EM und WM Quali: Das Zittern für deutsche Fußballer gehört immer wieder dazu
Pforzheim. Aus deutscher Sicht verläuft die Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026 eher zäh als grandios. Früher war aber nicht alles besser: Kurz vor Weihnachten 1967 kostete das Team um Franz Beckenbauer ein 0:0 in Albanien die Qualifikation fürs EM-Viertelfinale; einige andere Male musste Deutschland kräftig zittern.
WM 1966
Das denkwürdige Finale gegen Gastgeber England (n. V. 2:4) mit dem legendären Wembley-Tor war nur möglich, weil sich Deutschland im WM-Vorlauf gegen Schweden durchsetzte. Da beide Gruppenfavoriten Zypern dominierten und das erste direkte Duell in Berlin 1:1 endete, kam es aufs Rückspiel in Stockholm an: Bei Beckenbauers Nationalelf-Debüt am 26. September 1965 gelang Uwe Seeler der 2:1-Siegtreffer. „Nervosität ließ kein berauschendes Spiel zu“, hielt die PZ seinerzeit fest.
EM 1984
Wer kennt noch Gerd Strack? Der 2020 mit nur 64 Jahren verstorbene frühere Abwehrspieler des 1. FC Köln köpfte Deutschland zur Europameisterschaft 1984. Dank seines Treffers zum 2:1 holte der Titelverteidiger am Sonntag, 20. November 1983, in Saarbrücken den unbedingt erforderlichen Sieg gegen Albanien. „Torkelnd das EM-Ziel in Frankreich erreicht“, titelte die „Pforzheimer Zeitung“.
In Zugzwang geraten waren die Deutschen, weil sie vier Tage vorher in Hamburg Nordirland genau wie im Hinspiel mit 0:1 unterlagen. Bei der Endrunde in Frankreich spielten weder Strack noch Deutschland eine Rolle. Da am Ende der Gruppenphase Antonio Maceda zum 1:0 für Spanien traf, war fürs DFB-Team nach der Vorrunde Schluss und damit auch Jupp Derwalls Amtszeit beendet.
WM 1990
Wenige Tage nach dem Fall der Mauer war noch nicht klar, ob und wann die Wiedervereinigung kommt. Die Auswahl von Teamchef Beckenbauer drohte als schlechtester Zweiter der Vierer-Gruppen die Qualifikation zu verpassen. Am 15. November 1989 vor 60 000 Fans in Köln brauchte es gegen Wales unbedingt einen Sieg, um das Horror-Szenario abzuwenden. Nach einem ärgerlichen 0:0 im Hinspiel gerieten die Deutschen diesmal sogar in Rückstand. Letztlich sorgte Thomas Häßler, der im Müngersdorfer Stadion ein Heimspiel hatte, für den 2:1-Erfolg und die PZ-Schlagzeile: „Eine Nervenschlacht mit glücklichem Ende“. Am selben Tag verspielte das DDR-Team das Ticket zur Weltmeisterschaft – durch ein 0:3 auswärts gegen Österreich.
Nebensache, denn Ost- und Westdeutsche feierten im folgenden Jahr gemeinsam den denkwürdigen WM-Sommer, den kurz nach der Währungsunion in Italiens Hauptstadt Rom das 1:0 im Finale gegen Argentinien krönte.
EM 1992
Da Wales vorlegte, geriet Deutschland unter Druck. Entscheidend im Kampf um Platz eins war, dass das Team von Berti Vogts am 20. November 1991 eine Schlammschlacht gegen Belgien in Anderlecht dank eines Tors von Rudi Völler mit 1:0 gewann. „Jeder Einzelne hat alles gegeben. Die Mannschaft hat dem deutschen Fußball einen Gefallen getan“, erklärte DFB-Präsident Hermann Neuberger erleichtert.
Eine mentale Bürde nur drei Tage vor dem Spiel war der tödliche Autounfall des 24-jährigen Länderspiel-Anwärters Maurice Banach vom 1. FC Köln gewesen.
Bei der EM in Schweden standen die Deutschen später im Finale, das sie gegen Nachrücker Dänemark jedoch mit 0:2 verloren.
WM 1998
Nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1996 wurde der Weg zur ersten Weltmeisterschaft mit 32 Teams beschwerlich: Im Kampf um den für die direkte WM-Qualifikation erforderlichen ersten Gruppenplatz erwiesen sich die Ukraine und Portugal als harte Gegner. Nach zuvor fünf Siegen und vier Unentschieden sicherten sich die Deutschen erst am letzten Spieltag das WM-Ticket. Dem wie schon bei der EM verletzungsbedingt dezimierten Vogts-Team bescherte Oliver Bierhoff am 11. Oktober 1997 nach einem wilden Spiel gegen Albanien in letzter Minute ein 4:3. Der Siegtorschütze räumte ein: „Normalerweise darf es Profis von unserem Format nicht passieren, dass man sich so in Bedrängnis bringen lässt.“ In Frankreich war dann wie vier Jahre zuvor das Viertelfinale Endstation.
WM 2002
Die erste Hälfte der Gruppenphase lief mit vier Siegen perfekt, doch zum Schluss hing die Qualifikation noch am seidenen Faden. Am 1. September 2001, dem Tag als Trainer-Vater Kurt Völler auf der Tribüne im Münchner Olympiastadion einen Herzinfarkt erlitt, geriet die Nationalmannschaft sportlich in Not: Die Niederlage war weniger das Problem, jedoch ruinierte das 1:5 gegen England das Torverhältnis. Am letzten Spieltag fünf Wochen später tat der große Rivale den Deutschen sogar noch den Gefallen gegen Griechenland nur 2:2 zu spielen: Doch die DFB-Elf konnte das nicht nutzen, weil sie in Gelsenkirchen gegen Finnland nur ein 0:0 schaffte. So musste Deutschland in die Play-offs: Nach einem 1:1 in Kiew wurde das Rückspiel gegen die Ukraine nach einem Blitzstart zur klaren Sache. „Es ist geschafft“, titelte die PZ nach dem 4:1 von Dortmund auf Seite 1. Beim Turnier in Japan und Südkorea gelangten die Deutschen dann sogar ins Finale (0:2 gegen Brasilien) – dank des überragenden Torhüters Oliver Kahn und einer Menge Glück
