Calw -  03.03.2019
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Landkreis Calw schafft mehr Tagesplätze

Calw. Ältere Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, wollen so lange wie möglich daheim leben. Meist werden sie dabei von Familienangehörige umsorgt. Doch sowohl Senioren wie auch Betreuer brauchen Beratung und Unterstützung für die Pflege. „Das ist ein emotionales Thema, das auch die Kommunalwahlen Ende Mai bestimmen wird“, sagte der Calwer Landrat Helmut Riegger bei einer Informationsveranstaltung im Landratsamt. Die Kreisverwaltung stellte gemeinsam mit Vertretern der Landesregierung und Einrichtungen aus dem Landkreis Modelle und zahlreiche praktische Beispiele vor, wie Betreuung im heimischen Umfeld funktioniert.

„In unserem ländlich geprägten Raum sind wir stolz darauf, dass sich viele ehrenamtliche Kräfte in der Pflege engagieren“, sagte Riegger. Früher seien vor allem stationäre Einrichtungen geschaffen worden, aber jetzt seien vielfältige ambulante Betreuungsformen nötig. Dabei spiele die Beratung eine große Rolle, sagte Sozialdezernent Norbert Weiser: „Wir arbeiten da eng mit dem Sozialverband VdK und dem Kreisseniorenrat zusammen.“

Die Tagespflege boomt. „In den Ferien sind die Kurzzeitdienste immer ausgebucht“, sagte Weiser. Solche Plätze für die kurzzeitige Fürsorge seien auch wichtig, um Angehörige zu entlasten. Zurzeit plane der Kreis hundert weitere Plätze, so Weiser. Im neuen Gesundheitscampus in Calw seien 30 vorgesehen. Ohne ehrenamtliche Arbeit geht es nicht. Rund 30 Gruppen bieten im Kreisgebiet Fahrdienste oder Mittagessen an, helfen auch bei Problemen im Alltag. Oder sie ziehen Veranstaltungen auf.

Die Landesregierung unterstütze verstärkt die Pflege daheim, sagte der Minister für ländlichen Raum, Peter Hauk (CDU). Landkreise wie Calw hätten im Gegensatz zu den großen Städten einen Vorteil: „Die Bereitschaft ist groß, ehrenamtlich mitzuwirken.“ Das Sozialministerium berate Einrichtungen. Immer wichtiger seien die rund 1100 ambulanten Pflegedienste in Baden-Württemberg. „Wohnortnahe Betreuungsformen sind gefragt“, so Hauk. Wie die aktuelle Praxis im Kreisgebiet aussieht, schilderten ganz konkret Tera Lüscher vom Pflegestützpunkt des Landkreises, Holger Schmelzle von der AOK und Walter Großmann (Diakoniestation Calw).

Angehörige stoßen an Grenzen

Was Angehörige leisten, zeigte aus persönlicher Sicht die Calwerin Waltraud Streit-Weinert auf. Nehmen sich Familienmitglieder der Pflege an, entstünden zwei große Probleme, sagte Peter Schmeiduch vom Sozialministerium: „Sie stoßen oft an Grenzen, sie sind manchmal überfordert oder gefährdet, zu vereinsamen.“ Da könnten gewerbliche Dienste helfen: „Professionelle Angebote für Einkäufe und Botengänge oder legale ausländische Kräfte.“ Weitere Pfeiler: „Ehrenamtliche Netzwerke und die Kommunen.“

„Der Staat kann es nicht mehr richten“, sagte Anita Burkhardt vom Verein Miteinander und Füreinander, der in Neuweiler eine beispielhafte Pflege auf die Beine gestellt hat. 23 Bürger gründeten vor sieben Jahren den Verein für eine gute Tagespflege – jetzt machen schon 155 Kräfte mit. So können die älteren Einwohner in ihren Wohnungen bleiben. „Und inzwischen macht das ganze Dorf mit, wenn wir ein Projekt haben oder ein Fest feiern“, sagte Burkhardt. Jetzt haben sich die Helfer einer riesigen Idee verschrieben: „Als Genossenschaft wollen wir ein Haus umbauen und Pflegeangebote schaffen, die sich genau an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.“

Autor: Ralf Steinert