Calw -  02.08.2019
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Lachen, bis der Arzt kommt in der Klosterruine in Hirsau

Calw-Hirsau. Das darf ja wohl nicht wahr sein: Männer, die zu Hause sind – den ganzen Tag, nicht mehr nur nach der Arbeit. Petra Binder und Doris Reichenauer könnten sich aufregen: „Diese Altersteilzeit, wer das erfunden hat, der gehört eingesperrt“, schimpfen sie in der ausverkauften Hirsauer Klosterruine.

Die beiden Frauen mit den spitzen Zungen nennen sich Dui do on de Sell und sind nicht die Einzigen, die am Donnerstagabend beim Klostersommer das Publikum im Sekundentakt zum Lachen bringen.

Auch die schrillen Fehlaperlen und Kabarettist Thomas Schreckenberger haben einiges an Derbheiten auf Lager. Ein Blatt nimmt keiner von ihnen vor den Mund. Erst recht nicht, wenn es um das Älterwerden geht. Binder und Reichenauer können ein Lied davon singen. „Mittlerweile überlege ich mir beim Schuhe-Binden, was ich da unten gleich noch erledigen könnte.“ Und die Männer? Ziehen auf der Waage den Bauch ein. „Als ob das was bringen würde.“ Sorgen machen sich die beiden um ihre wehleidigen, wie Pech und Schwefel zusammenhaltenden Göttergatten trotzdem nicht. Eifersucht? Fehlanzeige. „Wenn der Vogel tot ist, kann man den Käfig offenlassen.“ Nicht der einzige markige Spruch. Für die schlagfertigen Frauen ist der Auftritt in Hirsau eine Art Heimspiel.

Überfürsorgliche Eltern

Für Thomas Schreckenberger nicht. Er kennt sich nicht so gut aus im Schwäbischen. Aber zwei Dinge hat auch er als „Neigschmeckter“ gelernt: „Was sich bewegt, wird gegrüßt. Was sich nicht bewegt, wird geputzt.“ Den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann findet er übrigens richtig gut. Erst recht im Vergleich zu denen, die weltweit sonst noch an der Macht sind. „Boris Johnson sieht ja schon aus, als ob er die Resthaare von Donald Trump auftragen würde.“ Trump, das Symbol für die Zeit des Irrationalen. Ein Mann, der die Welt auf den Kopf stellt und Putin in den Hintern kriecht. „Da ist sogar Gerhard Schröder erschrocken.“Und Erdogan?Der lässt Lehrer verhaften. Total sinnlos. „Lehrer machen doch keinen Putsch kurz vor den Sommerferien.“

Schreckenberger war selbst einmal Lehrer. Stundenlang könnte er berichten von nicht enden wollenden Elternabenden, von Englischkursen für drei Monate alte Babys und von Kindern, die von ihren überfürsorglichen Helikopter-Eltern betüttelt werden.

Verrückte Welt. Mit den Fehlaperlen wird sie noch viel verrückter. Zusammen mit Ferdi Riester erzählen die vier Damen in ihren Liedern von einem schwarzen Schamhaar, das am Rand des Pissoirs klebt. Sie schaffen es, die Namen José, Juan, Miguel und Raoul in einem Stück unterzubringen. Und sie fragen sich, warum es keinen Mann gibt bei Amazon oder Zalando. Sie sind sich für nichts zu schade, spielen Blockflöte mit der Nase, kommen im Trenchcoat, im Sonnenblumenkleid, mit Koffern, Hüten und Federboas auf die Bühne. Das Publikum tobt. Tosender Beifall für alle Beteiligten.

Autor: Nico Roller