Calw -  05.05.2022
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Weiter gratis durch den Landkreis Calw: Kostenlose Fahrten noch bis in den Herbst

Kreis Calw. Das ist doch schon mal ein beachtlicher Erfolg im Nahverkehr: Rund 600 Fahrgäste mehr als früher steigen zurzeit am Wochenende in die kostenlosen Busse im Kreis Calw ein. Vor einem halben Jahr hatte der Landkreis die Werbeaktion mit Bussen zum Nulltarif an Samstagen und Sonntagen gestartet. Jetzt legte Michael Stierle, der Amtsleiter für den Nahverkehr, den Kreisräten im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss am Montag im Bad Liebenzeller Kurhaus eine Zwischenbilanz vor.

„Vor Einführung dieses Angebots an Wochenenden nahmen rund 2800 Fahrgäste den Bus, jetzt sind es 3400 Personen, eine Steigerung von rund 20 Prozent“, sagte Stierle. Für das auf ein ganzes Jahr ausgelegte Marketingmodell, das auf einen Antrag der Grünen zurückging, investiert der Kreis Calw insgesamt 280 000 Euro. Eine saftige Summe. Doch der Kreis hat sich dem Ziel verschrieben, mit einer Mobilitätswende ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz zu erreichen. Für das Land ist dabei der Nahverkehr Dreh- und Angelpunkt.

So will Minister Winfried Hermann (Grüne) bis zum Jahr 2030 die Zahl der Fahrgäste in Bussen und Bahnen im Vergleich zu 2010 verdoppeln, wie die PZ berichtet hat. Doch so einfach ist das im ländlichen Raum nicht. Das zeige die genaue Auswertung der Calwer Gratisidee, sagte Stierle: „Linien, die schon bisher eine starke Nachfrage hatten, werden jetzt noch stärker genutzt.“ Bestes Beispiel sei die Linie 670, die die Stadt Calw über Althengstett mit dem S-Bahnanschluss in Weil der Stadt verbindet: „Diese wichtige Strecke sticht in der Aktionszeit mit einem Anstieg um bis zu 150 Prozent heraus.“ Dagegen verzeichneten die schwächeren Verbindungen im Kreisgebiet noch keinen Aufschwung, so der Nahverkehrschef.

Außerdem stößt das Busprojekt auf hohe Resonanz bei Strecken zu touristischen Attraktionen. Auf der Linie 420 von Altensteig nach Bad Wildbad zum Baumwipfelpfad oder zur Hängebrücke habe sich der bisher durchwachsene Zuspruch „nahezu verfünffacht“, sagte Stierle. Im Nachbarkreis Böblingen kommt die Stadt Herrenberg mit Stiftskirche, Museen und einer belebten Innenstadt besonders gut an – „die Linie 773 ab Calw wird ebenfalls bis zu fünfmal stärker genutzt, obwohl unsere Aktion nur den Bereich in unserem Gebiet umfasst“, so Stierle. Das kostenlose Wochenende mit dem Bus sei „auf Freizeitwegen als Alternative zur Fahrt mit dem eigenen Auto bei vielen ins Bewusstsein gerückt“. Obwohl der Bus über eine längere Zeit umsonst ist, bedeute das aber noch lange nicht, dass nun auf einmal zahlreiche Bürger das Auto daheimlassen und den Bus nehmen.

Aus Stierles Sicht macht sich der Gratis-Bus „aber als erfolgreicher Marketingbaustein und als niedrige Schwelle für den Einstieg in den Nahverkehr“ bezahlt. „Wir sollten am vorgesehenen Zeitraum bis Ende Oktober festhalten“, sagte Stierle. Das sah auch der Wirtschaftsausschuss so. Die Kreisräte sagten einstimmig Ja zur Fortsetzung des Modells, wünschten sich aber in der endgültigen Auswertung genaue Zahlen zu den einzelnen Bereichen. Eine Belebung des regionalen Nahverkehrs erwartet Stierle zudem vom Bundesprogramm mit dem extrem günstigen 9-Euro-Monatsticket von Anfang Juni bis Ende August.

Autor: Ralf Steinert