnsucht der Menschen nach erlebbaren Gefühlen erfüllte. Schon nach wenigen Minuten brach der Jubel los.
"Das Beste" hatte Jay Alexander schlicht sein Programm genannt und damit die Richtung vorgegeben. Da ging es nicht um E- oder U-Musik – es waren Stimmungen, die die Musik und den Abend trugen. Mit sichtlicher Lust am Singen ließ Alexander auch musikalisch eher Gegensätzliches Revue passieren, gab emotionale Einblicke und erzählte von Hintergründen und Begegnungen.
Publikum lässt sich mitnehmen
Die Grenzen von Genres zu überspringen, verschiedene musikalische Farben zum Klingen zu bringen, ist ja eines seiner Anliegen, auch wenn in den Melodien, die sich aus der zeitlich eng begrenzten Haltbarkeit gerettet haben, sein volles Stimmvolumen nicht immer zum Tragen kommen kann.
Aber darum ging es ja auch nicht an diesem Abend, den der Tenor selbst in seiner atmosphärischen Dichte als "etwas Besonderes" bezeichnete. Das Publikum ließ sich nur zu gerne mitnehmen in eine andere Wirklichkeit, summte mit, sang mit, lachte mit, klatschte den Takt und wischte sich verstohlen manche Träne aus den Augen.
Alexander ist einer, der sich auskennt mit Gefühlen, bei denen musikalisch fast immer die Liebe ihre Macht und ihren Einfluss auf das Leben spüren lässt. Franz Lehár, Richard Strauß, Ludwig van Beethoven, das bekannte französische Liebeslied "Plaisir d'amour" – sie vertragen sich erstaunlich gut mit Leonard Cohen, Simon and Garfunkel, der Filmmusik von Charlie Chaplin und auch mit Karel Gott. Bei Elvis' "Are You Lonesome tonight" und dem Popsong "You Raise Me Up" steigerte sich der Applaus zu Ovationen.
Gedenken an verstorbene Queen
Der Balanceakt war gelungen – Alexander begeisterte mit berührenden Interpretationen. Seine ausdrucksstarke und kraftvolle Tenorstimme füllte mit ihrem Volumen den Kuppelsaal, die hohen Passagen waren gekennzeichnet von müheloser Leichtigkeit und beeindruckender Zartheit.
Hinzu kam eine Bühnenpräsenz, mit der er die Zuhörer sofort auf seiner Seite hatte und die mit der interessierten dialogischen Nähe zum Publikum ein deutliches Wir-Gefühl entstehen ließ. Da tat sich kein Graben zwischen Bühne und Zuschauerreihen auf, wenn die älteste Konzertbesucherin zu ihrem vortägigen 96. Geburtstag noch einmal mit einem Ständchen von allen gefeiert wurde.
Selbst der Queen gedachte man mit der gesummten britischen Nationalhymne. Alexander und sein Publikum – das war Harmonie pur.
