Ein Hoch auf das Ehrenamt: Bürgernetzwerk in Königsbach-Stein bietet viele Angebote an
Königsbach-Stein. Vom Reparaturtreff bis zur Boule-Gruppe, von der Unterstützung von Grundschulkindern bis zur Smartphone-Sprechstunde, von der Wandertruppe bis zur Arbeit mit Flüchtlingen reicht die Bandbreite. Das Angebot des Bürgernetzwerks in Königsbach-Stein ist so vielfältig, so umfangreich und bunt, dass man es kaum in Worte fassen kann: Sportliche und kulturelle Aktivitäten gibt es genauso wie niederschwellige Treffpunkte und die Möglichkeit zum ungezwungenen Austausch in lockerer Runde.
„Wir sind für alle Generationen ansprechbar“, sagt Michaela Bruder, die das Bürgernetzwerk (BüNe) im Rathaus koordiniert und begeistert ist von dem Engagement, das die Ehrenamtlichen an den Tag legen: viele von ihnen mindestens einmal pro Woche, teilweise auch in mehreren Gruppen. Mehr als 70 sind aktuell dabei, Tendenz steigend. Zusammen stellen sie 14 Angebote auf die Beine, die rege nachgefragt werden. Bruder freut sich, dass das Bürgernetzwerk die Corona-Krise gut überstanden hat und nun an die Zeiten vor den Masken und Kontaktbeschränkungen anknüpfen kann. Die Koordinatorin berichtet, dass über die Aktivitäten des Bürgernetzwerks schon viele Kontakte und Beziehungen entstanden sind, die zum Teil weit darüber hinaus gehen.
Umfragen unter den Teilnehmern bestätigen das unter anderem für die Wandergruppe und für die Café-Treffs. Letztere gibt es zweimal pro Woche: mittwochsnachmittags in Stein, dienstagnachmittags in Königsbach. 2015 haben sie zu den ersten Angeboten gehört, die an den Start gegangen sind. Damals fand das Ganze noch unter dem Dach des Netzwerks 60 plus statt, das im März 2022 ins Bürgernetzwerk überführt wurde. Immer wieder kommen neue Angebote hinzu. Erst im Herbst ist eine Gruppe an den Start gegangen, die sich in Kooperation mit dem Integrationsteam der Verwaltung um die Unterstützung von Flüchtlingen im Alltag kümmert. Ebenfalls erst seit kurzem gibt es die Lernbegleitung für Grundschulkinder, in der sich aktuell rund zehn Ehrenamtliche engagieren.
Wobei Bruder betont, dass man in allen Gruppen und Bereichen für neue Interessierte offen sei. Sie hat dabei alle Altersklassen im Blick, auch und gerade junge Menschen. Diese will man in Zukunft verstärkt ansprechen und für eine Mitarbeit gewinnen. Wer Interesse hat, kann laut Bruder unverbindlich reinschnuppern und einige Zeit mitarbeiten. Auf Wunsch können Jugendliche auch ein Sozialpraktikum beim Bürgernetzwerk absolvieren. Denn dieses ist laut Bruder ein Lernraum, in dem man soziale Kompetenzen erweitern kann.
Ein weiteres großes Anliegen ist die Kooperation mit Partnern wie Vereinen und Institutionen. Aktuell entwickelt man zusammen mit dem Freundeskreis Königsbach-Steiner Geschichte ein Konzept für historische Informationstafeln, die künftig in beiden Ortsteilen aufgehängt werden sollen. Bruder versteht das Bürgernetzwerk als offene Plattform, in die sich jeder einbringen kann. Dass unter den Ehrenamtlichen eine gute Stimmung und ein ausgeprägter Zusammenhalt herrschen, führt sie auch darauf zurück, dass das Bürgernetzwerk nicht institutionalisiert ist, sondern seine Formen und Strukturen bedarfsorientiert entwickelt. Menschen hätten die Möglichkeit, selbst zu gestalten und Ideen zum Leben zu bringen. Sie betont, dass Entscheidungen beim Bürgernetzwerk gemeinsam getroffen werden. Ihre Aufgabe als Koordinatorin sieht sie darin, den Überblick zu behalten und den Ehrenamtlichen den Rücken freizuhalten, etwa in Bezug auf rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen.
Ruhige Kugeln schieben andere
Ein klackerndes Geräusch ist zu hören, wenn die metallenen Kugeln aneinander prallen. Konzentriert versuchen die Spieler, mit ihnen möglichst nah an eine deutlich kleinere, rosafarbene Kugel zu kommen, die von allen nur „Schweinchen“ genannt wird. Bei der Boule-Gruppe geht es locker und harmonisch zu: Alle kennen sich, alle duzen sich. Zweimal pro Woche treffen sie sich zum Spielen: dienstags von 10 bis 12 Uhr, donnerstags von 17 bis 19 Uhr, immer auf dem Boule-Platz bei der Steiner Heynlinschule. Seit zwei Jahren besteht der Untergrund dort aus feinem Moränen-Splitt, auf dem die Eisenkugeln besonders gut rollen.
