Gemeinden der Region
Mühlacker -  05.12.2021
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Ein Kulturtempel mit Geschichte: Ausstellung erzählt Geschichten rund um den Mühlacker Uhlandbau

Mühlacker. In nur 99 Tagen erbaut, hatte der Mühlacker Uhlandbau auch seine Mängel. Diese verschweigt die Sonderausstellung keineswegs, die aktuell anlässlich des 100-jährigen Bestehens des einstigen Kulturtempels im Heimatmuseum von Mühlacker zu sehen ist. Nun fand dort eine Kuratoren-Führung statt.

Christiane Bastian-Engelbert und Johannes Bastian gehören beide dem rund 15-köpfigen Arbeitskreis an, der die Ausstellung „Dennoch …“ vorbereitet hat. Die Mitglieder durchforsteten mit Unterstützung des Stadtarchivs 147.000 Zeitungsseiten, berichtete Johannes Bastian den Gästen von einer wahren Sisyphusarbeit. Museumsleiterin Dr. Martina Terp-Schunter habe dann der Ausstellung ihre endgültige Gestalt gegeben.

„Die Menge an Material hätte für das Fünffache gereicht“, betonte Christiane Bastian-Engelbert und berichtete dann, wie der Uhlandbau mit seinen kulturellen Veranstaltungen weit über das 6.000 Einwohner zählende Dürrmenz-Mühlacker hinaus strahlte. „Zunächst waren alle Veranstaltungen ausgebucht“, betonte sie angesichts der 1000 Stühle, die damals im Saal aufgestellt waren.

„Das ist der letzte erhaltene Stuhl“, präsentierte sie ein Original von damals. Die Weltwirtschaftskrise und der aufkeimende Nationalsozialismus setzten den aufstrebenden Jahren ein Ende, wie die Teilnehmer beim kleinen Rundgang durch die Ausstellung erfuhren.

Auf den Tafeln wird von den glanzvollen Zeiten ebenso berichtet, wie von den dunklen Jahren. „Ohne die Thematisierung des Dritten Reichs wäre die Darstellung des Uhlandbaus unvollständig“, betonte Bastian.

Die in mehrere Zeitabschnitte gegliederte Schau greift indes auch humorvolle Episoden aus 100 Jahren Uhlandbau auf. So ist unter der Überschrift „Pleiten, Pech und Pannen“ ein Bericht aus dem „Bürgerfreund“ vom 11. Januar 1922 zu lesen, der von einer unzureichenden Besuchergarderobe und einer häufig streikenden Heizung berichtet. In Kombination führten beide Missstände jedoch zu einer kreativen Lösung. So wird berichtet, dass es an der Garderobe den „menschenfreundlichen Rat“ gebe, den Mantel zu behalten. Damit löse man das Garderobenproblem und spare Kohlen, schlage also „zwei Fliegen mit einer Klappe“.

Über 30 Jahre später dann heißt es in der Zeitung vom 12. Januar 1953: „Uhlandbau braucht Notbeleuchtung“. Offenbar hatte es freitags zuvor einen Kurzschluss gegeben. Weitere 20 Jahre später steht der Uhlandbau wieder in den Schlagzeilen. Kritisiert wurde die schlechte Akustik.

Doch auch die Renovierung zu Beginn der 1960-Jahre wird gewürdigt. Berichtet wurde von bequemeren Stühlen, einer besseren Belüftung, einer gleichmäßig temperierenden Gasheizungsanlage, besseren Lichtverhältnissen und modernster Bühnentechnik.

In diesen Tagen erscheint eine Broschüre zu der umfangreichen Ausstellung. Eine weitere Kuratoren-Führung findet voraussichtlich am 9. Januar statt.

Autor: Ulrike Stahlfeld