Gemeinden der Region
Bad Wildbad -  27.05.2022
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Alte Friedhöfe in Bad Wildbad bergen Stadthistorie und Familiengeschichte

Bad Wildbad. Eine interessierte, teils von außerhalb angereiste Gruppe folgte bei der Führung des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) mit Wolfgang Plappert den Wegen über die beiden denkmalgeschützten historischen Friedhöfe Bad Wildbads oberhalb der Wilhelmschule. KGV-Mitglied Plappert, auch Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Oberes Enztal (HGV), hatte allerhand Wissenswertes parat, das oft ein Stück Geschichte bedeutender Familien oder Interessantes aus der Historie der Stadt vermittelte.

Gleich am Treffpunkt bei der 1913 fertiggestellten Wilhelmschule führte der Blick nach unten. Denn dort stand auf dem Platz des 1845 erbauten Schulhauses, das heute Technisches Rathaus ist, einst die Vorstadtkirche aus dem 15. Jahrhundert. Dort bis talwärts noch über den Neubau Enzblick hinaus erstreckte sich einst Wildbads erster Friedhof. Der Meinung jener Zeit entsprechend habe man die vermeintlichen ungesunden Dämpfe, die vom Bestattungsplatz ausgehen, wie auch andernorts weiter nach außen und oben verlegt. So entstand der ab 1826 genutzte, aber erst 1844 geweihte Kappelbergfriedhof.

Beinah unscheinbar in der linken unteren Ecke neben dem großen Familiengrab des Papierfabrikanten Cavallo und der Hoteliers Klumpp fand die Familie des amerikanischen Sohns einer geborenen Klumpp, Hermann Cron, seine letzte Ruhe. Er präsentierte im Hotel Bellevue, dem heutigen Quellenhof, Trophäen der Großwildjagd. In einem alten Wildbader Badblatt darauf gestoßen, ergaben die Nachforschungen von Plappert, dass die Sammlung erhalten ist. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nach Offenburg verbracht. Das Stadtmuseum „Ritterhaus“ dort präsentiert sie heute in seiner völkerkundlichen Kolonialzeitsammlung. Mit den Namen Klumpp und Cron verbunden seien Quellenhof, Bellevue und Bären, „dem Adlon vergleichbare Spitzenhotels“. Knapp fünf Meter hoch ist das kunstvoll gestaltete Kriegerdenkmal für die Soldaten des Krieges von 1870/71.

Mit dem Hinweis, dass der Name Friedhof nichts mit Frieden, sondern mit Umfriedung zusammenhängt, wies Plappert auf die Friedhofsmauer aus Sandstein hin. An dieser sind nicht, wie manchmal andernorts, Epitaphe angebracht. Mit großem Bedauern konnte der Vortragende vom Grab des großen Wildbad-Förderers, dem Geheimen Hofrat und königlichen Badearzt Wilhelm Theodor von Renz, nur noch den ungefähren Platz am oberen Rand des Kappelbergfriedhofs im Bereich der von der Stadt gepflegten, grünen Wiese zeigen. Sein Grab ist verschwunden. Renz verfasste 1883 das 246-seitige Buch: „Das Wildbad im württembergischen Schwarzwald und sein neu-eröffnetes laues Thermalbad König-Karls-Bad für Kurgäste und Ärzte“. Jetzt will Plappert den Antrag des HGV an die Stadt aus Vor-Coronazeiten wieder aufgreifen, Renz mit einer Straße oder einem Platz zu würdigen.

Eine ganze Reihe Gräber, hinter denen Geschichte, Geschichten und Verdienste stecken, wurden auch auf dem als Erweiterung angelegten, ebenfalls stillgelegten Uhlandfriedhof ein paar Schritte oberhalb besucht. Darunter waren nach teils steilem Anstieg die Ruhestätten der Erbauer des ersten Sommerberg-Hotels von 1909, Karl Bätzner (1875–1960) und seiner Frau Luise (1882–1960), des älteren der beiden Hoffotografen, Ernst Heinrich Blumenthal (1827–1907), oder auch von Theaterdirektor und Mäzen Peter Liebig (1827–1907).

Autor: Hans Schabert