Früher hat die Boule-Gruppe auch beim Königsbacher Bildungszentrum gespielt, doch das ist vorbei, seitdem der Platz dort regelmäßig durch Scherben und anderen Unrat verwüstet wurde. „Bei uns kann jeder mitmachen“, sagt Jürgen Keller, der die Gruppe leitet. Aktuell hat sie rund 25 Mitglieder, von denen nicht immer alle auf dem Platz sind. Gespielt wird das ganze Jahr, unabhängig von der Temperatur. Eine Absage gibt es nur, wenn es stark regnet oder schneit oder der Platz durchnässt ist. Die meisten bringen ihre eigenen Kugeln mit. Aber man kann auch kostenlos welche leihen. Keller sagt, Boule sei ein anerkannter Reha-Sport, der Konzentration und Geschicklichkeit fördere. Weil keine große körperliche Fitness notwendig ist, kann ihn jeder ausüben. „Bei uns geht es um den Spaß und die Gemeinschaft“, sagt Keller. Wer mitspielen will, kann ohne Anmeldung vorbeikommen.
Im Einsatz für mehr Nachhaltigkeit
Mit Keschern und Eimern, mit Wathosen und Gummistiefeln sind Ehrenamtliche Anfang Mai im Steiner Bruchbach unterwegs gewesen, um dessen Gewässerqualität zu untersuchen. Viele von ihnen gehören zur Nachhaltigkeitsgruppe des Bürgernetzwerks, die die Aktion auch mitorganisiert hatte. Im September 2022 aus dem Nachhaltigkeitsstammtisch der Volkshochschule entstanden, versteht sich die Gruppe als Ansprechpartner für alle Bürger. „Die Menschen können sich jederzeit an uns wenden“, sagt Monika Ruthardt, die sich um organisatorische Aufgaben kümmert. Aktuell gehören rund 15 Ehrenamtliche zum harten Kern. Die Gruppe trifft sich einmal pro Monat, in der Regel am zweiten Montag, abwechselnd in Stein und Königsbach. Dabei geht es neben dem Austausch über aktuelle Themen auch um die Organisation von Veranstaltungen und Aktionen.
Etliche haben die Ehrenamtlichen schon auf die Beine gestellt, etwa Vorträge zu Photovoltaik-Anlagen an Balkonen, zu den Protesten der Landwirte oder zur Mülltrennung und -vermeidung. Dieses Jahr hat die Nachhaltigkeitsgruppe zum ersten Mal die Organisation des Bürgerforschungsprojekts „Flow“ übernommen, das einen Beitrag zum deutschlandweiten Kleingewässermonitoring leisten soll. Im Kern geht es darum, den ökologischen Zustand des Kämpfelbachs und seiner Zuflüsse zu analysieren. Das Ganze stellt die Nachhaltigkeitsgruppe in Kooperation mit dem BUND und den Bachpaten auf die Beine. Drei Mitglieder der Gruppe haben sich zu ehrenamtlichen Klimapaten ausbilden lassen.
Reparieren statt wegwerfen
Während im Innenleben eines knallpinken Radios noch nach dem Fehler gesucht wird, ist bei der futuristisch anmutenden Kaffeemaschine schon alles wieder in Gang gebracht. An jedem ersten Freitag im Monat herrscht Hochbetrieb im Treff am Storchenturm: Unzählige Menschen bringen defekte Alltagsgegenstände vorbei – in der Hoffnung, dass sie die Ehrenamtlichen des Reparaturtreffs wieder in Gang bringen können. „Das Ganze hat sich gut etabliert“, sagt Klaus Pflüger, der sich um die Organisation kümmert. Zehn Reparateure sind aktuell dabei, zudem fünf Helfer, die sich unter anderem um Empfang und Bewirtung kümmern.
Alle arbeiten ehrenamtlich und in ihrer Freizeit. Seit einer Weile gehört auch ein professioneller Uhrmacher zu dem Team, das sich laut Pflüger immer über Verstärkung aus allen Altersklassen freut. Seit Februar 2023 gibt es das Angebot bereits, das sich vor kurzem dem Reparatur-Netzwerk Deutschland angeschlossen hat. Pflüger berichtet, dass die meisten Besucher kein Problem damit haben, während des Reparierens ein bisschen zu warten: Sie schätzen die Gesellschaft und den Austausch.
Die Erfolgsquote liegt laut Pflüger über 50 Prozent. Wobei er betont, dass die meisten Menschen auch dann dankbar seien, wenn sich etwas nicht mehr reparieren lasse: Diese Information von einem Experten zu bekommen, nehme ihnen das schlechte Gewissen beim Entsorgen des Geräts. Um Fahrräder kümmert sich eine andere Gruppe, die einmal im Monat samstags ein Reparaturangebot macht. Keine Reparatur, aber dafür fachkundige Beratung gibt es in der Computer-Sprechstunde, die man im Frühjahr ins Leben gerufen hat. Schon länger gibt es die Smartphone-Sprechstunde, die Beratung sowohl in der Gruppe als auch einzeln anbietet.
