Gemeinden der Region
Enzkreis -  31.03.2020
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Corona-Krise noch ohne Einfluss auf Arbeitslosenquote im März - Gewaltiger Ansturm auf Arbeitsagentur wegen Kurzarbeit

Pforzheim/Enkreis/Kreis Calw. Die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim ist von Februar auf März um 21 oder 0,2 Prozent auf 12074 gestiegen. Der Vergleich zum Vorjahr fällt deutlich schlechter aus: Im März 2019 waren noch 1318 oder 12,3 Prozent weniger Menschen arbeitslos. Die Arbeitslosenquote – bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen – blieb im Vergleich zum Vormonat unverändert bei 3,5 Prozent. Vor einem Jahr lag sie noch bei 3,2 Prozent.

Pforzheim ist wieder landesweit Schlusslicht bei der Arbeitslosenquote.
Pforzheim ist wieder landesweit Schlusslicht bei der Arbeitslosenquote. Foto: Symbolbild: dpa

Die Corona-Krise macht sich noch kaum in der offiziellen Arbeitsmarktstatistik bemerkbar, da der Erhebungsstichtag der Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) in der Monatsmitte liegt, im aktuellen Berichtszeitraum war es der 12. März. Das war vier Tage, bevor die Ausbreitung des Virus und in der Folge die Maßnahmen der Politik die wirtschaftlichen Aktivitäten stark eingeschränkt haben. Die Auswirkungen zeigen sich jedoch deutlich am explosionsartig gestiegenen Beratungsbedarf der Unternehmen zum Kurzarbeitergeld.

Die Betriebe informieren sich, wie sie Auftragseinbrüche ohne Entlassungen überstehen können. Auch eine Vervielfachung der eingegangenen Kurzarbeitsanzeigen zeigt die Wirkung der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt mehr als deutlich. Dies bedeutet, dass bereits im März eine deutlichere Zunahme der Arbeitslosigkeit zu konstatieren wäre, wenn nicht so viele Unternehmen auf Kurzarbeit ausweichen würden, um die wirtschaftlich schwierige Zeit zu überbrücken.

„Seit dem Beginn der Corona-Krise erleben wir in der Agentur für Arbeit einen so nie dagewesenen Ansturm von Beratungsanliegen unserer Unternehmen – und das über nahezu alle Branchen hinweg. Viele dieser Betriebe hatten noch nie etwas mit Kurzarbeit zu tun, der Beratungsbedarf ist deshalb enorm. Auch die bereits eingegangenen Anzeigen zur Kurzarbeit stellen bereits jetzt die Zahlen, die wir auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2009 hatten, deutlich in den Schatten. Die entscheidende Frage wird sein, wie lange das Instrument der Kurzarbeit hilft, Entlassungen zu verhindern“, so Martina Lehmann, Chefin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim.

Rückläufig war die Nachfrage nach Arbeitskräften. Betriebe und Verwaltungen meldeten in den letzten vier Wochen 1104 zu besetzende Arbeitsplätze, 227 oder 17,1 Prozent weniger als im Februar und 249 oder 18,4 Prozent weniger als vor einem Jahr. „Neueinstellungen werden angesichts der in weiten Teilen ruhenden Wirtschaft aktuell fast nur noch in den systemrelevanten Bereichen wie dem Gesundheitswesen, der Pflegebranche und im Lebensmitteleinzelhandel vorgenommen“, so Lehmann.

Kurzarbeit

Ein erster Anhaltspunkt dafür, wie sich die Corona-Krise auf den lokalen Arbeitsmarkt auswirkt, sind die eingehenden Anzeigen über Kurzarbeit. Für die Region Nordschwarzwald sind bislang etwa 4000 Anzeigen zu Kurzarbeit eingegangen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2019 gingen im Agenturbezirk Nagold-Pforzheim insgesamt 172 Anzeigen ein. Selbst im März 2009, dem bisherigen Höhepunkt der Nutzung von Kurzarbeitergeld im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise, zeigten in den beiden damals noch nicht fusionierten Arbeitsagenturbezirken Nagold und Pforzheim insgesamt nur 317 Betriebe Kurzarbeit an. 

Arbeitslose

In den vergangenen vier Wochen meldeten sich 3453 Männer und Frauen neu oder erneut arbeitslos, 16 oder 0,5 Prozent weniger als im Februar. Gleichzeitig konnten in den letzten vier Wochen 3428 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden, 94 oder 2,7 Prozent weniger als im Vormonat.

Entwicklung nach Rechtskreisen

Die Arbeitslosigkeit in den beiden Rechtskreisen entwickelte sich unterschiedlich. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Rechtskreis SGB III) ist die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat um acht oder 0,1 Prozent auf 6822 zurückgegangen. Gegenüber März 2019 ist die Zahl der Arbeitslosen dagegen um 1375 oder 25,2 Prozent deutlich gestiegen.

