Da staunen Pforzheimer beim Rundgang nicht schlecht: Darum heißt der Blumenhof, wie er heißt
Pforzheim. Denkmale, meistens Stein gewordene Monumente einer vergangenen Zeit, abstrakt und wenig nahbar. Um dies zu ändern , wird seit 1993 von der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ der „Tag des offenen Denkmals“ bundesweit koordiniert und ist die größte Kulturveranstaltung Deutschlands. Auch in Pforzheim gab es einige interessante Orte zu entdecken. Zum Thema „Innenstadt Pforzheim – Der Wiederaufbau der Stadt Pforzheim“ hatte Kunsthistorikerin Dr. Chris Gerbing einen kurzweiligen Rundgang ausgearbeitet, der beispielsweise aufzeigt, warum der Blumenhof Blumenhof heißt – und viele weitere spannende Fakten.

„Die ganze innerstädtische Neuordnung der Nachkriegszeit ist wirklich ein Thema, das mich sehr stark beschäftigt“, sagte die Kunsthistorikerin, die schon 1999 ihre Magisterarbeit zum ersten protestantischen Kirchenbau der Nachkriegszeit, der Auferstehungskirche in der Südweststadt, geschrieben hatte.
Pforzheim vor Hannover
„Man sagt ja immer: Hannover ist die autogerecht wiederaufgebaute Stadt, dort ist es aber nur ein kleiner Teil. Pforzheim ist die Stadt, wo man am konsequentesten die Ideen von Le Corbusier, Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr als verbindendes Element durchgesetzt hat. Es ist die Stadt, die vor allen anderen dieses Prinzip verfolgte und versucht zu realisieren hat, an manchen Stellen mit Abstrichen, da das Thema der verbliebenen Infrastruktur berücksichtigt werden musste“, erläuterte Dr. Gerbing. Straßen wurden geweitet, dafür folgte der Abriss ganzer Quartiere. Auf diese Art und Weise erfuhr die Innenstadt eine komplette Neuordnung.
Die Kunsthistorikerin nahm die Zuhörer mit auf eine Entdeckungsreise, beginnend beim Hauptbahnhof. Der Bahnhof, für viele lediglich geschäftiger Ausgangspunkt oder Endstation einer Reise, hat deutlich mehr Details zu bieten. 1954 eingeweiht, ist er nach Heilbronn der zweite Bahnhof der Nachkriegszeit, der im süddeutschen Raum gebaut wurde. Die Architektur verfolgte einen neuen Ansatz: Im Kontrast zu Städten wie Mannheim oder Karlsruhe, in denen der Bahnhof letztlich ein Gebäude ist, vor dem Schienen liegen, stand die Öffnung hin zur Stadt im Vordergrund. Durch die vollflächige Verglasung des Eingangsbereichs öffnet sich der Raum für die ankommenden Reisenden. Licht erzeugt Dynamik. Das ausladende Flugdach, ein Paradebeispiel der Architektur der 1950er, bietet Schutz vor Wind und Wetter. Mit Blick zum gegenüberliegenden, zentralen Busbahnhof scherzt Dr. Gerbing: „Manche Architekten scheinen sich nicht daran zu erinnern, dass es durch ein Loch in der Decke auch hereinregnet.“
Auf dem Weg in die Innenstadt liegt das Areal beim Blumenhof. Die Namensgebung „Blumenhof“ hat nichts mit der Bepflanzung zu tun, sondern geht auf das Gasthaus „Zur Blume“ zurück, das an dieser Stelle bereits im 19. Jahrhundert zu finden war. Eine Tatsache, die vielen Pforzheimer Rundgangsteilnehmern nicht bekannt war. Auch nicht Maria und Christina aus Bietigheim, die im Internet das Programm der umliegenden Städte studiert, und sich für einen Besuch in Pforzheim entschieden haben.
Natürlich durfte beim Rundgang auch eine Station beim Technischen Rathaus nicht fehlen, der „Schaltstelle des Wiederaufbaus“.
Über den Marktplatz ging es zum 1973 eingeweihten Neuen Rathaus, mit einem Besuch im Ratssaal, der als Besonderheit die Sichtbarkeit der Sitzungen über eine große Glasfront mit Lamellen nach außen hin ermöglicht.
SPD-Fraktionsvorsitzende Annkathrin Wulff, ebenfalls Teilnehmerin des Rundgangs, ermutigte die Besucher, sich einmal Zeit für einen Besuch einer Gemeinderatssitzung zu nehmen.