Gemeinden der Region
Mühlacker -  19.05.2022
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Baudirektor des Baureferats Süd über Mühlacker Herrenwaagbrücke: "Wir können das Bau-Ende 2023 einhalten"

Stark in der Kritik stand zuletzt das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe wegen seines intransparenten Umgangs mit der Baustelle an der Mühlacker Herrenwaagbrücke. Wie berichtet, hatte sich die zuständige Behörde dazu entschlossen, die Kommunalpolitik vor Ort über den Fortschritt an dem Knotenpunkt zwischen der Kernstadt und Dürrmenz zu informieren – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Weder Anwohner noch betroffene Unternehmer oder die Presse durften teilnehmen. Verzögerungen, Baumängel und mangelnde Transparenz gegenüber der Stadtverwaltung und den Gremien hatten bereits zuvor Unmut ausgelöst. Nun will das RP im Nachgang die drängendsten Fragen beantworten und hat der PZ dafür ein Interview mit dem leitenden Baudirektor Michael Lumpp zur Verfügung gestellt:

PZ: Welche unvorhergesehenen Ereignisse gab es bei dieser Maßnahme und wie haben sich diese auf den vorgesehenen Bauzeitenplan ausgewirkt?

Lumpp: Innerstädtische Baustellen stellen für alle am Bau Beteiligten – der Bauherr, das Bauunternehmen, aber natürlich vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die örtlichen Gewerbetreibenden – immer eine Herausforderung dar. Insbesondere, wenn die Dinge anders laufen als zuvor geplant. Hier an der Herrenwaagbrücke haben die Mängel an den Bohrpfählen, die bei der Herstellung entstanden sind, dazu geführt, dass über mehrere Wochen der Baufortschritt minimal war. Es musste zunächst eine Lösung gefunden werden, wie die Schäden behoben werden können. Und dann kam Anfang des Jahres noch die fehlerhaft eingebaute Gründung für unser Traggerüst dazu. Diese beiden Punkte haben uns im Brückenbau um mehrere Monate zurückgeworfen. Zum Glück hatten die überall spürbaren Lieferschwierigkeiten von Baumaterial bis jetzt weniger starke Auswirkungen auf die Baustelle und auch für die kleineren Herausforderungen, wie beispielsweise das unbekannte Schachtbauwerk im Bereich des Baugrubenverbaus. Dafür konnten immer zeitnah Lösungen gefunden werden. In der Summe jedoch musste der Bauablauf infolge der Verzögerungen beim Brückenbau angepasst und neu geplant werden. Die Bauphasen, die eigentlich nacheinander ausgeführt werden sollten, werden jetzt parallel zum Brückenbau umgesetzt. Erfreulich ist, dass wir so das Bau-Ende im Frühjahr 2023 einhalten können. Informationen zu den Bauphasen und auch zu den Zeiträumen der einzelnen Phasen haben wir auf der Homepage des Regierungspräsidiums veröffentlicht.

Was sind die Herausforderungen bei dieser Baustelle?

Wie schon erwähnt, ist innerstädtisches Bauen immer eine Herausforderung. Wir bauen hier mitten in der Stadt eine neue Brücke über die Enz und zwei Kreisverkehre, und dies unter sehr beengten Platzverhältnissen. Dies führt dazu, dass wir Straßenabschnitte sperren und den Verkehr umleiten müssen.

Schon in der Planung der Baumaßnahme haben wir uns natürlich dazu Gedanken gemacht und sehr früh begonnen, Gespräche insbesondere mit der Stadtverwaltung, der Polizei und dem Landratsamt zu führen. Allerdings gibt es hier nur eine Lösung, nämlich die Straße in voller Breite zu sperren, um die Sicherheit der Arbeiter und der Verkehrsteilnehmer sicherzustellen. Dies haben wir im Vorfeld der Maßnahme auch sehr deutlich kommuniziert. Die Folgen der Sperrungen sind, dass unter anderem Umwege in Kauf genommen werden müssen oder der Parkraum und auch die Erreichbarkeit eingeschränkt sind. Dass dies bei den Gewerbetreibenden zu Sorgen und Nöten führen würde, war und ist uns bewusst. Deshalb ist auch eines unserer wichtigsten Ziele, dass wir die Baumaßnahme zügig abwickeln. Ich denke, mit der Kombination der Bauphasen und den Provisorien im Straßenbau, mit denen wir sicherstellen, dass die neuen Kreisverkehre an die alte Brücke angeschlossen werden, haben wir einen gangbaren Weg gefunden. Eine echte Erleichterung wird sich bei einigen Betroffenen aber erst einstellen, wenn wir gegen Ende der Baumaßnahme außerhalb des Verkehrsraums arbeiten können und dann die Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer wegfallen.

Wie wurden die Öffentlichkeit und die Betroffenen über die Maßnahme informiert?

