Bad Wildbad
Bad Wildbad -  17.07.2022
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Oper „Armida“ feiert bei Rossini in Bad Wildbad Premiere

Bad Wildbad. Am Ende ist sie allein. Verlassen von Rinaldo, der den kriegerischen Ruhm der Liebe vorgezogen hat. Armida, die Protagonistin der Rossini-Oper, die in der Bad Wildbader Trinkhalle im Rahmen des Rossini-Festivals Premiere hatte, scheitert an der Liebe. Gioachino Rossini hat ihr und dem Geliebten das Happy End verweigert, mit dramatischer musikalischer Wucht lässt er Armida am Schluss nach Rache für die verratenen Gefühle suchen.

Kaum war am Freitagabend der letzte Ton der über dreistündigen Aufführung verklungen, machte das Publikum aus seiner Begeisterung keinen Hehl. Denn Intendant Jochen Schönleber und seinem Ensemble war es gelungen, aus einer konzertanten Aufführung ein verdichtetes Geschehen mit eindringlicher Wirkung, musikalischer Präzision, Spielfreude und trotz der vorgegebenen Statik mit mitreißendem Drive zu machen. Es war ein Abend auch der virtuosen Stimmen, der zu einem berührenden Musikereignis wurde.

Schwierige Traumwelt

Und das, obwohl es noch heute als besonderes Wagnis gilt, „Armida“ auf die Bühne zu bringen. Es ist Schönlebers Verdienst, die schwierige, zwischen Traumwelt und realer Historie des ersten Kreuzzuges wechselnde, gesanglich anspruchsvolle Oper mit dem Libretto von Giovanni Schmidt wieder auf einen Spielplan zu setzen und erlebbar zu machen, obwohl sich einige Fallstricke durch das Werk ziehen. So hat sich der Sopran der einzigen weiblichen Rolle gegen eine Männerwelt mit sechs Tenören und zwei Bässen durchzusetzen – schon das ein Zeichen für die Geschichte einer starken Frau, die am Ende aber doch ohnmächtig zusehen muss, wie der Geliebte sie verlässt und fast daran zerbricht, dass Liebe sich als Illusion erweist.

Ruth Iniesta als Armida brachte diese facettenreichen musikalischen Gegensätze scheinbar mühelos zusammen, sicher spannte sie mit ihrer Stimme Rossinis weite Melodienbögen, meisterte die schwierigen Koloraturen und setzte betörend zarte Pianotöne: Mit einer faszinierenden Melange zwischen Verwegenheit, Hingabe und Verzweiflung schaffte sie es, aus dem konzertanten Geschehen das Bild einer willensstarken und doch von Emotionen getragenen Frau entstehen zu lassen.

Der Abend war mitreißend von der ersten Minute an. Überrascht und begeistert folgte das Publikum der in der Dynamik ungedrosselten Musik der ungewöhnlich klangreichen Ouvertüre mit den von dem Dirigenten Jose Miguel Perez-Sierra vorangetriebenen Tempi. Perez-Sierra leitete das Philharmonische Orchester Krakau furios und entfachte im Verlauf des Abends zusammen mit dem Philharmonischen Chor Krakau immer wieder einen voluminösen, sensibel auf die Sänger abgestimmten Klangrausch, der auch den für die Balletteinlagen vorgesehenen musikalischen Teil überzeugend trug.

Atemberaubende Koloraturen

Michele Angenini als Rinaldo gelangen atemberaubende Koloraturen sowie die vielen Spitzentöne Rossinis. Seine anspruchsvolle Rolle als verzauberter und eigentlich schwacher Liebender gestaltete er mit einer den Saal füllenden Stimme, die über sichere Höhen und einen leicht metallischen Klang mit Strahlkraft verfügt – ein Heldentenor, der das Publikum zu Bravo-Rufen hinriss. Besondere Momente gelangen ihm im dritten Akt, nachdem die Kreuzritter Carlo und Ubaldo (intonationssicher und überzeugend: Chuan Wang und Cesar Arrieta) ihn gefunden haben und er sich entscheiden muss. Von eindringlicher Intensität, zart und wunderschön das vorangehende Liebesduett mit Armida, perfekt harmonierend, souverän gesungen und eindringlich interpretiert.

Im Gegensatz zu Michele Angelinis leicht stählernem Tenor verfügt Patrick Kabongos Stimme über einen warmen, samtenen Schmelz, den er in seiner Partie als Ricardos Gegenspieler, der schließlich von ihm getötet wird, einsetzte. Kabongo, in Bad Wildbad als häufiges Ensemblemitglied hoch geschätzt, konnte auch als Kreuzritter Gernando wieder überzeugen und Sonderapplaus entgegennehmen.

Als großartiger Sänger bewiesen sich ebenso Moisés Marin als Heerführer Goffredo, Jusung Gabriel Park als Magier Idraote, Shi Zong als Astarotte-Anführer der Dämonen und Manuel Amati als Kreuzritter Eustazio.

Weitere Aufführungen am 22. Juli. www.bad-wildbad.de/de/rossini

Autor: Gabriele Meyer