Genau umgekehrt verlief die Entwicklung im Bereich der Grundsicherung. Hier gab es 5252 Arbeitslose, 29 oder 0,6 mehr als im Vormonat aber 57 oder 1,1 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Regionale Arbeitslosenquoten nach Geschäftsstellenbezirken

Unter den sieben Geschäftsstellen der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim hat Calw mit 2,7 Prozent den besten Wert. Es folgen Mühlacker mit 2,8 Prozent, Horb mit 3,0 Prozent, Nagold mit 3,1 Prozent, Freudenstadt mit 3,2 Prozent, Bad Wildbad mit 3,8 Prozent und Pforzheim mit 4,2 Prozent.

Entwicklung in den Landkreisen und der Stadt Pforzheim

Die unterschiedlichen Strukturen innerhalb des Agenturbezirkes haben auch im März zu einer großen Bandbreite der Arbeitslosenquoten geführt. Sie liegt zwischen 2,6 Prozent im Enzkreis und 6,0 Prozent im Stadtkreis Pforzheim.

Stadt Pforzheim

Die Arbeitslosenquote blieb gegenüber Februar unverändert bei 6,0 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 5,6 Prozent. Damit belegt Pforzheim, gemeinsam mit Mannheim, den letzten Platz unter allen 44 Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg, deutlich hinter Heilbronn (5,1 Prozent).

Insgesamt waren 4121 Menschen arbeitslos gemeldet, davon 1806 (43,8 Prozent) in der Arbeitslosenversicherung und 2315 (56,2 Prozent) in der Grundsicherung. Im März wurden 220 Stellenangebote gemeldet, 52 oder 19,1 Prozent weniger als im Vormonat und 90 oder 29,0 Prozent weniger als im März 2019. Derzeit sind 960 offene Stellenangebote im Bestand, 236 oder 19,7 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Enzkreis

Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 2,6 Prozent. Im März 2019 lag sie noch bei 2,2 Prozent. Wie schon im Februar belegt der Enzkreis, hinter den Landkreisen Biberach (2,1 Prozent), Ravensburg (2,4 Prozent) sowie dem Alb-Donau- und dem Hohenlohekreis (je 2,5 Prozent), Platz fünf in Baden-Württemberg.

Insgesamt waren 2962 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet, davon 1949 (65,8 Prozent) in der Arbeitslosenversicherung und 1013 (34,2 Prozent) in der Grundsicherung. Im März wurden 243 Stellenangebote gemeldet. Das waren 57 oder 19,0 Prozent weniger als im Vormonat und 24 oder 9,0 Prozent weniger als vor einem Jahr. Derzeit sind 1023 offene Stellenangebote im Bestand, 267 oder 20,7 Prozent weniger als im März 2019.

Landkreis Calw

Die Arbeitslosenquote blieb gegenüber Februar unverändert bei 3,1 Prozent. Vor einem Jahr lag sie noch bei 2,9 Prozent. Insgesamt waren 2799 Menschen arbeitslos gemeldet, davon 1735 (62,0 Prozent) in der Arbeitslosenversicherung und 1064 (38,0 Prozent) in der Grundsicherung. Im März wurden 348 Stellenangebote gemeldet. Das waren 99 oder 22,1 Prozent weniger als im Vormonat und 32 oder 8,4 Prozent weniger als im März 2019. Derzeit sind 1178 offene Stellenangebote im Bestand, 49 oder 4,0 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Landkreis Freudenstadt

Die Arbeitslosenquote ging im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozentpunkte auf 3,1 Prozent zurück. Vor einem Jahr lag sie noch bei 2,8 Prozent. Insgesamt waren 2192 Menschen arbeitslos gemeldet, davon 1332 (60,8 Prozent) in der Arbeitslosenversicherung und 860 (39,2 Prozent) in der Grundsicherung. Im März wurden 293 Stellenangebote gemeldet. Das waren 19 oder 6,1 Prozent weniger als im Vormonat und 103 oder 26,0 Prozent weniger als im März 2019. Aktuell sind 1234 offene Stellenangebote im Bestand, 214 oder 14,8 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Stellenmarkt

Am Stichtag Mitte März waren im Agenturbezirk Nagold-Pforzheim 4395 offene Stellen gemeldet, 766 oder 14,8 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag im September 2019 – neuere Daten liegen nicht vor – mit 222782 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen auf Rekordniveau.

Ausbildungsstellenmarkt

In den ersten sechs Monaten des Berufsberatungsjahres (Oktober 2019 bis September 2020) wurden der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim insgesamt 3835 Ausbildungsstellen gemeldet. Das waren 149 oder 4,0 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der bei der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim gemeldeten Bewerber liegt dagegen mit 2896 um 70 oder 2,4 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Ende März standen den noch 2301 freien Ausbildungsstellen 1694 Bewerber um einen Ausbildungsplatz gegenüber. Rein rechnerisch kommen somit auf 100 noch unversorgte Bewerber 136 unbesetzte Ausbildungsstellen.

An die Unternehmen richtet Lehmann den Appell, den jungen Menschen auch in Krisenzeiten Perspektiven aufzuzeigen. „Es sollte beim Nachwuchs gut ausgebildeter Mitarbeiter keine Lücke entstehen, denn nach überstandener Krise werden sie in den Unternehmen dringend gebraucht“, so Lehmann.

Autor: pm