Schömbergs Bürgermeister Matthias Leyn verteidigt die Turmpläne
Schömberg. Die Pläne für einen Aussichtsturm mit Fly-Line in Oberlengenhardt werden von der Gemeinde Schömberg schon seit längerem geschmiedet. Mehrfach wurden sie auch öffentlich in Gemeinderats- oder Ausschusssitzungen beraten.
Zuletzt mehrten sich aber aus der Bevölkerung kritische Stimmen, die mögliche Beeinträchtigungen für den Ort und für andere Vorhaben der Gemeinde fürchten. Darauf reagierte nun Bürgermeister Matthias Leyn mit einer ausführlichen Stellungnahme.
"Der geplante Aussichtsturm mit Fly-Line in Schömberg-Oberlengenhardt wurde bereits mehrfach in den Gremiensitzungen der Gemeinde Schömberg behandelt und beraten. Gleichzeitig wurden auch seitens der Bürgerschaft immer wieder Bedenken zum Projekt an sich und zu möglichen Beeinträchtigungen im Ort geäußert.
Dies alles sind wohlüberlegte und folgenrichtige Bedenken, die selbstverständlich vorgebracht werden sollen und die auch vom Gemeinderat und der Verwaltung stets ernst genommen werden.
Aus einer ersten Idee wächst mit zunehmenden Beratungen und Beschlüssen stets ein Projekt, welches noch schärfere Konturen annimmt. Im aktuellen Fall ist dies noch nicht vollständig geschehen. Viele Grundsatzthemen zum Projekt „Aussichtsturm“ sind in Prüfung und werden noch abgearbeitet.
Gerne möchte ich Ihnen im Folgenden die wichtigsten Punkte zu diesem Projekt erläutern:
Ausgangs- und Grundlage der Idee
Die Gemeinde Schömberg hat sich stets mit dem Tourismus identifiziert. Als Tourismusdestination hat sich Schömberg aus der Historie heraus als Gesundheitsstandort fortlaufend weiterentwickelt. Die klimatischen Bedingungen waren und sind fortan Grundlage für die gesundheitstouristische Ausrichtung. Eine weitere touristische Grundlage konnte sich Schömberg durch den Bau des Wellenbades in den siebziger Jahren schaffen.
Mit der Schließung und dem Abbruch des Wellenbades stand Schömberg allerdings vor der Frage, in welche Richtung sich der Ort künftig entwickeln soll: Es ist unumstritten, dass wir aufgrund der topografischen Lage und Entfernung zu den Hauptverkehrsachsen in Baden-Württemberg kein geeigneter Industrie- und Gewerbestandort sind und zukünftig sein werden. Durch die vorhandenen Gegebenheiten und Strukturen, auf die wir stolz sein können, stellten wir uns im Gremium und in der Verwaltung die Frage, ob die touristische Ausrichtung auch weiterhin als Wirtschaftsfaktor verfolgt und erhalten bleiben sollte.
Neben einem hervorragenden Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Handwerksangebot, verfügt die Gemeinde Schömberg auch über insgesamt vier Rehabilitations-, Klinik- und Fortbildungszentren, die eine hohe Bettenauslastung erreichen, einen großen Prozentteil der Schömberger Übernachtungsgäste generieren sowie tourismus- und wirtschaftsfördernd durch die Anbringung von gesundheitstouristischen Aspekten und Wirtschaftsleistungen der ersten und zweiten Stufe agieren.
Dem Gemeinderat und der Verwaltung liegt es am Herzen, dass diese Strukturen unbedingt erhalten, wenn nicht sogar verbessert werden.
Um weiterhin attraktiver Standort für Kliniken und Rehabilitationszentren zu bleiben sowie das Angebot innerhalb der Gemeinde weiter zu entwickeln, hat sich der Gemeinderat im Jahr 2016 dazu entschieden, an der touristischen Ausrichtung des Ortes festzuhalten. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf den Gesundheitstourismus und die Stärkung unserer Kliniken und Rehabilitationszentren.
