Exhibitionismus und Fahren ohne Führerschein: Auch Google verschafft 22-Jährigem kein Alibi
Enzkreis/Pforzheim. Keine leichte Aufgabe für einen Einzelrichter, im Strafprozess sexuelle Belästigungen aufzuklären, die sich zwischen zwei Parteien abspielen. Zwei Frauen hatten einen jungen Mann angezeigt, der ihnen vor neun Monaten mit exhibitionistischen Handlungen zugesetzt haben soll. Doch der 22-jährige Angeklagte aus dem östlichen Enzkreis bestritt, dass er nach Autotouren vor den Frauen nachts um zwei Uhr jeweils Hose und Unterhose heruntergelassen hat. Freunde könnten bestätigen, dass er zu den Tatzeitpunkten nahe einem Fast-Food-Betreiber nicht dort gewesen sei. Stand damit also Aussage gegen Aussage?
Am zweiten Verhandlungstag im Amtsgericht Pforzheim versuchte seine Mutter in letzter Minute mit Aufzeichnungen von Googles Satellitenortungen zu beweisen, dass ihr Sohn, der keinen Führerschein besitzt, unschuldig ist. Er habe demnach nicht ihr Auto benutzt, wie das Staatsanwältin Christiane Bossert dem jungen Mann zusätzlich vorwarf.
Doch Richter King erwies sich als souveräner Chef im Ring. Rasch stellte er fest, dass die Daten vom Handy der Mutter unvollständig seien und damit keinen Beweis dafür liefern könnten, das Auto sei frühabends bis zum nächsten Morgen nur vor ihrem Wohngebäude gestanden. „Ich bin sowas von fest überzeugt, dass Sie es waren“, sagte King am Ende zu dem Angeklagten. Der Richter verurteilte ihn zu einer happigen Geldstrafe – mit 170 Tagessätzen, 110 fürs Fahren ohne Führerschein und jeweils 30 für die sexuellen Bedrängungen der zwei Frauen, folgte er dem Antrag der Anklagebehörde. Damit wäre der 22-Jährige vorbestraft. Sein Verteidiger Michael Renner, der einen Freispruch gefordert hatte, wird ihm voraussichtlich empfehlen, Berufung gegen das Urteil einzulegen, sagte der Anwalt der PZ.
Aus Sicht des Richters hat sich der junge Mann mehrfach in neue, jedoch stets wackelige oder widersprüchliche Alibiversionen geflüchtet. Die Versuche der Mutter, ihn urplötzlich mit ganz speziellen Wiedergaben von Handyverbindungen mit dem Navigerät im Auto vor einer Strafe zu schützen, seien verständlich – „aber das lässt mich kalt“, sagte King. Der Richter gestand ihr allerdings eine Verhandlungspause zu, damit sie die komplizierte Technik des Mobilfunks dem Anwalt ihres Sohnes erläutern und danach im Gerichtssaal vortragen könne.
Aber das fruchtete nicht. Was die beiden geschädigten Frauen geschildert hatten, war für Richter King eindeutig. Eine Frau habe ihn zweifelsfrei erkannt, die andere die Figur – „schlanke Statur und spitze Nase“ – genau beschrieben. Zudem seien die Hinweise auf das am Tatort geparkte Auto, die Lackierung und speziellen Felgen zutreffend. Und der Angeklagte sei früher bereits zwei Mal ohne Führerschein gefahren. Pech für ihn: Einmal sah ihn ein Polizist, der in der Freizeit mit dem Rad unterwegs war, am Steuer des Fahrzeugs der Mutter. Der Beamte kannte die Familie aus früheren Vorfällen.