Bad Wildbad
Bad Wildbad -  29.11.2020
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Konzert im November 1969 in Bad Wildbad: Musikbegeisterte suchen Kontakt mit Zeitzeugen

Bad Wildbad. Manchmal genügt ein einziger unerwarteter Fund: Beim Entrümpeln stößt Thomas Burkhardt in Salmbach auf ein Plakat zu einem legendären Konzert im Kursaal von Bad Wildbad – und sofort ist die Erinnerung an den 29. November 1969 wieder quicklebendig: „Beat-Soul-Pop, Non-Stop“ und nicht weniger als sechs Bands kündigt das Plakat für diese lange Samstagnacht an. Thomas Burkhardt ist buchstäblich mittendrin: Er spielt die E-Orgel der Formation „Les Autres“, die sich unmittelbar nach diesem Konzert in „Joint“ umbenennen wird; sein Schulkamerad Wolfgang Plappert steuert wie immer Klarinette und Saxofon bei.

„Les Autres“ starten an diesem Abend mit dem Instrumental-Titel „Early Bird“ von André Brasseur. Das Chanson „Les Neiges du Kilimandjaro“ von Pascal Danel folgt, wenig später wird es mit „I’m A Man“ von der Spencer Davis-Group deutlich rockiger. Dieser Song bringt auch Soul-Fan Horst Bott in Bewegung, der Burkhardt und die Band „Les Autres“ bereits von gemeinsamen Motorradtouren im Enztal kennt.

Eigentlich ist er an diesem Abend aber wegen der Formation „Julius-Soul Impression“ in den Kursaal gekommen. „Die hatten mit Julius einen farbigen Sänger“, erinnert er sich im PZ-Gespräch. Seine Vorliebe für schwarze Stimmen hat ein Jahr zuvor ein Soul-Konzert in Frankfurt entfacht: die „Stax Revue“ aus Memphis, Tennessee, sowie das dazugehörige Doppel-Album „That’s Soul“, das er seinerzeit zum Schnäppchenpreis von zehn Mark ergattert.

„Music Souls“ kamen spät

Die anderen Bands des von der Klasse 9B des Gymnasiums Neuenbürg organisierten Konzert-Marathons sind: „Funny Experience“, „Hot Dogs“, „Sergeant Pit“ und „The Independent of Bourgois Mentality“, die Gewinner eines Beat-Wettbewerbs in Pforzheim. Nicht auf dem Plakat genannt wird „Music Souls“ um den legendären Schlagzeuger Dieter Fuchs, der später „Route 66“ rhythmisch beflügeln wird. Thomas Burkhardt erinnert sich: „Die kamen überraschend und spät, unmittelbar nach einem anderen Auftritt und haben ihr Equipment auf Sackkarren eilig in den noch immer prall gefüllten Kursaal gewuchtet“.

Wer war dabei?

Um die Musikbegeisterung im Herbst 1969 heute nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Blick zurück: Im August 1969 wird das legendäre Woodstock-Festival zum Trendsetter – nicht nur musikalisch. Mehr als 30 Künstler und Bands treten vor schätzungsweise 400.000 Gästen auf. „Love and Peace“ ist Trumpf. Auf beiden Seiten des Atlantiks gehen Menschen gegen den Vietnam-Krieg auf die Straße. „Schlaghosen, lange Haare und das US-Army-Jacket mit Peace-Zeichen auf dem Rücken mussten sein“, grinst Thomas Burkhardt, während Horst Bott einwirft: „Die Parkas waren das Erkennungszeichen der englischen Popper, der ‚Mods‘ auf den Motorrollern mit zig Rückspiegeln“ – und gibt sich so als unentwegter Fan von „The Who“ zu erkennen.

„Eierkarton dämpft 1969 den Schall in vielen Proberäumen, auch in dem von „Les Autres“ in Calmbach“, schwelgt Wolfgang Plappert in Erinnerungen: „Die Adresse für Schallplatten ist seinerzeit Marianne Wüste in Pforzheim. Am Radio mitgeschnitten wird mit riesigen Bandgeräten – und die obligatorische ‚TV-Fortbildung‘ am Samstagnachmittag liefert Uschi Nerke im Beat-Club“. Thomas Burkhardt, Wolfgang Plappert und Horst Bott zählen das Jahr 1969 zu ihrer besten Zeit und haben große Freude daran, Erinnerungen zu teilen.

Um Kontaktaufnahme (Burkhardt-Engelsbrand@t-online.de) werden alle gebeten, die am Konzert im Kursaal in Bad Wildbad teilgenommen haben oder Fotos, Tonträger sowie Gegenstände aus dieser Zeit aufbewahrt haben.

Autor: Robin Daniel Frommer