Aus diesen Gründen wurde unter anderem der Tourismusausschuss, welcher sich aus Vertretern aller Gemeinderatsfraktionen, dem Tourismus-, Handel- und Gewerbeverein (THG) sowie der Verwaltung zusammensetzt, gegründet. Dieser Ausschuss hat weitere Ideen und Entwicklungspotentiale ausgearbeitet, die bereits dem Gemeinderat präsentiert wurden. In diesem Gremium wurde sich darauf verständigt, die herausgearbeiteten Projektideen aufzugreifen und weiter zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um touristische Großprojekte, die alle von der Gemeinde gestemmt werden sollen, sondern ebenfalls um Projekte, die durch Investoren unterstützt werden.
Grundlage aller Überlegungen im Tourismusausschuss und im Gemeinderat ist der Schutz und die Nutzung der besonderen klimatischen Bedingungen sowie die Schaffung von touristischen Freizeitangeboten aus bereits bestehenden und neuen Einrichtungen für Bürger, Gäste und Touristen. Dabei wurde auch eine Idee aus dem Ortschaftsrat Oberlengenhardt eingebracht: Die Errichtung eines Aussichtsturmes am Zollernblick im Schömberger Ortsteil Oberlengenhardt. Da diese Idee im Grundsatz im Einklang mit den Entwicklungszielen des Gemeinderates steht, wurde sie von diesem so aufgenommen und als neues touristisches Projekt weiterverfolgt.
Wir, Gemeinderat und Verwaltung, versprechen uns durch die Schaffung eines Aussichtsturmes mit Fly-Line eine Verbesserung des Freizeitangebotes für Bürger, Touristen und insbesondere für Patienten in unseren Kliniken und Rehabilitationszentren sowie deren Angehörige.
Wir sind der festen Überzeugung, dass auf diese Art die Attraktivität der Standorte unserer Kliniken und Rehabilitationszentren auf Jahre gesteigert wird und eine langfristige Zusammenarbeit gewährleistet ist. Gleichzeitig wird ein erheblicher Mehrwert für Bürger geschaffen.
Merkmale des Aussichtsturmes und der Fly-Line
Aus den oben genannten Überlegungen hat sich der Gemeinderat darauf verständigt, dass ein Aussichtsturm geschaffen wird, der einerseits den genannten Ansprüchen gerecht wird, auf der anderen Seite finanziell ohne maßgebliche Folgekosten umsetzbar ist, gleichzeitig aber auch den Mehrwert für uns alle in Schömberg erbringen wird. Der geplante Aussichtsturm in Holzbauweise mit einer Plattformebene auf fünfzig Metern Höhe wäre aktuell der höchste Holzturm mit Aussichtsplattform Deutschlands.
Schömberg hat dadurch die Chance, erneut einen überregionalen Stellenwert für Freizeitangebote und den Erholungsfaktor zu erlangen – nicht nur für Gäste, sondern auch für Bürger.
Durch den Einbau eines Fahrstuhles im Turm, wird Barrierefreiheit garantiert.
Wir sind der Meinung, dass durch die Schaffung eines barrierefreien Aussichtsturmes in Holzbauweise ein besonders attraktives Angebot geschaffen wird. Als Klinikstandort haben wir uns selbst verpflichtet, die Barrierefreiheit Schömbergs groß zu schreiben.
Mit diesem Alleinstellungsmerkmal sind wir der Auffassung, ausreichend Besucherzahlen zu generieren, sodass einerseits ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist, andererseits aber auch ausreichend Besucher in unsere Gemeinde kommen und diese somit zu einer Belebung des Ortes, insbesondere in Schömberg, beitragen.
