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Windkraft -  10.11.2024
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Bürgerentscheid in Birkenfeld: Klare Mehrheit gegen Windkraft im Wald

Die hohe Wahlbeteiligung nahmen die Beteiligten durch die Bank als positiv wahr. Politisch gibt es kein kein Vertun: Die Bürger wollen keine der angedachten Windräder im Bergwald bei Birkenfeld und im Unteren Wald bei Gräfenhausen.

Was nun? Birkenfelds Bürgermeister Martin Steiner blickt angesichts der Wahlergebnisse am Sonntagabend im Rathausfoyer skeptisch. Neben ihm (mit Schal) der Birkenfelder Gemeinderat Hartmut Ochner, zusammen mit Steiner für die CDU im Kreistag.
Was nun? Birkenfelds Bürgermeister Martin Steiner blickt angesichts der Wahlergebnisse am Sonntagabend im Rathausfoyer skeptisch. Neben ihm (mit Schal) der Birkenfelder Gemeinderat Hartmut Ochner, zusammen mit Steiner für die CDU im Kreistag. Foto: Hennrich

Zu verdanken ist die Deutlichkeit der Abstimmung genau 4222 Birkenfelderinnen und Birkenfeldern, die am Sonntag ihre Stimme beim Bürgerentscheid abgegeben haben. Mehr als zwei Drittel davon, 71,17 Prozent (3002) votierten gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Birkenfelder Gemeindewald und daher mit „Ja“. Die Wahlbeteiligung unter 8261 Stimmberechtigten, die im Wählerverzeichnis eingetragen waren, entsprach damit laut vorläufigem Endergebnis genau 51,11 Prozent.

„Es gibt heute keine Gewinner und keine Verlierer“, gibt sich Matthias Jäck, Sprecher der windkraftkritischen Bürgerinitiative Weitblick, am Sonntag im Foyer des Rathauses versöhnlich, als sich nach 18.30 Uhr das klare Votum der Abstimmenden für „Ja“ abzeichnet, zehn von elf Wahlbezirken ausgezählt sind und 69,9 Prozent für die Ja-Seite unter dem entsprechend hohen Balken auf dem großen Monitor im Rathausfoyer aufleuchten. „Der Gewinner muss die Gemeinde sein“, gibt der frühere CDU-Gemeinderat Jäck zu bedenken. Beide Seiten hätten das Wohl der Gemeinde und auch das Wohl der Natur im Blick gehabt, stellt Jäck heraus. „Was mich besonders freut, ist, dass der gesunde Menschenverstand heute höher zu bewerten ist als ideologische Überzeugungen“, fügt Jäck schon wieder etwas spitzer an.

„Die UWB“, also die Fraktion Unabhängige Wählerschaft Birkenfeld, sei auf dem richtigen Weg gewesen. Diese hatte vor knapp einem Jahr zuerst für einen Bürgerentscheid gestimmt. Nachdem die Gemeinderatsmehrheit dies abgelehnt hatte, startete die neu formierte Bürgerinitiative Weitblick ihr letztlich erfolgreiches Bürgerbegehren und ihre Öffentlichkeitsarbeit mit windkraftkritischen Vorträgen, Veröffentlichungen und „Waldspaziergängen“. Gleichzeitig startete die Gemeinde ihre Bürgerbeteiligung in Regie eines von ihr beauftragten Freiburger Moderationsbüros.

Der Birkenfelder Bürgermeister Martin Steiner sagt nach Veröffentlichung des vorläufigen Resultats: „Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht.“ Trotzdem sei es in seiner Klarheit gut für die Gemeinde. „Wir wissen, wo wir stehen“, so Steiner. Er hoffe, dass nun langsam „Ruhe einkehrt“ in seiner Gemeinde nach der mit dem Beginn der Bürgerbeteiligung seit Frühjahr anhaltenden und sich zuspitzenden öffentlichen Auseinandersetzung. „Diese Zeit hat Spuren hinterlassen und Nerven gekostet“, räumt Steiner ein. Angesprochen darauf, ob die Rathausspitze und die Gemeinderatsmehrheit den Kontakt zu den Bürgern verloren habe, verneint er entschieden und verweist auf die Bürgerbeteiligung.

„Wir müssen uns jetzt erst einmal neu sortieren. Und dann werden wir uns zusammensetzen, um zu sehen, wie der Gemeinderat jetzt zum Vorhaben klimaneutrale Gemeinde steht“, kündigt der Bürgermeister an.

Die Frage des Austauschs stellt sich aber auch mit Blick auf die Bürgerinitiative. Gemeinderätin Monika Schwarz (SPD) fordert, sich jetzt „ohne Moderation und ohne Rechtsanwälte“ zusammenzusetzen und rein sachlich Wissen auszutauschen. Martin Gnadler, CDU-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, meint, die emotionale Seite habe gesiegt, man sei mit sachlichen Argumenten nicht mehr durchgedrungen angesichts der auch mit teils zweifelhaften Fakten geführten Debatte. In der sei viel Wind gemacht worden. „Der Wähler hat entschieden“, sagt Gnadler aber auch. „Wir nehmen die BI jetzt beim Wort und wollen uns Alternativmöglichkeiten zur Windkraft zeigen lassen“, so Gnadler.

Ein Kommentar von PZ-Redakteur Frank Wewoda

"Das Votum gegen Windräder im Gemeindewald – Kern des Energiekonzepts „Smart Birkenfeld“ –, ist ohne Zweifel eine politische Schlappe für Bürgermeister Martin Steiner und drei Viertel des Gemeinderats. Das von ihnen getragene Energiekonzept Smart Birkenfeld verliert seinen Dreh- und Angelpunkt. Ein unglückliches, erst geheimniskrämerisch, dann überstürzt wirkendes Vorgehen in der Kommunikation hat zum Ergebnis beigetragen. Diese Patzer machte sich die clever agierende Bürgerinitiative Weitblick zunutze, die leichtes Spiel hatte angesichts ohnehin verbreiteter Skepsis in Bezug auf Windräder im eigenen Wald. „Not in my backyard“ (nicht in meinem Hinterhof) lautet das Prinzip im Englischen. Ob sich Alternativen finden zur Windkraft? Hoffentlich! Sonst könnte sich der Erfolg als Pyrrhussieg erweisen angesichts einer leeren Gemeindekasse und der Klimakrise."

Autor: pz