Ärger um Motorradlärm wird in der Region immer größer: Das sind die Maßnahmen im Nordschwarzwald
Unterreichenbach/Bad Wildbad/Schömberg. Normalerweise verlaufen öffentliche Sitzungen des Unterreichenbacher Gemeinderats ruhig. Die Bürger bleiben in der Regel fern und lassen das Gremium unter sich arbeiten. In der jüngsten Sitzung am Dienstag, die in die Turn- und Festhalle verlegt worden war, war jedoch alles anders.

Zahlreiche Unterreichenbacher waren gekommen, um ihrem Ärger über Motorradlärm Luft zu machen.
„Die Raserei auf der Kreisstraße zwischen Unterreichenbach und Neuhausen-Schellbronn zerrt derart an den Nerven, dass man sich an Wochenenden wünscht, es würde regnen“, sagte Anja Bertagnolli.
Man könne nicht mehr auf der Terrasse sitzen oder spazieren gehen, denn man verstehe sein eigenes Wort nicht mehr. „Es ist auf dieser Strecke ja nicht so, dass Motorradfahrer in der vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 60 Kilometern in der Stunde einmal hoch oder runter fahren und dann weg sind“, meldete sich ein Bürger zu Wort. „Wir verstehen einfach nicht, warum diese Strecke nicht zumindest am Wochenende für Motorradfahrer gesperrt wird“, sagte ein anderer.
Seit der Sanierung der Kreisstraße im Jahr 2012 bemühen sich die Unterreichenbacher darum, etwas gegen die rennstreckenähnlichen Zustände zu erreichen. Ohne Erfolg.
„Früher, als die Straße noch nicht saniert war, gab es das nicht“, so Bertagnolli.
Damals habe man noch die Vögel zwitschern gehört. Doch seit der Sanierung erfahre die gesamte Gemeinde einen Verlust an Lebensqualität und eine tatsächliche Wertminderung. „Oder glauben Sie, dass irgendjemand sich bei uns im Ort für Tage oder gar für immer niederlassen möchte, wenn er diesen Krach hört?“, fragte ein Zuhörer verzweifelt.
Unterschriften sollen helfen
Geplant ist nun eine großangelegte Unterschriftenaktion, um auf die Raserei auf der K4556 aufmerksam zu machen. Die Signaturen sollen dann im Rahmen eines offiziellen Termins an das Landratsamt übergeben werden. Auch die Landesbehörde soll in Kenntnis gesetzt werden. Bertagnolli schlug zudem vor, Vertreter des Landratsamts an einem Sonntag nach Unterreichenbach einzuladen, um sich einen eigenen Eindruck von der Situation verschaffen zu können.
Darüber hinaus hat sich Unterreichenbach mit der Enztal-Gemeinde Enzklösterle zusammengetan, die ähnliche Probleme hat. Gemeinsam beteiligen sie sich an der Aktion des baden-württembergischen Verkehrsministeriums gegen Motorradlärm. Auch eine Bundesratsinitiative vom 15. Mai mache Hoffnung, sagte Bürgermeister Carsten Lachenauer: „Jetzt müssen wir hörbar werden!“
Der Rathauschef berichtete, dass er vor einigen Tagen die Strecke mit seinem Auto bewusst gefahren sei, da gleich mehrere Maschinen zu hören gewesen waren. „Mir kamen nach der ersten Spitzkehre gleich zwei Rennmaschinen mit 120 oder 130 Kilometern in der Stunde entgegengeflogen“, sagte er. Die Fahrer seien tief über ihre Lenker gebeugt gewesen und in einem Affenzahn an seinem Auto vorbeigeflogen, so der Bürgermeister.
Wie sollen Gemeinden im Nordschwarzwald mit Motorradlärm umgehen?
Auch in Bad Wildbad und Schömber wird der Ärger der Anwohner größer und der Unmut lauter: Der Gemeinderat Bad Wildbad hat daher einstimmig den Beitritt zur „Initiative gegen Motorradlärm“ beschlossen. Denn nicht nur beim Lautenhof, wo die Beschränkung auf 70 Stundenkilometer vom Landratsamt abgelehnt wurde, wird über unzumutbare Dezibel-Zahlen geklagt – insbesondere an den Bundesstraßen 294 und 296 sind neuralgische Punkte auszumachen, die den Anwohnern erheblich an die Nerven gehen. Auch in Schömberg hat ein Gemeinderat Beschwerden der Bürger vorgetragen.
Grund für die SPD-Fraktion in Bad Wildbad, Maßnahmen gegen den Verkehrslärm zu fordern und dabei die Lastwagen mit einzubeziehen.
Wenig Hoffnung auf durchgreifende Maßnahmen konnte Bürgermeister Klaus Mack machen, da es sich nur in den wenigsten Fällen um kommunale Straßen handelt. Er forderte eine landesweite Klärung des Themas Motorradlärm und lehnte die vorgeschlagene Aufstellung von Motorradlärmdisplays, die rund 15.000 Euro kosten und vom Land mit 4000 Euro pro Anlage gefördert werden, aufgrund der Haushaltssperre ab.
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