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Remchingen -  25.01.2019
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Breakdance trifft Klassik: „Breakin’ Mozart“ begeistert in der Kulturhalle Remchingen

Remchingen. Es kracht, donnert und blitzt. Eben saß Mozart noch nachdenklich, konzentriert an seinem Schreibtisch, die Feder in der Hand, vor sich ein Blatt Papier. Jetzt liegt er auf dem Boden neben jungen Männern, die kurze Hosen tragen, Hemden, Turnschuhe und ärmellose Tops. Junge Männer, die wild durch die Gegend springen, die sich gegenseitig in die Luft werfen und tanzend miteinander kämpfen.

In einen handfesten Streit ist der 1756 geborene Komponist hineingeraten: Zwei Männer wollen dieselbe Frau. Klar, dass da auf der Bühne der Remchinger Kulturhalle bei der Aufführung von „Breakin’ Mozart“ die Fetzen fliegen. In der Inszenierung von Klassik-Echo-Preisträger Christoph Hagel und der aus Bayern stammenden Dancefloor Destruction Crew muss sich Mozart im 21. Jahrhundert zurechtfinden. Eine Zeit, in der es zwar Kopfhörer und Handys gibt, die aber in Sachen Liebe auch nicht viel anders gestrickt ist als das 18. Jahrhundert: Wenn die jungen Wilden ihren Streit nicht selbst lösen können, dann muss Mozart (gespielt von Krzysztof Malicki) eben in der Rolle des Armor ein bisschen nachhelfen – zur Not mit einer Shisha. Der Mann mit der weißen Perücke und dem blauen Anzug weiß, wie man Harmonie schafft.

Handstände und Spagate

Da werden sogar die Tänzer der Dancefloor Destruction Crew handzahm. Aber nur ganz kurz. Denn den Rest des knapp zweistündigen Abends verbringen sie tanzend, mit atemberaubenden Bewegungen über die Bühne wirbelnd. In ihrem Gepäck: ein kunstvoller Mix aus Ausdruckstanz, Urban- und Breakdance. Sie vollführen Handstände und Spagate, schlagen Salti, bewegen sich wie Roboter, steigen einander auf die Schultern, drehen sich rasend schnell auf dem Kopf, schleudern sich gegenseitig durch die Luft und über die Bühne – alles, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wenn ihnen danach ist, ziehen sie ihre T-Shirts aus oder knüpfen das Hemd auf: spitze Schreie und Gejohle im Publikum.

Ihre Körper haben die Tänzer im Griff. Jede Bewegung passt zur Musik. Die stammt durchweg von Mozart und kommt wummernd, von Synthesizer-Klängen dominiert, aus dem Lautsprecher. Oder von Naoko Fukumoto. Die Japanerin hat am Flügel Platz genommen. Dort brilliert sie mit nuanciertem Spiel und perfektem Tastenanschlag. Im silbern glitzernden Abendkleid betritt Jennie Litster die Bühne. Mit starker Stimme und leichtem Vibrato schmettert sie zwei Arien der Königin aus der „Zauberflöte“.

Die Handlungen der Tänzer folgen der Musik. Oder umgekehrt? Die Grenzen lösen sich auf. Alles ist im Fluss. Die Zuschauer sind begeistert. Mittanzen wollen sie nicht. Aber gegen Autogramme und Selfies haben sie nichts einzuwenden. Wie gut, dass sich die Tänzer am Ende im Foyer noch lange Zeit dafür nehmen.

Autor: Nico Roller