In die Vergangenheit eingetaucht
Bad WIldbad. Bei der Mitgliederversammlung des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) referierten fünf Forscher in Vorträgen über verschiedene Geschichts-Themen im Kreis Calw. „Von der Wildbader Militärkuranstalt 1918 zur Lehrerakademie“ lautete der erste Titel. „Der Inhalt brachte ja manch Neues“, meinte ein Zuhörer überrascht, der offensichtlich nur eine eingedampfte Fassung des durch Hans Schabert anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Baus an der Wildbader Baetznerstraße gehaltenen Vortrags erwartet hatte.
Die angerissenen Themen gaben in der vorgegebenen knappen Viertelstunde Abrisse zur Baugeschichte und Historie der Versorgung Kriegsgeschädigter. Gestreift wurde die in Calw 1948 gestartete Lehrerfortbildung im Land samt gegenwärtigen Entwicklungen zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts. Zur Kunstgeschichte an den Bauten zeigte ein Foto die bekannte Kunstgestalterin Gertraut Ellinger im einstigen Bad der Versorgungskuranstalt, wo sie jüngst vor ihrem 60 Jahre zuvor geschaffenen Mosaik steht.
Beim Vortrag von Friedrich Wein über die Luftverteidigungszone West nahm mancher Besucher überrascht zur Kenntnis, was an Einrichtungen und heute noch wahrnehmbaren Spuren im Landkreis Calw vorhanden ist. Da gab es von Engelsbrand über Langenbrand und Oberkollbach bis Wart und Egenhausen auf der gesamten Enz-Nagold-Platte Bunker, Flakstellungen, Flakhallen und Munitionslager. Die Luftabwehr-Einrichtungen reichten vom Niederrhein über das Saarland bis an den Hochrhein und bezogen östlich der Infanterielinie des Westwalls den Kreis Calw ein.
An Peter Steyer (1927 bis 2009) erinnert manche Skulptur in der Umgebung. Im Schömberger Kurhaus hat er sogar ein kleines Lager hinterlassen. Klaus Pichler zeigte auf, welche Entwicklung der Gestalter in Wien und Nürnberg in der Kunstszene der NS-Zeit und danach genommen hat. Da war die Berliner Zeit mit ersten Ausstellungen nach dem Krieg, wo er auch seine Frau Christa 1951 heiratete. 1955 wirkte er bei Ausgrabungen im Zweistromland mit und lebte in Istanbul, bis er dann acht Jahre später in Liebelsberg eine Bleibe fand und sein Atelier aufbaute. Viele Jahre begleitete er ab 1972 auch eine Lehrtätigkeit an der Pforzheimer Goldschmiedeschule.
Zunächst Dankesworte richtete Herbert Krempel an den KGV, der mit einem Zuschuss den Erwerb eines hochwertigen Faksimiles des Herrenalber Gebetbuchs von 1484 unterstützt. Dieses soll im Ziegelmuseum in Bad Herrenalb ausgestellt werden. Der Ruhestands-Bibliothekar stellte in Wort und Bild teils auf der Leinwand das einschließlich 30 ganzseitiger Miniaturen bunt und frisch wirkende, 103 Blatt umfassende Werk vor. Es gibt nur eine, vor über 500 Jahren gefertigte Handschrift davon, die heute jeder via Internet bei der Staatsbibliothek Berlin einschließlich der farbenfrohen Bilder betrachten kann.
Mit einem weiteren Ausschnitt aus den Forschungsarbeiten für sein im letzten Jahr erschienenes Buch zur Geschichte von Simmersfeld knüpfte Dietmar Waidelich an frühere Vorträge an. Wilderer aus dem Badischen – weil aus Kappelrodeck bei Bühl stammend – bald „Kappeltäler“ genannt, kamen vor allem im 18. Jahrhundert ihrem Beruf nach. Sie strebten dazu in die Wälder um Simmersfeld. Im Handgemenge mit Förster Johann Michael Stoll wurde 1782 einer von ihnen verletzt. In Urnagold gefangen kam er vors Altensteiger Gericht.
Weil er das Gewehr gegen einen Forstmann gerichtet hatte, wurde er zum Tod verurteilt. Ob der Richterspruch vollzogen wurde, bleibt ein Geheimnis der Geschichte.