Als besonderes Highlight für Jung und Alt sind wir bei den Überlegungen auf die Idee einer „Fly-Line“ gestoßen. Die in Schömberg vorgesehene Anlage wäre deutschlandweit die Dritte. Hinblickend auf die Tatsache, dass in der Region eine solche Anlage bisher nicht vorhanden ist, stellt die Fly-Line ein Alleinstellungsmerkmal dar, welches sicherlich die Neugierde von Besuchern weckt.
Verkehrsführung und Parkplätze
Der Turm bietet beim geplanten Standort am Zollernblick die Möglichkeit, dass er von zwei Landesstraßen angefahren werden kann. Es ist vorgesehen, ausreichend Parkplätze im Kernort Schömberg zu schaffen. Derzeit untersucht die Verwaltung gemeinsam mit einem Fachbüro die Möglichkeiten, um ausreichend Parkplätze für die zu erwartenden Gäste zu schaffen.
Wir sind uns der Aufgabe bewusst, dass gerade im Hinblick auf die Verhältnisse in Oberlengenhardt diesem Ortsteil kein weiterer Verkehr zugemutet werden kann und soll. Dieser Aufgabe sind sich Gemeinderat, Verwaltung und Ortschaftsrat Oberlengenhardt eindrücklich bewusst.
Zusätzlich ist vorgesehen, von behindertengerechten Parkplätzen in Schömberg über einen barrierefreien Weg zum Aussichtsturm gelangen zu können.
Ziel ist, den Verkehr nach Schömberg zu führen, die Parkplätze in Schömberg zur Verfügung zu stellen und den Kernort Schömberg zu beleben. Es wird keinen Parkplatz in Oberlengenhardt am Turm geben. Lediglich die Schaffung einer Rettungszufahrt ist notwendig. Durch die Verwaltung wird später explizit darauf geachtet, „Wildes Parken“ zu ahnden.
Betrieb des Turmes und der Fly-Line
Es ist vorgesehen, den Betrieb der Fly-Line-Anlage einer öffentlichen Ausschreibung zu unterziehen, und den Betrieb extern langfristig zu vergeben. Die Gemeinde Schömberg wird lediglich als Bauherr auftreten. Interessensbekundungen für den Betrieb der Fly-Line liegen bereits vor.
Zum Betrieb des Turmes wird ein ähnliches Konzept erarbeitet. Derzeit untersucht die Verwaltung, wie Turm, Fly-Line und Fahrstuhl möglicherweise in ein Betreiberkonzept gebracht werden können. Hierzu hat der Gemeinderat noch keine Entscheidung getroffen. Abhängig von einer Entscheidung des Gemeinderates zur Ausschreibung eines Betriebes, egal ob Turm, Fahrstuhl oder Fly-Line, bedarf es erst genehmigungsnotwendiger Unterlagen, die derzeit erarbeitet werden. Es ist jedoch nicht vorgesehen, einen personalintensiven Einsatz seitens der Gemeinde am Aussichtsturm zu etablieren. Ziel ist, die Einrichtungen mit möglichst geringem Personaleinsatz zu betreiben beziehungsweise betreiben zu lassen.
Es wird in den Ausschreibungsbedingungen festgehalten, dass Fly-Line und Turm nur während der Tagesstunden betrieben werden dürfen. Der Turm sowie die Fly-Line werden nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen und sind für den Besucherverkehr nachts nicht zugänglich. Dementsprechende Sicherungsmaßnahmen werden installiert.
Finanzierung des Projektes
Wie bereits ausgeführt, soll der Betrieb der Fly-Line öffentlich ausgeschrieben werden. Es ist davon auszugehen, dass hierfür ein Betreiber gefunden wird. Es ist von unserer Seite vorgesehen, dass die Baukosten durch eine langfristige Verpachtung refinanziert werden.
Vorgesehen ist, dass mindestens für die Nutzung des Fahrstuhles eine maßvolle Eintrittsgebühr verlangt wird. Diese wird für die Kosten der Unterhaltung des Fahrstuhles und des Turmes ausreichen.
Die Baukosten für den Turm liegen bei rund 2,7 Millionen Euro. Diese Investitionssumme ist im Haushalt der Gemeinde finanziert.
