Borkenkäfer verursacht Sorgenfalten: Plage im Neuhausener Forst großes Problem
Neuhausen. Plötzlich sind die Bäume weg: Dieses Bild bot sich den Neuhausener Gemeinderäten und Jagdpächtern bei der Waldbegehung am Wochenende. 6,7 Hektar Gemeindewald sind entlang der Pforzheimer Straße für die Erweiterung des Gewerbegebiets West gewichen.
„Klar, dass das nicht toll ist für die Natur, aber wenn man ein Baugebiet will, muss man eben auch bluten“, betonte Förster Martin Fischer, dessen Revier inklusive Privatwald nach wie vor gut 1600 Hektar umfasst.
Spitz auf Knopf genäht sei die Fäll-Aktion mit dem gigantischen Harvester gewesen, da die Genehmigung erst Mitte Januar kam, die Arbeiten aber Ende Februar beendet sein mussten. Trotzdem lag es nicht an der Zeit, dass nach wie vor einige kleinere Bäume und der Bodenbewuchs stehen: Auf der Fläche gibt es das größte im Enzkreis bekannte Erdkrötenvorkommen – dem der Forst in Absprache mit dem NABU ohne ganzflächige Befahrung so schonend wie möglich entgegengekommen ist.
Die restliche Räumung soll im Herbst erfolgen, wodurch den Kröten die Abwanderung ermöglicht und mit Zäunen die Rückwanderung verhindert wird. Gleichzeitig reduziert der spätere Räumungstermin durch Unternehmer die Kosten, während die Gemeinde danach wie geplant mit der Erschließung der dringend benötigten Gewerbeflächen beginnen kann, wie Bürgermeister Oliver Korz erklärte.
2021 rechnet er mit den ersten Ansiedlungen. Zwischen Gewerbegebiet und Wald soll mit Sträuchern und Gehölzen ein gestufter Übergang entstehen, um der Abstandsforderung von 30 Metern zum Wald naturnah nachzukommen, erklärte der stellvertretende Forstamtsleiter Andreas Roth.
Nur beim Borkenkäfer dürfe man nicht warten – ein Problem, das Fischer nach dem trockenen 2018 Bauchschmerzen bereitet – vor allem, weil sein Revier zu rund einem Viertel kleinparzellierter Privatwald ist, in dem nicht die entsprechende Logistik und Problembewusstheit zur Verfügung stehe, um den Schädling im Zaum zu halten. Sollte es eine weitere Ausbreitung geben, müsse man zu unattraktiven Verfügungen greifen, kündigte er an: „Wenn wir sowas tun, hat es seinen Grund. Sonst sorgt der Käfer selbst für einen kompletten Kahlschlag.“
Auch die Wildschweinpopulation gelte es im Zaum zu halten, auch um der Afrikanischen Schweinepest wenig Angriffsfläche zu bieten. Daher berieten Forst und Jäger über eine im Dezember geplante Drückjagd mit Hunden, für die eine weite Straßensperrung nötig ist. In diesem Punkt appellierte Fischer auch an Verkehrsteilnehmer, die immer häufiger Sperrschilder bei Fällungen missachten und sich aber auch die Forstwirte in höchste Lebensgefahr begeben.
Großes Biotop
Beeindruckt waren die Besucher von dem bereits wassergefüllten Feucht-Biotop für Amphibien, das Trainee Lutz Hüeber wenige Schritte weiter auf einer 20 mal 30 Meter ausgebaggerten Fläche präsentierte. Dort soll ein in sich geschlossener Lebensraum entstehen – als eine von vielen Ausgleichsmaßnahmen, zu denen auch 70 Nistkästen für die zahlreich nachgewiesenen Vogel- und Fledermausarten gehören. „Das bestätigt uns, dass nicht nur ein stillgelegter, sondern auch ein naturnah bewirtschafteter Wald etwas für die Natur tun kann“, freute sich Roth, während Fischer auf die Frage nach der Biotop-Bepflanzung antwortete, dass dies die Natur von alleine regle: „Was den Förster auszeichnet ist, dass er Geduld hat. Schließen Sie die Augen und sehen sie Rohrkolben im Wind wehen, Mücken fliegen, einen Frosch mit aufgeblasenen Backen den Hochzeitstanz quaken und außen ein Reh äßen.“