Schömberg
Schömberg -  19.10.2023
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Eine Erfolgsgeschichte: Modehaus Bertsch feiert 100. Geburtstag

Schömberg. „Wir leben und lieben Schömberg in der dritten Generation“. Diese Aussage von Modehauschef Udo Bertsch ist nicht nur so daher gesagt, der Besucher spürt dies beim Schlendern durch das fast 1500 Quadratmeter große Fachgeschäft. So auch die zweihundert geladenen Gäste, die am Mittwochabend gekommen waren, um hundert Jahre Modetradition mit der Familie Bertsch zu feiern.

Mit Stolz auf eine hundertjährige Firmentradition präsentieren sich Udo und Ursula Bertsch mit ihren Töchtern Anna, Lisa und Klara.
Mit Stolz auf eine hundertjährige Firmentradition präsentieren sich Udo und Ursula Bertsch mit ihren Töchtern Anna, Lisa und Klara. Foto: U. Knöller

Vermutlich hätte Firmengründer Karl Bertsch im Jahr 1923 nicht zu träumen gewagt, dass aus seiner 20 Quadratmeter kleinen Schneiderei innerhalb von zwei Generationen das überregional bekannte Modehaus Bertsch entstehen würde. Mit 82 Mitarbeitern ist es das größte inhabergeführte Modegeschäft im Nordschwarzwald. Von der Talstraße zog das „fleißige Schneiderlein“ 1937 in das Ladengeschäft mit Schneiderwerkstatt in die Lindenstraße um, den heutigen Standort des Modehauses. Nach fast 40 Jahren übergab Karl Bertsch 1961 an seinen Sohn Karl-Heinz, der zuvor bei seinem Vater eine strenge Schneiderlehre durchlief und 1956 die Meisterprüfung ablegte.

Stetige Entwicklung

Großzügige Umbaumaßnahmen machten aus dem kleinen Schneiderladen das 300 Quadratmeter große Modegeschäft „Maß + Mode“. Viele Jahre hatte Karl-Heinz Bertsch die Stellung des Obermeisters der Innung für das Bekleidungshandwerk inne und erhielt 2014 für ehrenamtliche Verdienste und langjährigen Einsatz im Gemeinderat die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Schömberg. Sein Leitspruch war: „Schömberg, zum Einkaufen schön.“

Der heutige Inhaber, Textilbetriebswirt Udo Bertsch, übernahm 1997 zusammen mit Ehefrau Ursula, einer Steuerfachwirtin, das elterliche Modegeschäft und baute es in den folgenden Jahren durch stetige Erweiterung aus. Dabei war der 2015 erfolgte Umbau – ein vollverglaster Neubau mit der Verwendung heimischer Weißtannen – ein bedeutsamer Schritt in die Zukunft, denn seitdem verfügt das Modehaus über eine großzügige Ladenfläche von 1500 Quadratmeter barrierefreiem Einkaufsvergnügen. Aktuell im Jubiläumsjahr wurde das Dachgeschoss ausgebaut und bietet seither eine stilvolle Wäscheabteilung für Mann und Frau, eine moderne Abteilung für Anlassmode und das Bistro „Karls 1923“, eine Hommage an den Firmengründer Karl Bertsch, welches, wie Udo Bertsch meint, „ein völliges Neuland ist.“

Die vierte Generation der rührigen Familie steht mit den drei Töchtern Anna, Lisa und Klara schon in den Startlöchern, um die Tradition des verkaufsoffenen Sonntags und die legendären Modeschauen, die Karl-Heinz Bertsch ins Leben gerufen hatte, weiterzuführen.

Viel Lob und Gänsehaut

„Wer erfolgreich sein will, muss nicht Dinge wissen, die keiner weiß, er muss aber an Dinge glauben, die sonst keiner glaubt.“ Mit diesen Worten gratulierte Schömbergs Gemeindeoberhaupt Matthias Leyn der Familie Bertsch zum 100. Geburtstag und machte damit die Bedeutung des Modehauses für die Glücksgemeinde deutlich, da diese eine Marke über die Region hinaus sei. Der unternehmerische Mut und die Leidenschaft von Großvater und Vater Bertsch hätten maßgeblich zur Entwicklung der Gemeinde beigetragen. Für die Treue zu Schömberg dankte der Bürgermeister und übergab symbolhaft ein „Glückshufeisen“.

Joachim Wohlfeil, Präsident der Handwerkskammer, lobte das Unternehmen für den Mut zur Selbstständigkeit und den Stolz zum Handwerk. Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald, spürte „Gänsehaut vor diesem seit über 100 Jahren wunderbar funktionierendem Familienunternehmen, das die Chancen stets genutzt und den Mut hatte, diese umzusetzen. Die IHK-Chefin überreichte eine Ehrenurkunde. Von Landrat Riegger übermittelte Dorothea Weßling, Leiterin des Bauamts, die herzlichsten Glückwünsche.

Für die Zukunft wünscht sich Udo Bertsch, dass alle an einem Strang ziehen und der Spruch „Einkaufen in Schömberg, vielfältig und nah“ auch weiterhin Bestand habe. Zuvor hatte er in einer launigen Rede die Historie seines Schömberger „Modetempels“ passieren lassen und mit deutlichen Worten erklärt, welcher Mittel es bedarf, um in Zeiten des Online-Shoppings im Einzelhandel erfolgreich zu sein. Eine Lehrstunde für alle, die aufgepasst haben.

"Ohne Bertsch, keine Glücksgemeinde"

Ein Kommentar von PZ-Verleger Albert Esslinger-Kiefer

"Es war ein Jubiläum der besonderen Art. Das Modehaus platzte zur Feier des 100-Jährigen aus allen Nähten. Und ganz deutlich wurde: Schömberg wäre nicht die „Glücksgemeinde“, wenn es das Bertsch’sche Modehaus nicht gäbe. Nahezu im Alleingang haben sie durch ihr aktives und mutiges Handeln eine Einkaufswelt stabilisiert, wie sie in dieser Ausgewogenheit im ländlichen Raum ansonsten nicht mehr anzutreffen ist. Udo Bertsch - flankiert von seiner Frau Ursula und drei sehr vorzeigbaren Töchtern - verweist zu Recht auf das in seinem Modehaus perfekt inszenierte Einkaufserlebnis – „das online nicht stattfindet“. In Pforzheim hingegen blickt man mit Verwunderung – nein: Bewunderung – auf das Modehaus auf dem Lande. Wen wundert’s also, wenn immer mehr Goldstädter ihr Einkaufserlebnis in der „Glücksgemeinde“ finden."

Autor: Ulrike Knöller