Zusätzlich wird ein Zuschussantrag aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm des Landes Baden-Württemberg gestellt. Erste Gespräche haben ergeben, dass eine Förderung zwischen 45 – 50 Prozent für das Turmprojekt in Aussicht gestellt wird. Konkretisierungen der Förderfähigkeit können allerdings erst nach Abschluss der Vorplanungen getätigt werden.
Zusammenfassung
Wir haben versucht darzustellen, warum dieses Projekt für Schömberg, für seine Ortsteile, für seine Bürger aber auch für seine Besucher, Patienten und Gäste so wichtig ist. In meinen Ausführungen habe ich Ihnen aufgezeigt, warum es eben doch ein für Schömberg richtungsweisendes Projekt ist. Wir gehen davon aus, dass durch diese Investition weitere Entwicklungen möglich sind. Andere Gemeinden und Städte aus der Umgebung sind ebenfalls nach diesem Schema vorgegangen und weisen heute besondere Erfolge in diesem Bereich aus.
Auch wir gehen davon aus, dass in Schömberg durch diesen Impuls weitere Projekte mit Investoren möglich sind. Ein erster Investor steht in den Startlöchern, der den Bau einer Stahlseilrutsche („Flying Fox“) plant. Auch hier geht es um die Investition eines Millionenprojektes, welches aktuell genauer untersucht wird. Auch erhoffen wir uns weitere Investitionsbereitschaft durch Erweiterung gastronomischer Angebote in Schömberg. Bei vielen Gesprächen wurde uns im Vorfeld signalisiert, dass bei einer entsprechenden Schaffung von Freizeitangeboten auch seitens Investoren Bereitschaft besteht, im gastronomischen Bereich zu investieren. Aus diesem Grund sehen wir es als unsere Verpflichtung an, diesen Impuls für unsere touristische Ausrichtung zu setzen. Wir sehen es als Stärkung der Standorte unserer Kliniken und Rehabilitationszentren, auf die wir stolz sind. Zudem sehen wir es als weiteres Puzzleteil unseres einzigartigen Handwerks-, Einzelhandels- und Dienstleistungsangebotes unserer Gemeinde. Wir sehen das Vorhaben als Bereicherung des Angebotes für Bürger und Gäste.
Gemeinderat, Ortschaftsrat und Verwaltung haben sich sehr intensiv mit dem Projekt beschäftigt und wird dieses auch weiterhin verfolgen. Allein aufgrund der Tatsache, dass bisher alle Beschlüsse zum Thema Aussichtsturm in Oberlengenhardt einstimmig erfolgt sind, zeigt, wie überzeugt Gemeinderat und Verwaltung von diesem Projekt sind. Wir sehen es als eine große Chance, gemeinsam unseren Ort voran zu bringen und ihm wieder den Stellenwert zu geben, den er einst hatte und sich zukünftig wieder verdienen wird.
Daher bitten wir Sie, auf die Entscheidungen des Gemeinderats, den gewählten Vertretern, und der Verwaltung zu vertrauen und der Neuausrichtung unserer künftigen Entwicklung positiv und offen entgegenzustehen.
Nach wie vor werden wir die vor uns liegenden, anderen Projekte in Schömberg nicht vernachlässigen:
• Neubau Kindertagesstätte am Eulenbächle, 3 Millionen Euro
• Sanierung Ludwig-Uhland-Schule, 2 Millionen Euro
• Ausbau Breitbandversorgung, 7,5 Millionen Euro
Und viele weitere kleinere aber dennoch gleichwichtige Projekte in den Bereichen Kindergärten, Feuerwehr und Straßenbau.
Im Herbst 2018 wird es eine Bürgerinformationsveranstaltung im Schömberger Kurhaus geben, bei der wir Ihnen gerne Rede und Antwort stehen. Zu dieser Informationsveranstaltung werden Sie rechtzeitig eingeladen."