Gemeinden der Region
Schömberg -  27.05.2019
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Ein guter Umgang miteinander

Schömberg. Kurzweilig, humorvoll und doch mit beachtlicher Ernsthaftigkeit präsentierte sich Bruder Paulus Terwitte im Schömberger Kursaal. „Wer hat zu sagen, was du machst oder was du tust“, blickte Bruder Paulus zunächst fragend in die Runde. Laut Paulus sind die Dinge und die Welt ohnmächtig und wehrlos. „Wenn du denkst, dass du alles hast, dann bist du verloren“, stellte er klar. Stattdessen gilt es Gehorsamkeit zu zeigen und nicht zu tun, was ich will, sondern zu hören, was ich tun soll. Der Kapuzinermönch war auf Einladung der Sparkassen-Stiftung nach Schömberg gereist. Passend zum diesjährigen Motto der Stiftung „Vom guten Umgang miteinander“, referierte Paulus.

Paulus Terwitte zählt als bekanntester Kapuzinermönch in Deutschland. 1978 trat er in den Orden ein. Er ist nicht nur Priester in der Liebenfrauenkirche in Frankfurt und seit Jahren in Obdachlosenfürsorge tätig, sondern war bereits ein häufiger Gast in Fernsehsendungen. „Zuletzt war ich als Headhunter Gottes auf Berufsmessen unterwegs und habe versucht, junge Männer für das Klosterleben zu begeistern“, lächelte er. Mit seiner offenen Art plädierte er für Mitmenschlichkeit, Verzeihen, Frieden und Gerechtigkeit. „Bei unserem Handeln sollten wir uns nicht nur die Frage stellen, ob es gerecht ist, was ich tue, sondern ob es dem miteinander dient“, so Paulus.

Zwar sieht Paulus den menschlichen Umgang nicht schlechter als vor 50 oder 100 Jahren, doch es sei nötig, eine Kultur zu entwickeln, die entscheidet, ob das Handeln richtig sei. Hinsichtlich der Bedingungen in den Pflegeheimen oder der Tierhaltung erkennt der Mönch eine Heuchelei. „Von einer hochstehenden Kultur sind wir derzeit weit entfernt“, beklagte er. In seinen Worten war immer wieder eine leise Kapitalismuskritik zu hören. „Warum brauchen wir ein Auto, wenn wir es nicht auch mit anderen teilen können“, fragte er. „Ich bin nicht, was ich habe, sondern was ich gebe“, mahnte er. Schließlich nehmen wir nach Tod nur mit, was gegeben ist.

Statt an Strukturen festzuhalten, gilt es sie zu zerbrechen und einen Neuanfang zu wagen. „Es ist falsch, an Dingen zu lange festzuhalten, wenn wir dafür zu viel Kraft aufwenden müssen“, erläuterte Paulus. Vor allem bei diesem Punkt sparte er nicht mit Kritik an der katholischen Kirche. Zum Abschluss seines einstündigen Vortrags gab der Mönch den zahlreichen Zuhörern noch drei Tipps mit auf den Weg. Ein tägliches zehnminütiges Innehalten, ein Freundschaftsbekenntnis und das Bewusstsein, dass das Leben ein Ende hat führen zum Staunen, einer besseren Werteorientierung und einer Gewissenshilfe. Am Ende regte der mit Philosophie gespickte Vortrag zum Nachdenken an.

Autor: Stefan Meister