Gemeinden der Region
Enzkreis -  04.11.2020
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Covid-19-Stationen füllen sich in der Region bereits – die Tendenz ist besorgniserregend

Enzkreis/Pforzheim. Wenn Corona-Infektionen entdeckt werden, dauert es rund zwei Wochen, bis diese Fälle bei schweren Krankheitsverläufen die Kliniken beschäftigen. Obwohl in der Region die Intensivstationen heute noch nicht überlastet sind, schlagen die Krankenhäuser deshalb schon jetzt Alarm – gemeinsam mit niedergelassenen Medizinern, die ihnen bislang den Rücken freihalten. Der klare Appell: Eine drohende Überlastung von Kliniken, Praxen und Gesundheitsbehörden lässt sich nur verhindern, wenn die Bürger ihr Möglichstes tun, um Kontakte zu vermeiden und den rasanten Anstieg der neuen Fälle zu bremsen.

Warum das für die Mediziner so dringend ist, zeigt das Beispiel der Regionalen Kliniken Holding (RKH), zu der die Krankenhäuser Mühlacker und Neuenbürg gehören. Am Montag noch wurden in allen RKH-Häusern insgesamt 77 Corona-Patienten behandelt, davon 14 auf Intensivstationen. Am Dienstag waren es schon 90 klinische Fälle. Der Anstieg ist schnell – auch am Helios Klinikum und am Siloah St. Trudpert in Pforzheim. Doch er stammt aus einer Zeit, in der Pforzheim und Enzkreis noch bei Corona-Inzidenzwerten von unter 50 lagen – heute sind die Werte fast viermal so hoch. Das Szenario ist klar, sagen Dr. Felix Schumacher (Helios), Dr. Thushira Weerawarna (Siloah) und Dr. Stefan Pfeiffer (RKH-Klinik Mühlacker):

„Wir erwarten bald das Drei- bis Vierfache an stationären Fällen“, sagen sie.

Noch vor den Kliniken spüren die Hausärzte, wohin die Entwicklung geht. Rund 85 Prozent aller Covid-19-Erkrankungen – die meisten Infektionen bleiben weiter ohne schwere Symptome – werden in den Praxen behandelt und von den Kliniken ferngehalten. Doch auch Ärztesprecherin Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth mahnt, die Praxisteams würden an der Belastungsgrenze arbeiten. Ähnlich wie das Gesundheitsamtschefin Dr. Brigitte Joggerst für die Nachverfolgung der zuletzt regelrecht explodierten Infektionsfälle berichtet. Deshalb sei es so entscheidend, die zweite Welle der Pandemie entschlossen zu brechen.

Alles, was jetzt im Kampf gegen die Virus-Ausbreitung nicht gelinge, belaste am Ende die Krankenhäuser, sagen die Ärzte. Und dann seien auch gute Intensiv-Kapazitäten in der Region kein Ruhekissen. Schließlich bräuchten auch Herzpatienten oder Unfallopfer solche Behandlungsplätze, sagt Pfeiffer. „Unsere Intensivstationen sind in der Regel zu 90 Prozent belegt“, sagt er. Und alle Kliniken in der Region wollen – anders als im Frühjahr – möglichst wenige Behandlungen abseits von Corona verschieben.

Im Auge haben müssen Kliniken aber nicht nur die Zahl der freien Betten.

„Tolle Beatmungsgeräte helfen nicht, wenn keine Menschen da sind, die sie bedienen können“, sagt Pfeiffer.

Und die sind teilweise rar. Zumal die Erfahrung gezeigt habe, dass man Covid19 mittlerweile gut bekämpfen könne, dass das aber außergewöhnlich zeitaufwendig sei, so Schumacher. Dass die Bundesregierung anders als im Frühjahr den strengen Personalschlüssel für Intensivbehandlungen bislang nicht gelockert habe, falle in der Praxis kaum ins Gewicht, „weil wir bei Corona eher noch mehr Leute brauchen.“ Und wenn Patienten beatmet werden müssen, dann oft drei Wochen lang. In der zweiten Welle seien übrigens die schweren Erkrankungen unter jüngeren Patienten deutlich häufiger als im Frühjahr, so Weerawarna. Auch wenn das Hauptrisiko weiter die Älteren tragen.

Autor: hei