Bad Wildbad
Bad Wildbad -  11.07.2021
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Grundsteinlegung mit Wein und Münzen - vor 275 Jahren begann der Bau der Stadtkirche Wildbad

Bad Wildbad. Vor genau 275 Jahren liefen die Vorbereitungen zum Bau der evangelischen Stadtkirche Wildbad wohl auf Hochtouren. Hermann Brachhold berichtet über den Baustart in seinem 165-seitigen Druckwerk, „Wildbad – die Kirche, die Stadt und ihre Bürger damals bis heute (1345-1988)“: „Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 15. Oktober 1746 um 11 Uhr“.

Notwendig machte den Kirchenneubau – den einzigen im Rokoko-Stil in Württemberg – im 18. Jahrhundert der sechste und weitaus schlimmste Stadtbrand vom 7. Juli 1742, bei dem nicht zum ersten Mal auch die Kirche ein Raub der Flammen wurde. Nur wenige Gebäude der oberen und unteren Vorstadt blieben verschont. In den Flammen unter gingen 127 Wohnhäuser, 24 Scheunen, die Schickhardt’sche Kirche aus dem Jahr 1662, das Rathaus und die Bäder.

In den Grundstein wurden nicht nur eine ganze Reihe Gold- sowie Silbermünzen gelegt. Auch je eine Flasche Rot- und Weißwein wanderten in diesen. Minutiös ist beschrieben, wie dann die „Balliers und Steinhauer“ in einer Zeremonie alles mit einem Steindeckel verschlossen. Nach der Feier und dem Schlusslied, „Nun danket all und bringet Ehr“, führte der Weg nach schräg gegenüber zum gemeinsamen Mittagessen in das „Wirthshauß zum Bären“.

Der Bau von 1746 bis 1748 nach Plänen von Oberbaudirektor Johann Christoph David von Leger (1701 bis 1791) verlief, vor allem was den Kirchturm betrifft, nicht ohne Probleme. Durch Risse und Blähungen kündigte sich das Unheil an: Am 27. November 1748 stürzte der Kirchturm in sich zusammen. Überliefert ist zu den Hintergründen: „Die Maurer Barthlen und Lutzen hatten zuviel kleine Steine und mehr Erden als Speis verwendet. Sie haben sich der Strafe durch die Flucht entzogen.“

In den Grundzügen hat sich das Bild der Kirche bis heute im Wesentlichen erhalten, auch nachdem Nikolaus Friedrich von Thouret (1767 bis 1845) das Königliche Palais durch das Badhotel ersetzte und zwischen 1839 und 1847 auch weitere Pläne von ihm vollzogen wurden.

Der Wiederaufbau der Kirche war mit der Turmerneuerung 1749 abgeschlossen, und sieht man von den Verschleißerscheinungen ab, die 2020 zutage traten (durch Materialermüdung am Kirchturm entstandener Steinschlag), steht der Turm seither fest da. Glocken wanderten hinein, in Kriegsjahren zum Einschmelzen auch wieder heraus. Seit dem Tag der jüngsten Glockenweihe, dem 17. September 1950, läuten sie unter dem großen Tedeum: „Herr Gott Dich loben wir, Herr Gott Dir danken wir.“ Sanierungen, Renovierungen und Modernisierungen erhielten die Kirche mit dem hellen, ovalen Innenraum. Die letzte große Erhaltungsmaßnahme, die auch einer Sicherung des Fundaments galt, erfolgte 1988 mit einem Aufwand von 3,3 Millionen Mark.

Autor: Hans Schabert