Bereit für neue Wege: Müller-Fleisch akzeptiert Alternativen zur Ferkel-Kastration - und investiert 30 Millionen in Birkenfeld
Birkenfeld. Ergiebig sei es gewesen, das Grundsatzgespräch bei Müller-Fleisch, mit dem er um Unterstützung bei der Umsetzung politischer Ziele geworben habe. Das sagte der Calwer CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel am Montag bei einer Pressekonferenz nach dem Besuch des Birkenfelder Unternehmens.
Als Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wirkt Fuchtel gerade an der Umsetzung einer Tierwohl-Initiative mit. Diese baut laut Ministerium auf „verbindliche Freiwilligkeit“ und setzt zunächst auf die Eigeninitiative der Wirtschaft. Da gelte es, mit dem viertgrößten Schlachtbetrieb in Deutschland „im Gespräch zu bleiben“, so Fuchtel.
Ein zentraler Punkt der Tierwohl-Initiative sei die Kastration in der Schweinezucht. Werden männliche Schweine nicht kastriert, kann sich durch die Hormonproduktion ein Ebergeruch und -geschmack beim Fleisch ausbilden, der von vielen Verbrauchern als unangenehm empfunden wird. Die Kastration darf bisher bis zum siebten Lebenstag der Ferkel ohne Betäubung durchgeführt werden. Tierschützer sehen das als qualvoll für die Tiere an. Gerade aber hat die Mehrheit des Bundestags die Methode, die eigentlich auf Ende 2018 verboten werden sollte, für zwei weitere Jahre erlaubt.
Bisher sei es wegen der ablehnenden Haltung der Fleischindustrie für Landwirte schwierig gewesen, andere als die herkömmlich kastrierten Schweine auf den Markt zu bringen. Müller-Fleisch habe sich nun aber bereiterklärt, künftig auch Tiere aus der Ebermast – also unkastrierte Tiere –, unter Vollnarkose chirurgisch kastrierte Tiere und gegen Ebergeruch geimpfte Tiere (Immunokastration) für die Weiterverarbeitung anzunehmen, so Fuchtel, der die Ergebnisse zusammen mit den Müller-Fleisch-Geschäftsführern Stefan und Martin Müller, Vertriebschef Andreas Schweiger und Ulmer-Fleisch-Geschäftsführer Stephan Lange präsentierte.
Die kündigten an, in den kommenden Jahren kräftig investieren zu wollen: 30 Millionen Euro am Standort Birkenfeld, 20 Millionen Euro in Ulm und acht Millionen Euro in Bayreuth. Fuchtel lobte die „kurzen Transportwege“ dank der dezentralen Produktion.
Rund 70 Prozent seines deutschlandweiten Absatzes mache Müller-Fleisch in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Größter Auslandsmarkt sei Italien mit 80 Millionen Euro Umsatz. Nun wolle man auch in Japan Fuß fassen. Ein Handelsabkommen des Landes mit der EU habe die Türe geöffnet.