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Mühlacker -  08.04.2025
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„185 Einsatzkräfte, aber nur auf dem Papier“: Mühlacker Kommandant über Personalmangel bei der Feuerwehr

Mühlacker. Matthias Donath ist ein Feuerwehrmann mit Leib und Seele. Denn schon im Alter von 16 Jahren trat der heute 48-Jährige im Jahr 1992 in seiner Heimatstadt Mühlacker in die Feuerwehr ein. Seit 2021 ist er nun der Gesamtkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Mühlacker. Und die residiert in der Senderstadt seit Oktober 2022 im neuen Feuerwehrhaus. „Wir haben mit allen sechs Abteilungen – Mühlacker, Lomersheim, Enzberg, Mühlhausen, Großglattbach und Lienzingen – insgesamt 185 Einsatzkräfte“, sagt Donath. Aber: „Nur auf dem Papier“, räumt er ein.

Denn wenn es zu einem Einsatz tagsüber unter der Woche zwischen sechs und 18 Uhr komme, seien es meist insgesamt nur um die 60 Kräfte, die tatsächlich vor Ort verfügbar seien. „Das ist zu wenig“, sagt der verheiratete Vater zweier Kinder. Der Grund: „Viele arbeiten auswärts“, sagt Donath. Würde eine Zwangsverpflichtung helfen? „Nein“, erläutert Donath, denn die Freiwilligkeit bei der Feuerwehr habe sich bewährt und müsse erhalten bleiben.

„Wenn jemand zwangsverpflichtet wird, muss man sich fragen, ob die Qualität überhaupt passen kann“, sagt Donath.

Denn zum Feuerwehrdienst gehörten ja viele Übungen und auch die Bereitschaft, sich entsprechend aus- und weiterbilden zu lassen. Wenn die Mannschaftsstärke bei einem Großschadensereignis nicht ausreiche, würden Feuerwehren in der Umgebung nachalarmiert.

„Feuerwehr ist kein Verein, sondern mit Pflichten, Verantwortung und Ausbildung verbunden“,

erklärt der Kommandant, der in Mühlacker über sieben Angestellte und einen Bundesfreiwilligen (BUFDI) vor Ort verfügt.

Das Problem liege auch darin, dass sich heutzutage immer weniger Menschen für den Dienst am Nächsten verpflichten lassen wollten. Dazu zählen viele im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, die sich lieber um ihre Familie kümmern oder die zahlreichen anderen Freizeitangebote nutzen. Zurzeit werden in Mühlacker schon Firmen angeschrieben, ob sie Feuerwehrangehörige beschäftigen, die bei einem Ernstfall zur Verfügung stünden.

Denn: „Man muss die Menschen heute konkret ansprechen und versuchen, zu überzeugen“, weiß Donath. Auf Instagram und Facebook bekäme die Feuerwehr zwar zahlreiche „Likes“, aber keinen weiteren Zuwachs. „Ich bin froh, dass wir in Mühlacker unsere Abteilungen behalten haben“, sagt Donath. Denn die jeweilige Abteilung vor Ort könnte schnell am Einsatzort sein. „Manchmal ist mir nicht wohl, wenn ich nur die Mannschaft habe, die am unteren Limit zur Verfügung steht“, sagt Donath. Und dann wünscht er sich, dass andere auch sehen könnten, was die Feuerwehr für ihn persönlich bedeutet: „Der Feuerwehrdienst macht persönlich glücklich, weil man sieht, was man geschafft hat“, sagt er. Denn das Gefühl, wenn ein Brand gelöscht und Menschen gerettet wurden, sei unbeschreiblich. „Ich brauche ein Mittel, um Menschen für unseren Feuerwehrdienst überzeugen zu können“, sagt Donath.

Zahl der Feuerwehrangehörigen nimmt im Enzkreis zu – bei Frauenanteil noch „großes Potenzial“

„Die Tendenz der Einsatzkräfte geht nach oben, zwar langsam, aber stetig“,

sagt Kreisbrandmeister Carsten Sorg.

Ende 2024 gab es im Enzkreis insgesamt 2310 Feuerwehrangehörige, davon 284 Frauen und Ende 2023 insgesamt 2292, davon 254 Frauen. Aber: „Zwischen sechs und 18 Uhr ist bei der Tagesverfügbarkeit eine kritische Zeit“, weiß Sorg. Deshalb gebe es auch schon sogenannte Doppelausrücker, die an ihrem Wohnort und an ihrem Arbeitsort ausrückten. Feuerwehrleute mit Zwang zu verpflichten, hält Sorg hingegen für keine gute Idee. Denn: „Einen Hund zum Jagen zu tragen, macht keinen Sinn“, sagt er. Und: „Ich kenne“, so Sorg, „keine Feuerwehr in Baden-Württemberg, wo jemand zwangsverpflichtet wurde.“ Beim Anteil der Frauen in den Feuerwehren gebe es hingegen noch ein großes Potenzial. Auch hier steige zwar der Anteil, aber eher langsam. Eine höhere Vergütung könnte eine Möglichkeit sein, mehr Kräfte zu bekommen, aber nicht die einzige, meint der Kreisbrandmeister, der seit fünf Jahren im Dienst ist. Viele Kommunen machten bereits Werbeaktionen für die Feuerwehr bei Männern und Frauen. „Ich habe kein Patentrezept“, sagt Sorg. Denn in der Gesellschaft nehme zurzeit das ehrenamtliche Engagement sichtbar ab. Arbeitsplätze vor Ort gehörten natürlich auch zu den großen Stellschrauben, weiß er.

„Im Enzkreis muss niemandem im Ernstfall bange sein“,

unterstreicht Sorg.

Denn durch die nun abgeschlossene Alarmausrückeordnung (AAO) bestehe eine gute interkommunale Zusammenarbeit. Maulbronn, so ist es im Internet nachzulesen, zählt 100 Einsatzkräfte, Knittlingen 53, Wiernsheim 148 und Illingen 90.