Bezahlbarer Wohnraum: Handlungsdruck nimmt in Mühlacker zu
Mühlacker. Von der genannten Entwicklung sind die Gemeinderatsfraktionen von CDU, LMU und SPD überzeugt. Es sei die Aufgabe der Stadt gegenzusteuern, gleichzeitig sei die öffentliche Förderung des Mietwohnungsbaus durch Bund und Land spürbar anzuheben. „Für uns heißt dies, die Stadtbau Mühlacker GmbH als Instrument zur Schaffung von günstigeren Mietwohnungen mehr als bisher einzusetzen.“ Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeige, dass der Markt allein das Problem nicht löse, betonen in einer gemeinsamen Erklärung die Fraktionsvorsitzenden Günter Bächle (CDU), Klemens Köberle (LMU) und Jürgen Metzger (SPD).
Dass genügend Wohnraum in einer Kommune zur Verfügung stehe, die auch für alle Menschen erschwinglich ist, gehöre zur kommunalen Daseinsvorsorge und sei somit eine Grundaufgabe jeder Kommune, schreiben die drei Fraktionen. Man stehe voll hinter der Stadtbau GmbH. Vor allem der dringend benötigte günstige Wohnraum sei Mangelware. Dabei handle es sich nicht nur um Wohnraum für Obdachlose und sozial benachteiligte Menschen. „Inzwischen spüren dies auch Menschen in mittleren Positionen“, sagte Stadtrat Ulrich Seibold, Mitarbeiter des Jobcenters des Enzkreises. In Mühlacker gibt es seinen Angaben zufolge 500 Bedarfsgemeinschaften, die Arbeitslosengeld II beziehen. Das seien etwa 1000 Menschen. Mit etwa zehn Euro liege die durchschnittliche Kaltmiete auf dem lokalen Mietwohnungsmarkt deutlich über der als angemessen bezeichneten Kaltmiete, die das Jobcenter akzeptiere. Bei der Warmmiete seien es 12,40 Euro im Mittelwert. Das sei selbst für mittlere Beamte oder Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in Mühlacke, erst recht gar nach Abzug von Sozialversicherung, Steuer und Krankenkasse, kaum finanzierbar, wenn überhaupt eine Wohnung zu finden sei. Nicht wenige der Rentner bekämen nur 1200 bis 1800 Euro im Monat. Die Zulieferfirmen der Automobilwirtschaft könnten für ihre Produkte nicht immer den Preis verlangen, der auskömmlich sei. Seibold: „Zum Beispiel sitzt bei den großen Automobilherstellern ein Controller, der Maschinenstunden oder Kalkulation prüft.“ „Dies sind Menschen, deren Gehaltsentwicklung nicht mit den durch die Decke gehenden Mietpreisen mithalten kann“, so LMU-Fraktionssprecher Klemens Köberle. Sein Kollege Günter Bächle: „Wir haben hier eine besondere Aufgabe, denn das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, festgeschrieben in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.“ Jeder Mensch habe danach ein Anspruch auf angemessenen Wohnraum. Doch für viele Menschen sei es schwer, eine Wohnung in geeigneter Größe und Ausstattung zu finden.
Rückläufige Entwicklung
Erschwerend komme hinzu, dass laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg selbst die Zahl der Baugenehmigungen für Wohngebäude generell in Mühlacker 2020 und damit im bisher letzten erfassten Jahr gegenüber den beiden Jahren zuvor zurückgegangen sei. Da die meisten Verwaltungen mit dem Tagesgeschäft schon an die Grenzen ihrer Kapazitäten gestoßen seien, sei das Thema sozialer Wohnungsbau in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt worden, nicht nur in Mühlacker, so Köberle.