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Mühlacker -  22.09.2025
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Ensembles Raisonant spielt letztes Konzert des Musikalischen Sommers 2025 in der Frauenkirche

Mühlacker. In jeder Kunstepoche gab und gibt es zur selben Zeit Traditionalisten und Neuerer. Als Johann Sebastian Bach Thomaskantor in Leipzig war, hatte die Zeit der Empfindsamkeit und der Frühklassik, etwa in Mannheim, schon längst begonnen.

Das enSemble Raisonant führt sein Publikum in die Vielfarbigkeit des 18. Jahrhunderts.
Das enSemble Raisonant führt sein Publikum in die Vielfarbigkeit des 18. Jahrhunderts. Foto: Dietmar Bastian

In diesem musikalischen Spannungsfeld von Tradition und Innovation bewegte sich das Schlusskonzert des Musikalischen Sommers 2025 mit dem Trio enSemble Raisonant (Leonard Scheib, Traversflöte und Blockflöte, Marie Deller, Violoncello und Blockflöte sowie Wiebke Weidanz, Cembalo). Ein raffiniert zusammengestelltes Programm bildete die Aktionsfläche, auf der die drei Spitzenmusiker ihre auf Alte Musik ausgerichtete, arrivierte Kunst ausleben konnten. Nicht nur das Publikum wurde gleich zu Beginn mit Boismortiers Triosonate für Flöte, Cello und Basso Continuo, op. 37 Nr. 2 in einen musikalischen Strudel hineingezogen, der es knapp zwei Stunden lang nicht mehr freigeben sollte, nein, auch die drei Vollprofis selbst hatten sicht- und hörbar ihr Vergnügen.

Mit Stilkontrasten

Die Programmfolge war bemerkenswert: Es wurden nicht etwa – chronologisch – zuerst die barocken und danach die vorklassischen Werke aufgeführt, sondern – sicherlich ganz bewusst – im Wechsel. Dieser Trick führte zu einem überaus reizvollen Gespräch unterschiedlicher Klangwelten, die am Ende doch mehr miteinander zu tun haben, als man vielleicht glauben mochte. Die komplexe, häufig kontrapunktische Satztechnik des Hochbarock, und die eher subjektiv-empfindsame Klangsprache des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel oder des frühklassizistischen Flötenpapstes Johann Joachim Quantz, schlossen sich nicht etwa gegenseitig aus, sondern fanden wunderbar zusammen.

Bei der Matinee griff die Cellistin Marie Deller des Öfteren zur Altblockflöte, die sie genauso meisterhaft beherrscht wie das Cello. Ein hochkomplexer „Canon all’Unisono“ für zwei Blockflöten und Basso Continuo von Christoph Graupner, das „Concertino D-Dur“ von Antonio Vivaldi, bearbeitet von Johann Sebastian Bach für Cembalo solo, und weitere Kabinettstückchen mehr ließen die Matinee zu einem genussreichen Hörvergnügen werden.

Die Markenzeichen des Ensembles sind Stilsicherheit, technische Eloquenz und historische Authentizität. Es ist bewundernswert, wie organisch die drei Könner einen gemeinsamen Atem finden, wie gut die Agogik der Übergänge funktioniert, wie federleicht ihnen die barocke Verzierungstechnik von den Händen beziehungsweise Fingern geht.

Auf historischen Instrumenten

Natürlich wird diese Musik idealerweise auf historischen Instrumenten gespielt, also der hölzernen Traversflöte statt der Querflöte, dem barocken Cello mit Konkavbogen im Ober- oder Untergriff, und dem Cembalo.

Zwischen Leonard Scheib, der eine Professur an der Hochschule für Musik und Tanz Köln innehat und als Traversflöten-Virtuose europaweit unterwegs ist, Marie Deller, die mit namhaften Orchestern zusammenspielt, und Wiebke Weidanz, der Preisträgerin des Bachpreises Leipzig 2000, Professorin an der Musikhochschule Nürnberg und Assistentin von René Jacobs, einem frühen Visionär der Alten Musik in Deutschland, gibt es gemeinsame Schnittflächen, zum Beispiel das Freiburger Barockorchester oder das Concerto Köln.

Ist das vielleicht der Grund dafür, dass sie sich wie blind verstehen? Ein glänzendes Schlusskonzert, dem man noch etwas mehr Publikum gewünscht hätte.