EM wird zu Hawaii-Generalprobe: Sebastian Kienle trifft auf Jan Frodeno und Patrick Lange
Frankfurt. Sebastian Kienle, Patrick Lange und Jan Frodeno stehen bei der Triathlon-Europameisterschaft am 30. Juni erstmals gemeinsam am Start. „Stand up for the champions“ – Aufstehen für die Champions – heißt es auf dem Plakat für den Ironman Frankfurt.
Ganz oben ist mit entschlossenem Blick Weltmeister Lange zu sehen, darunter Frodeno nicht minder fokussiert und unter ihm abgekämpft Kienle.
Das Triathlon-Triumvirat der Männer wird von den deutschen Frauen Anne Haug und Daniel Bleymehl (frühere Sämmler) umrahmt, die mit ihrem Lächeln der Szenerie die martialische Anmutung nehmen. Eine viel bessere Besetzung geht aus deutscher Sicht nicht, um die Tortur über die 3,8 Kilometer Schwimmen im Langener Waldsee, 180 Kilometer Radfahren bis in die Wetterau und 42 Kilometer Laufen am Mainufer zum „absoluten Sport-Highlight“, wie Frankfurts Sportdezernent Markus Frank sagt, zu machen.
„Wir haben hier die ganz großen Namen am Start“, sagte Oliver Schiek, der neue Deutschland-Geschäftsführer. In seiner Zeit als Organisator der beliebten Hamburger Triathlon-Veranstaltung über die Kurzdistanz habe er immer mit „einem Neidfaktor“ zur Langstrecke nach Frankfurt geschaut. Nun ist der gebürtige Freiburger froh, dass er das wohl spannendste Feld vorstellen konnte, das sich jemals am längsten Tag des Jahres duelliert. Die Begrifflichkeit „Kona 2.0“ (Schiek) trifft es insofern, denn auf Big Island feierte dieses ausdauernde Trio seine größten Erfolge. Kienle (2014), Frodeno (2015 und 2016) und Lange (2017 und 2018) teilten sich in den zurückliegenden fünf Jahren die Titel beim mythenbehafteten Ironman Hawaii.
Kienle hält an Kritik fest
Bekanntlich ging es auf Kona im vergangenen Jahr nicht ganz friedlich ab, nachdem Kienle vorab heftige Vorwürfe etwa wegen Windschattenfahrens gegen den späteren Weltmeister Lange öffentlich machte. Ihn habe der Medienhall daraufhin doch überrascht, „wenn man mal nicht nur mit Wattebäuschen wirft“, findet der 34-Jährige. Zu seinen Anschuldigungen gegen den Topstar des DSW Darmstadt stehe er weiterhin. „Natürlich. Kritik ist dann berechtigt, wenn es einen Anlass gibt.“ Auf Hawaii, wo Kienle mit einer Fußverletzung aufgeben musste, sei bei der letzten Auflage gewiss alles mit rechten Dingen zugegangen, „und wir haben uns vor dem Rennen auch wieder die Hand geschüttelt, aber dass wir nicht beste Freunde werden, versteht sich von selbst.“ Er setze darauf, dass auch in Frankfurt die Kampfrichter genau hinschauen würden – diese kleine Spitze wollte Kienle noch loswerden.
Gleichwohl führt der Charakterkopf Kienle keinen Kleinkrieg mit der Lange-Seite. Mit Faris Al-Sultan, dem neuen Triathlon-Bundestrainer und Lange-Coach, sei er beispielsweise „bestens befreundet.“ Enge Bande pflegt der Mann aus Mühlacker mit Konkurrent Frodeno, mit dem er nach eigenem Bekunden bald im Trainingslager im spanischen Girona „einen Kaffee trinken“ will. Während der mittlerweile 37 Jahre alte Frodeno die bekannte Vorbereitung abspult, um seine exzellente Verfassung aus dem Vorjahr wiederzuerlangen – in Frankfurt siegte „Frodo“ in Topform, ehe er für Hawaii verletzungsbedingt absagen musste – hat sich Kienle im November vergangenen Jahres von seinem langjährigen Trainer Lubos Bilek getrennt und Philipp Seipp angeschlossen, „um einen neuen Reiz zu setzen.“ Für eine Kampfansage ist Kienles Körper wegen anhaltender Achillessehnenprobleme noch nicht stark genug. Nur so viel: „Die zwei Jungs haben die Messlatte noch mal höher gelegt, aber ich habe eine wahnsinnige Motivation.“
Lange ist gerade auf Gran Canaria. Er sagt: „Ich bin ohne Verletzung und Krankheit durch den Winter gekommen.“ In Frankfurt wolle er „in Topform“ sein und „alle Karten auf den Tisch legen.“
Umzug von Patrick Lange
Der 32-Jährige erläuterte am Donnerstag, warum er seinen Lebensmittelpunkt nach Salzburg verlegt hat. „Es ging mir um bessere Trainingsbedingungen. Und ich bin näher an meinem Coach Faris Al-Sultan, die Berge sind für mich auch ein Magnet.“ Doch ein Garant, um als Deutschlands Sportler des Jahres erstmals beim wichtigsten deutschen Langdistanz-Triathlon zu triumphieren, ist auch der Umzug nicht. „Dafür ist die Konkurrenz dort in diesem Jahr zu stark.“