Dieser Mann aus der Region ist ein wahrer Macher: Das bewegende Leben von Robert Kicherer
Oberderdingen/Knittlingen. Er wuchs in einer Zeit auf, die ihn nachhaltig geprägt hat. Die ihm zeigte, was es heißt, kaum Geld zu haben, wie wichtig Selbstdisziplin ist und was Familienzusammenhalt bedeutet. Heute blickt Robert Kicherer auf ein erfülltes Leben, in dem Arbeitseifer eine Rolle spielte, aber auch Glück, Freundschaft und Rückhalt von den Liebsten. Mit seiner Ehefrau Ruth wohnt er in einem großen Haus in Oberderdingen, mit viel Platz und einem herrlichen Garten.
Robert Kicherer wird 1939 in Knittlingen geboren, also zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Kurz danach kommt seine Schwester zur Welt. Die Kinder sind noch sehr klein, da fiel der Vater im Krieg. „Das war eine schwierige Zeit für uns“, erzählt der heute 80-Jährige. Zu allem Übel verloren sie auch noch ihre Wohnung. Der Großvater habe sie damals aufgenommen. Als er davon erzählt, wirkt Kicherer nachdenklich, aber nicht traurig. Ihm ist bewusst, dass er gerade in dieser Zeit viel fürs Leben gelernt hat. Damals wird ihm erstmals klar, was es heißt, Familie zu haben.
Nach der Volksschule absolviert Kicherer eine Lehre zum Chirurgiemechaniker bei der Knittlinger Firma Richard Wolf. Mit 18 Jahren arbeitet er als Facharbeiter, „für einen Stundenlohn von einer Mark zwanzig“. Schnell wird ihm bewusst, dass er es ohne Weiterbildung nicht weit bringen kann und leiht sich 400 Mark von seinem Großvater, um den Techniker zu machen. „Davor bin ich jeden Tag nach der Arbeit in die Abendschule gegangen, um die Fachhochschulreife zu erlangen“, erzählt er. 1960 geht er dann auf die Ingenieurschule in Furtwangen und schließt das Studium nach sechs Semestern erfolgreich ab. In dieser Zeit lernt er seine Frau kennen, die er 1963 heiratet und mit der er in den folgenden Jahren die drei gemeinsamen Kinder Andreas, Daniela und Jürgen bekommt. Nach einer Anstellung bei einer Pforzheimer Firma kommt er 1965 schließlich zur E.G.O. nach Oberderdingen, wo er es beruflich bis an die Spitze bringen wird.
Vom Gewinnen und Scheitern
1972 wird er bei dem heute noch erfolgreichen Unternehmen Entwicklungsleiter und erhält die Handlungsvollmacht und die Prokura. 1980 dann der Durchbruch: Robert Kicherer wird technischer Geschäftsführer bei E.G.O. „Ich hatte das große Glück, dass ich mit einem der Gründer, Karl Fischer, eng zusammenarbeiten durfte. Er war ein begnadeter Ingenieur und ist immer noch mein großes Vorbild.“
Doch während seiner Karriere lernt er nicht nur, was es heißt, Erfolg zu haben. Hautnah bekommt er mit, wie es sich anfühlt, zu versagen. Durch die Verschiebung von Währungseinheiten in Ländern, in denen E.G.O. Standorte betreibt, gerät die Firma Anfang der 1990er in eine schwere Krise. „Fünf Standorte wurden aufgelöst und ich musste viele Mitarbeiter entlassen“, erzählt Kicherer schweren Herzens. „Das war furchtbar.“
Das betrachtet er heute ebenfalls als Schlüsselerlebnis. Denn auch aus dieser Krise sei er gestärkt hervorgegangen. „Ich habe mir schließlich Hilfe von außen geholt und einen Arbeitskreis mit den besten Fachleuten des Unternehmens gegründet.“ Das Ziel: Etwas zu entwickeln, dass die Firma wieder nach vorne bringt und den direkten Konkurrenten – eine Firma aus England – aussticht. Und genau das gelang ihm. E.G.O. erholt sich und wird Weltmarktführer.
Zahlreiche Beschäftigungen
„Wenn ich so zurückblicke, frage ich mich, wie ich das alles geschafft habe“, erzählt der Senior. Damit meint er aber nicht nur seine Arbeit, denn Kicherer hatte nebenher auch noch zahlreiche Hobbies und Vorsitze in anderen Gremien. 1972 wird er Kopf des TSV Knittlingen, sorgt dort für Tennisplätze, engagiert sich bei den Jedermännern und der internationen Faustgesellschaft – um nur einige Beispiele zu nennen.
Mit 66 Jahren verabschiedete sich Kicherer schließlich in den Ruhestand. Doch auch jetzt weiß er sich zu beschäftigen. Er macht den Segelschein, kauft sich ein Boot und bildet mit Freunden und seinen inzwischen erwachsenen Kindern eine Crew, mit der er fortan die Gewässer unsicher macht. „Das war eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte.“
Das Segeln hat er vor zwei Jahren aufgegeben. Doch auch jetzt – mit fast 81 Jahren – ist ihm nie langweilig. Wenn er nicht gerade Familienfeste organisiert, treibt er Sport, arbeitet mit seiner Frau im Garten oder hilft Freunden bei deren Projekten. „Für mich gibt es immer etwas zu tun“, sagt er. Robert Kicherer ist ein Macher, einer, der die Zügel gerne in die Hand nimmt.
„Aber man muss schon willig sein, um im Leben etwas zu erreichen“, sagt er. Arbeitseifer und Familienzusammenhalt – das sind Werte, die der 80-Jährige auch an seine fünf Enkel weitergibt. „Von nichts kommt nichts, das ist im Leben überall so.“