Calw -  12.01.2019
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Sender für Wölfe zum Schutz der Schafe?

Der Schafzüchter Thilo Studer aus Loffenau hat eine eher ungewöhnliche Idee, wie man seine Herde vor dem Wolf schützen könne. „Jeder Wolf kriegt einen Chip unters Fell gepflanzt“, sagt der 47-Jährige, während er auf seine Herde im Nordschwarzwald blickt. Per Monitor könne dann jede Bewegung des Raubtiers verfolgt werden. „Und wenn immer der Wolf sich einer Schafherde oder dem Menschen nähert, wird Alarm geschlagen“, so die Rezeptur des studierten Landwirts. „Den Rest wird dann vor Ort per Gummigeschoss erledigt.“ Allerdings setzt der Schäfer hinzu: „Töten würde ich die Wölfe in diesem Fall allerdings nicht.“

Experten sehen diese Idee, die es übrigens schon seit einiger Zeit gibt, jedoch eher kritisch. Der Wildtierbeauftragte aus dem Kreis Calw, Jochen Bock, hält den Vorschlag für kaum umsetzbar. Zum einen müsste man die scheuen Wölfe erst einmal fangen und mit einem Ortungsgerät versehen. „Das ist gar nicht so einfach“, betont der Förster. Dann sei die Frage, in welchen Intervallen der Sender am Wolf Signal gebe. Üblicherweise sei das nicht allzu häufig, sonst werde der Akku zu schnell leer. Und selbst wenn man registriere, dass der Wolf einer Herde bedenklich nahe komme und möglicherweise ein Angriff drohe: Im Ernstfall sei es sehr zweifelhaft, dass der Schäfer rechtzeitig vor Ort sei, um seine Tiere zu retten. Bock fasst zusammen: „Ich denke, die praktische Umsetzung bereitet gravierende Probleme.“

Schäfer Studer sieht dagegen bei dem herkömmlichen Herdenschutz Probleme. Seine Herde besteht aus 400 Muttertieren, die an einem Steilhang bei Loffenau im Kreis Rastatt grasen – das Terrain gilt als offiziell ausgewiesenes „Wolfsgebiet“. Die Zäune sind wie vorgeschrieben 90 Zentimeter hoch, die Stromspannung beträgt 4000 Volt. Zwar schrecke das den Wolf zunächst ab, doch längerfristigen Schutz garantiere das auch nicht, meint Studer, der seit 20 Jahren in der Schafzucht tätig ist. „Wenn der Wolf am Zaun schnuppert, kriegt er erstmal ordentlich eine gewischt, das tut weh“, sagt Studer. Als Folge des Stromschlags ziehe sich der Wolf erst einmal zurück. „Doch das Problem ist: Der Wolf hat Hunger.“ Zwei, drei oder vier Tage hält er es zwar ohne Fressen aus. Doch dann werde es kritisch. Wenn der Wolf dann kein Reh oder andere Wildtiere finde, kehre er zu den Schafen zurück. „Irgendwie findet er seinen Weg durch den Zaun.“

Als „Super-Gau“ bezeichnet es Studer, wenn der Wolf gelernt hat, dass er über den Zaun springen kann. 90 Zentimeter seien kein ernsthaftes Hindernis für ihn. „Und vor allem: Wenn er springt, darf der Wolf den Zaun ruhig berühren – in der Luft erhält er ja keinen Stromschlag.“ Wie oft schon ein Wolf am Elektrozaun seiner Herde geknabbert hat, kann er nicht sagen.

Von Herdenschutzhunden, wie sie von der Wolfsprävention vorgeschlagen werden, hält Studer nicht viel. Herdenschutzhunde seien Killer-Maschinen, die nicht unterscheiden könnten, ob sich ein Fußgänger, ein Kind oder ein Wolf der Herde nähert. Das sei in den Karpaten oder in den Pyrenäen möglicherweise nicht problematisch, meint Studer, im vergleichsweise dicht besiedelten Nordschwarzwald aber schon. „Ich würde es niemals wagen, Herdenschutzhunde einzusetzen“, schwört Studer, der selbst drei Collie-Hütehunde einsetzt, um seine Herde zusammenzuhalten. Gegen einen Wolf wären die Collies aber machtlos.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Rösler hält das für falsch. Herdenschutzhunde würden in Deutschland und anderen Ländern so gezüchtet und erzogen, dass sie Menschen gegenüber nicht aggressiv seien.

Obwohl Wölfe im Südwesten nach wie vor echte Raritäten sind, kommt es immer wieder zu Wolfrissen. Unvergessen ist das Massaker im vergangenen Jahr, als in einer Nacht in der Nähe von Bad Wildbad über 40 Tiere des Schäfers Gernot Fröschle ums Leben kamen. Auf die Rückkehr des Raubtiers seit der Ausrottung vor 150 Jahren reagiert die Landesregierung mit ihrer Förderkulisse Wolfprävention. Sie hilft etwa bei der Anschaffung von Weidezäunen und Herdenschutzhunden. Laut Umweltministerium wurden bisher über 80 Anträge bewilligt und über 230 000 Euro gezahlt. Gut 20 weitere Anträge lägen vor.

Autor: lsw/sab