Calw -  29.10.2018
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Eva Mattes’ erzählt ihre mitreißende Theatergeschichte in Hirsau

Calw-Hirsau. Sie sei keine Schönheit, aber ein schauspielerisches Urviech, hat einmal ein Journalist über sie geschrieben. Da war Eva Mattes gerade 15 und hatte unter der Regie von Michael Verhoeven eine vergewaltigte junge Frau gespielt, die im Film in der Isar und nach dieser Szene zum Aufwärmen in der Badewanne von Senta Berger landete.

Mal abgesehen davon, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt, hätten die Zuschauer in Calw das mit dem „Urviech“ sicher unterschrieben. Doch Eva Mattes hat außerdem noch etwas, was bei ihrem Streifzug durch 40 Jahre Theater- und Filmgeschichte zum lauten Lachen wie stillem Nachdenken brachte – Selbstironie und trockenen Humor, für den eine eindrückliche Sensibilität den Boden bereitet.

Viele prominente Namen

Es ist ein pralles Schauspielerleben, bei dem einem die prominenten Namen nur so um die Ohren fliegen, wenn Mattes auf der Bühne des Kursaals ihre Erfahrungen und Erinnerungen aufblättert. Gesammelt und zusammengefasst hat sie die bereits in ihrem Buch „Wir können nicht alle wie Berta sein“ – inzwischen ein Bestseller, aus dem sie Passagen vorliest. Nicht ohne Grund hat sie den Abend „mein persönlichstes Programm“ genannt. Ist er doch ein Angebot, sich mitten hinein ziehen zu lassen in Auseinandersetzungen mit Erfahrungen, wie sie nur wenige machen. Packend und mitreißend ist das, atmet den Willen zu Unabhängigkeit und Freiheit. Das braucht Mut und Kraft – besonders dann, wenn der Boden, auf dem auch ihre beiden Kinder stehen, nicht wanken soll. Nicht alle können eben wie Berta, Ihre Lieblingsfigur aus Ibsens „Wildente“, sein.

Die Verbindung von Theaterleben und Schicksal könnte durchaus in ein Spannungsverhältnis münden. Eva Mattes allerdings verdichtet auch schwierige Situationen zu eindrücklich bunten und optimistischen Bildern und Szenen. Den eigenen Weg zu gehen – der Abend zeigt, wie viele Facetten das haben kann. Als Schauspielerin hat sie an den großen Theatern mit prominenten Kollegen und Regisseuren gearbeitet. Als Desdemona beispielsweise unter der Regie von Peter Zadek. Ulrich Wildgruber, wegen seiner nuschelnden Sprechweise nicht unumstritten, spielte den Othello. Die Premiere ließ also einiges erwarten. Nach einer halben Stunde fingen die Zuschauer an zu rufen: „Wie bitte, Othello, was hast du gesagt?“ Die Stunde des Publikums kam aber erst richtig, als Desdemona fragen musste: „Warum sprichst du so leise, Othello, ist dir nicht gut?“ Eva Mattes erinnert sich: „Das Theater verwandelte sich in eine tosende Fußballarena …“

Seit 40 Jahren ist Mattes mit der Dirigentin und Regisseurin Irmgard Schleier befreundet, die auch dieses Programm gestaltet hat und es am Klavier begleitet. Wie wichtig ihnen der interkulturelle Dialog ist, zeigten Schleier und Mattes etwa mit sizilianischen Volksliedern und mit Walter Mehrings „Emigrantenchoral“. Überhaupt die Lieder: Eine faszinierende Zeitreise. Eben mal wieder nicht wie Berta.

Autor: Gabriele Meyer