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Neulingen -  06.08.2018
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100 Liter Jungfernwein

Neulingen-Bauschlott. Es ist ein geflügeltes Wort: Man kommt wie die Jungfrau zum Kind...wenn etwas eintritt, das eigentlich so nicht geplant war. Ähnliches könnte auch Helmut Fuchs aus Bauschlott anmerken, wenn er davon erzählt, wie er vor bald 25 Jahren zum Winzer und Besenwirt seiner „Zur Tenne“ am Anger von Bauschlott geworden war. Er schenkt jetzt in seiner Besenwirtschaft seinen ersten Cabernet blanc aus.

Der heute 78-Jährige arbeitete sich als Stift vom Werkzeugmacher bis zum späteren Meister und Abteilungsleiter bei der Schmuckwarenfabrik Daub in Pforzheim hoch, bei der er 33 Jahre beschäftigt war. Schon als Kind kam er gerne zum Onkel und der Tante, die in Kleinvillars das „Rössle“ hatten und half ihnen beim Herbsten. Als sich die Verwandten zur Ruhe setzten, kaufte er ihren Weinberg auf dem Ölbronner Aschberg. „Es war neben der Beschäftigung bei Daub mein Hobby“ sagt er. Aus damals 16 Ar wurden durch Ankäufe mittlerweile 50 Ar.

Fuchs, der seit der Gründung des örtlichen Musikvereins vor über 60 Jahren mit seinem Flügelhorn bei diesem aktiv ist, öffnete sein Anwesen stets beim Straßenfest, überdachte den Hof und bewirtete die Besucher. Von vielen darauf angesprochen, wagte er 1994, einen „Besen“ zu eröffnen. Was einschlug. Und seither aber nicht kommerziell, wie heutzutage die meisten Kollegen ein solches Angebot als „Weinstube“ anbieten, sondern eine „Besenwirtschaft“ mit nur drei Öffnungszeiten im Jahr blieb. Seine Frau Irmgard, mit der er seit 55 Jahren verheiratet ist, und seine Familie stehen ihm beiseite, „ohne die das nicht machbar wäre,“ betont er.

Riesling und Müller-Thurgau, Trollinger, Lemberger und Prior werden von Fuchs am Aschberg angebaut. Als er, regelmäßiger Gast der Messe „Intervitis“ in Stuttgart, wieder mal an einem Stand „die Reihe der Weine, die da in Reih‘ und Glied standen,“ durchprobierte, blieb er bei einem Weißen vom Schloßgut Hohenbeilstein (Kreis Heilbronn) hängen. Es war ein Cabernet blanc, eine Sorte, die seit 1991 auf dem Markt ist – in der Schweiz gezüchtet, zählt sie zu den pilzwiderstandsfähigen Sorten. „Die probiere ich, anzupflanzen“, sagte sich Fuchs. Dazu musste er sich zunächst jedoch an das Regierungspräsidium wenden, das für den Anfang fünf Ar als Fläche vorschrieb. So setzte Fuchs 320 Cabernet blanc-Reben,

Im vergangenen Jahr gab es die erste Ernte – wobei der Hobby-Winzer darauf hinweist, dass abgesehen vom Frost bei der Blüte eintrat, diese Sorte auch nur die Hälfte des Ertrags anderer Reben bringt. Jetzt schenkt Fuchs in seiner „Zur Tenne“ die ersten 100 abgefüllten Liter seines Cabernet blanc aus.

Wenn am Sonntagabend der Schlüssel zum Besen herumgedreht wird, heißt das aber nicht, dass nun Däumchen gedreht werden können. Dann wird die Scheune ausgeräumt, um Platz zu schaffen für die anstehende Weinlese.

Autor: Thomas Frei