Wie bei Bauprojekten in dieser Größenordnung üblich, hat das Regierungspräsidium Karlsruhe schon weit im Vorfeld über das Vorhaben informiert. 2014 wurde das Projekt erstmals im Gemeinderat und ebenso nochmals im Jahr 2015 vorgestellt. Im Rahmen einer Bürgerinformationsveranstaltung am 3. Februar 2021 haben wir dann die breite Öffentlichkeit informiert. Mit der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Pandemiesituation war leider nur eine Online-Veranstaltung möglich, die trotzdem auf reges Interesse stieß. Weiterhin haben wir eine Projektseite auf unserer Homepage eingerichtet, auf der Interessierte sich jederzeit über den Stand des Projektes und Hintergründe im Detail informieren können. Hier ist auch der direkte Kontakt des Projektleiters angegeben, der gerne für weiterführende Fragen per E-Mail oder Telefon zur Verfügung steht. Ebenso informieren wir mit unseren Pressemitteilungen die Öffentlichkeit regelmäßig durch die örtliche Presse über den Projektfortschritt und stehen intern im kontinuierlichen Austausch mit der Stadt Mühlacker. Die Pressemitteillungen werden zusätzlich an Interessierte verschickt, die sich dafür bei uns in einem Sonderverteiler registriert haben.

Die derzeitige Bauphase in der Enzstraße betrifft in Anbetracht der großräumigen Umleitung über Lomersheim die ansässigen Unternehmen sowie Anwohnerinnen und Anwohner in besonderem Maß. Wie stellt sich der bisherige und weitere Ablauf dieser Phase dar?

Die Arbeiten in der Enzstraße werden in zwei Abschnitten durchgeführt. Der erste Abschnitt vom Ulrichweg bis kurz vor die neue Brücke ist so gut wie fertig: Trag- und Binderschicht sind eingebaut, es fehlt nur noch die lärmmindernde Deckschicht. Wir sind froh, dass wir trotz der nicht vorgesehenen zusätzlichen Arbeiten an den Hausanschlüssen die geplante Bauzeit etwas unterschreiten konnten. Glücklicherweise kamen keine weiteren Reparaturarbeiten hinzu. Im ersten Abschnitt können die Anwohner somit auch wieder ihre Gebäude anfahren und davor parken. Das ist schon eine Erleichterung, auch wenn die Durchfahrt noch einige Wochen nicht möglich sein wird, da die Arbeiten am zweiten Abschnitt der Enzstraße noch ausgeführt werden müssen. Die Arbeiten am Kreisverkehr wurden bereits in der letzten Woche begonnen und damit einige Tage früher als geplant. Auch hier sind wir voll im Zeitplan. Ab Anfang Juni soll die Mittelinsel des Kreisverkehrs aus Beton hergestellt werden, anschließend wird die Fahrbahn asphaltiert, so dass wir spätestens Mitte Juli mit den Arbeiten am Kreisverkehr und der anschließenden Fahrbahn in der Enzstraße fertig sein werden und in der Straße Herrenwaag mit dem Straßenbau beginnen können.

Bedarf es nach Beendigung der letzten Bauphase, dem Abbruch der alten Herrenwaagbücke, seitens des Regierungspräsidiums Karlsruhe Nacharbeiten?

Die Arbeiten an der Herrenwaagbrücke und im Straßenbereich wurden in sechs Bauphasen eingeteilt. Wir haben uns bei der Einteilung vorrangig an den Verkehrsbeschränkungen und weniger an den jeweiligen Tätigkeiten orientiert. In der sechsten Phase finden dann nur noch Arbeiten abseits des Verkehrsraums statt. Wir planen in dieser Phase sämtliche noch unerledigte Arbeiten auszuführen, um im Frühjahr 2023 die Baumaßnahme komplett abzuschließen. Die Flächen im Bereich des Marktplatzes werden anschließend noch durch die Stadt Mühlacker gestaltet. Diese Arbeiten stehen jedoch nicht im Zusammenhang mit unserer Baustelle.

Michael Lumpp 

Diplom-Bauingenieur Michael Lumpp ist 1970 im Landkreis Karlsruhe geboren und durchlief seit 1998 mehrere Stationen in der Straßenbauverwaltung des Landes Baden–Württemberg, unter anderem im Regierungspräsidium Karlsruhe und im Verkehrsministerium in Stuttgart. Bis Ende 2020 war er Leiter des Baureferates Nord, bis er Anfang 2021 die Leitung des Baureferats Süd übernahm. Dieses ist zuständig für die Vorbereitung und Durchführung von Bauprojekten (Straßen, Brücken, Tunnel und sonstige Ingenieurbauwerke) auf sämtlichen Bundes- und Landesstraßen in den Landkreisen Calw und Freudenstadt sowie im Enzkreis und im Stadtkreis Pforzheim.

Autor: pm