Architekt Peter W. Schmidt über Pforzheim: „Realitäten ins Auge blicken“
Pforzheim. „Ach mein Pforzheim“: So steht es über einem vierseitigen Text, den Peter W. Schmidt morgens gegen 6 Uhr verfasst hat. Als Gesprächsnotiz für ein Interview mit der PZ. Gleichzeitig hat sich der Architekt, einer der bekanntesten in der Stadt, vielfach preisgekrönt und noch heute als Beisitzer Nordbaden im Landesvorstand BDA (Bund Deutscher Architektinnen und Architekten), Planer unter anderem des Holzhochhauses Carl, auch etwas von der Seele geschrieben über eine Stadt, die „ich immer nach außen verteidigt habe“.
Auch wegen der Anbindung an die Natur. Und dem Umfeld, wie er sagt. Schaut Schmidt in „den Nukleus, den Kern“, wird sein Urteil nicht nur angesichts des zunehmenden Leerstands im Handel, sondern auch wegen städtebaulicher Missstände härter: „Wenn die Stadt nicht in den nächsten Jahren die Kurve kriegt, dann ist sie nicht mehr zu retten“, davon ist er überzeugt. „Man muss den Realitäten ins Auge blicken“, fordert er, seinen Blick vor allem dahin lenkend, „was östlich vom Rathaus stattfindet“.
Man dürfe sich nicht schönreden, was nicht schön sei. Und da steht ganz oben auf seiner Liste das neue Technische Rathaus. Schockiert zeigt sich Schmidt nicht nur über die Tatsache, dass auch in Ausrichtung zum neuen Technischen Rathaus hin Parkplätze entstehen (die PZ berichtete), wo er eher belebenden Handel und Cafés oder Ähnliches sehen möchte. Bereits die Benennung „Schlossberghöfe“ gefällt ihm nicht. „Höfe, da denke ich an klassische wie die Hackeschen Höfe in Berlin mit den vielen kleinen Einheiten.“ Aber nicht an einen Baustein, so Schmidt, der „tot im Erdgeschoss ist“.
Bereits unter Oberbürgermeister Gert Hager habe er in einem Gremium mitgewirkt, das sich Gedanken über die städtebauliche Zukunft gemacht habe. Vor neun Jahren. Da sahen die von Ten Brinke nun umgesetzten Pläne noch anders und belebter aus, wie er sagt. Weit entfernt davon sei man heute. Stattdessen sieht er „ein ungehobeltes Gebäude“, das mit seinen Fassaden einer Trutzburg ähnle und um das man „herumirre, um den Eingang zu suchen“. Vernichtend auch sein Urteil für das Innere: „Suboptimal, keine effiziente Flächennutzung, stattdessen riesige Bereiche, mit denen keiner was anfangen kann.“
Genauer hingeschaut zweifelt der Architekt an der Qualität des Baus, ohne diesen aber konkret untersucht zu haben. Nicht nur deshalb würde er der Stadt eher von einem Kauf abraten. „Da würde man 50 Millionen Euro unnötig verschießen.“ Stattdessen plädiert der Architekt dafür, das „eigentlich gute Haus“ (das alte Technische Rathaus) nicht abzureißen. Eine Meinung, die er davon abgesehen in weiten Teilen des Gemeinderats feststellt. „Das zu sanieren halte ich für machbar.“
Außer der nachhaltigen Idee für ein Gebäude mit hoher Qualität sieht Schmidt darin etwas, „mit dem sich die Menschen identifizieren“. Es sei „im kollektiven Gedächtnis und in der Gesellschaft verankert“. Der kritische Blick schweift nicht lange umher, bleibt am Schlossberg hängen, an dem er die nächste Fehlplanung festmacht: die Planung von drei U-förmigen Gebäude, die den Blick zur Schlosskirche eher versperren, als diese mit einzubeziehen.
Seine Idee: Schlossbergzentrum erhalten, drumherum eher kleinteilige Gebäude mit durchlässigem Charakter und den Blick freigebend auf die Kirche. Und darin Museen, die städtische Galerie oder Ähnliches, das die Innenstadt beleben würde. „Eine schöne Lage“, findet Schmidt. Dass die Stadt städtebaulich eine klare Linie fährt, sieht er nicht. „Man müsste Dinge benennen und danach handeln.“
