800 Mitarbeiter: Craiss stößt an Grenzen - Am Stammsitz in Mühlacker fehlen Entwicklungsperspektiven
Die Lösung steht auf dem Hof – nur losfahren darf sie nicht. Die Firma Albert Craiss in Mühlacker hat ihre Flotte aufgestockt: Drei Lang-Lkw vom Typ 1 erweitern das Angebot des Logistikdienstleisters. Die um 1,30 Meter verlängerten Auflieger verfügen über ein zusätzliches Fassungsvermögen von zehn Kubikmetern. Durch die drei dazugewonnenen Palettenstellplätze lasse sich jede zehnte Fahrt einsparen, sagt Firmenchef Michael Craiss. Durch den geringerem Kraftstoffverbrauch würde sich auch der CO2-Ausstoß der Flotte verringern. Doch das ist Theorie – denn in Baden-Württemberg dürfen Lang-Lkw (noch immer) nicht auf die Straße. Dort ist nämlich nur eine Teilstrecke freigegeben.
„Wir hätten in der Region bereits zahlreiche Kundenanfragen für den Einsatz von Megalinern bedienen können, aber wir dürfen nicht“, sagt Craiss. Auch technisch gesehen sei der Lang-Lkw mit seiner Rückfahrkamera, dem gesetzlich vorgeschriebenen Abbiegeassistenten und der digitalen Achslastanzeige eines der aktuell sichersten Fahrzeuge auf dem Markt. Doch nicht nur der Einsatz der neuen Lang-Lkw bereitet dem Firmenchef Kopfzerbrechen. Auch am Stammsitz Mühlacker könnte es durch den kommunalen Flächenbedarf zu Konflikten mit dem angrenzenden Wohngebiet kommen. „Es gibt unterschiedliche Konzepte.“ Die Erweiterungsmöglichkeiten am Standort seien begrenzt. Auch die Goldstadt habe bislang kein Interesse an der Ansiedlung eines modernen Logistikdienstleisters gezeigt. „Pforzheim wäre aufgrund der Autobahnanbindung ein interessanter Standort für uns.“
Craiss ist ein Familienunternehmen in vierter Generation, welches sich seit der Gründung 1931 von einer klassischen Spedition zu einem international aufgestellten Logistikdienstleister entwickelt hat. „Wir sind heute in den Bereichen Transportmanagement und Kontraktlogistik tätig.“ Für Kunden aus der Automobil- und Technologieindustrie, sowie der Medizintechnik und dem Handel entwickelt Craiss kundenspezifische Logistiklösungen von der Lagerhaltung bis hin zur Belieferung der Produktion. Das Unternehmen verfügt heute über 15 Standorte in sechs Ländern. Mit 800 Mitarbeitern, 500 Fahrzeugen in der Flotte (vom Sattelzug bis zum Sprinter) und 160 000 Quadratmetern Lagerfläche zähle Craiss zu den führenden mittelständischen Logistikunternehmen Deutschlands.
300 Mitarbeiter sind allein in Mühlacker beschäftigt – rund 100 davon an Bildschirmarbeitsplätzen und nicht etwa am Steuer eines Lastzugs. Die Dienstleistungen beschränken sich nicht mehr auf den Transport von Gütern. „Wir sind längst auch digital unterwegs.“ Das Craiss-Produkt „Sonderfahrten 4.0“ wurde 2017 mit dem Digital-Preis des Deutsche Industrie- und Handelskammertags (DIHK) ausgezeichnet. Es ist ein innovatives Tool zur Beschaffung von Laderaum, das alle Beteiligten – Anbieter, Kunde und Transporteur – vernetzt und dafür sorgt, dass Fracht europaweit schnell, zuverlässig und günstig ausgeliefert wird. Das Projekt war eine Gemeinschaftsleistung, an der viele Abteilungen beteiligt waren – vom Vertrieb über das Marketing bis hin zur IT.
Lieferung ans Band
Craiss übernimmt die komplette Logistik für große Handelsunternehmen. Dazu zählt die tourenbezogene Kommissionierung der Waren, die Versorgung der Filialen, das Retouren- und Leergutmanagement. Umgekehrt werden Automobilzulieferer oder Elektronikkonzerne mit Rohstoffen und Bauteilen versorgt. Vernetzte IT- und Telematiksysteme sorgen dafür, dass alles just-in time verfügbar ist.