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Pforzheim -  24.10.2025
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Debatte ums Stadtbild von Kanzler Merz: Die Welt ist nicht schwarz-weiß

Pforzheim. Seit eineinhalb Wochen diskutiert Deutschland über sein Stadtbild, angestoßen durch eine Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Debattiert wird am Küchentisch, im Netz, und in so ziemlich jeder politischen Talkshow. Auch demonstriert wird dagegen. Die Diskussionen nehmen kein Ende und zeigen, woran es in unserem Land fehlt: an einer funktionierenden Kommunikation, einem verständlichen und respektvollen Austausch.

Die Meinung von PZ-Redakteurin Petra Joos zur "Stadtbild"-Debatte.
Die Meinung von PZ-Redakteurin Petra Joos zur "Stadtbild"-Debatte. Foto: picture alliance/dpa | Alex Talash

Ein Kommentar von PZ-Redakteurin Petra Joos

Die Lawine ins Rollen brachte Merz mit der Aussage, dass „wir natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem haben“. Im Satz zuvor hatte er von der erfolgreichen Migrationspolitik seiner Regierung gesprochen. Das ist alles andere als verständlich, denn: Was ist „dieses Problem“? Das lässt zu viel Interpretationsspielraum bei einem der heikelsten Themen in unserer Gesellschaft.

Eine knappe Woche später lädt er die Debatte dann emotional auf, indem er auf Nachfrage eines Journalisten antwortet: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“ Warum sagt er nicht spätestens hier, wen er meint? Erst am Mittwochabend wird er endlich konkreter: Probleme würden diejenigen Migranten bereiten, die weder Arbeit noch einen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten und sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten. Viele von ihnen würden das öffentliche Bild der Städte bestimmen, was Angst erzeuge. Das gleich zu sagen, wäre nicht mal heikel gewesen, denn in den Städten kennt man „dieses Problem“ – zumindest das der Ignoranz Regeln gegenüber. In Pforzheim mit einem Migrationsanteil von 60 Prozent allemal. Ob jemand aber Arbeit oder Bleiberecht hat, lässt sich am Stadtbild allein nicht erkennen.

Des Kanzlers Kommunikationsstil ist nicht nur unprofessionell, sondern brandgefährlich: Er polemisiert und polarisiert – und wirkt damit in eine Gesellschaft hinein, die ohnehin leicht zu empören ist, gerade beim Thema Migration. So werden seine Aussagen von vielen Seiten reflexhaft als rassistisch bezeichnet. Konservatismus trifft auf Wokeness, unversöhnlich und irrational. Denn in der Realität ist Merz genauso wenig ein Rassist, wie alle Migranten ohne Job und Bleiberecht Sexisten sind.

In Deutschland dürfen alle ihre Meinung frei äußern. Dieses Grundrecht setzt aber Toleranz und Differenziertheit voraus: Merz muss Migranten kritisieren dürfen, ohne beleidigt zu werden, aber sagen, wen er meint, statt alle in Sippenhaft zu nehmen. Die Welt ist nicht schwarz-weiß, deshalb braucht es einen respektvollen Umgang von allen Seiten. Denn Meinungsfreiheit endet dort, wo sie andere verletzt.

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