Gemeinden der Region
Enzkreis -  19.07.2020
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Extrem lästig und für manche gefährlich: Wespen schwirren vermehrt aus – das raten die Fachleute

Enzkreis/Pforzheim. Ein leckeres Stück Kuchen und gleich sind sie mit am Esstisch: Wespen. Während manche ganz gelassen bleiben, geraten andere in Panik – spätestens beim Blick in den Gartenschuppen, wo in einer dunklen Ecke ein stattliches Nest an der Decke hängt. Und plötzlich sind die summenden Tiere gefühlt überall. „Bis Anfang August wächst ein Wespenvolk stetig. Es gibt immer mehr Arbeiterinnen, welche die Brut aufziehen“, sagt Frank Hemsing, Naturschutzexperte beim Landratsamt des Enzkreises. So sei es jetzt, Mitte Juli, kein Wunder, dass die Tiere vermehrt wahrgenommen werden. Ihn erreichen daher immer mehr Anfragen, ob und wie ein Nest aus Garten, Rollladenkasten oder Dachboden entfernt werden kann.

Ist 2020 ein Jahr mit besonders vielen Wespen?

Damit rechnet Hemsing nicht. Jedoch hätten die kurzen, lauen Winter und die langen Sommer das Wachstum begünstigt. „Gerade Jungköniginnen hatten gute Chancen unter dem Falllaub am Waldrand zu überwintern“, sagt der Experte. Ein ausgewachsenes Volk kann je nach Art zwischen einigen hundert und einigen tausend Tieren haben. Bislang seien die Anfragen bei Hemsing auf dem Niveau der Jahre zuvor. Allerdings: Es gebe einen Rückgang bei der Hornisse, der größten, aber auch seltensten Wespenart.

1,4 Zentimeter groß sind Arbeiterinnen der gemeinen Wespe höchstens. Es gibt auch 1,1 Zentimeter kleine Exemplare. Königinnen werden bis zu zwei Zentimeter groß. Die größte heimische Wespenart sind Hornissen, deren Arbeiterinnen bis zu 2,5 Zentimeter, Königinnen bis zu 3,5 Zentimeter groß sein können.

Wann bereiten Wespen dem Mensch Probleme?

„Immer dann, wenn sie sich im Wohnbereich oder im Garten, in Hecken oder Erdlöchern einnisten, stellt sich die Frage, die Tiere zu tolerieren oder doch zu beseitigen“, sagt Hemsing. Wespen seien einjährige Völker, in den Nestern sei Ende Oktober, spätestens im November kein Leben mehr. Und es gebe Arten, die sich kaum für den Menschen interessieren. Hingegen stehen die deutsche oder die gemeine Wespe – zwei von gut acht Arten in der Region – auf Süßes und Fleisch. Die Tiere können beim Nachmittagskaffee draußen oder dem Grillfest lästig werden. Fühlen sie sich durch den Mensch bedroht, schalten sie in den Angriffsmodus und können stechen. Hemsing warnt vor Anpusten oder Schlagen: „Etwa drei Prozent der Bevölkerung reagiert auf einen Stich allergisch.“ Für jene gibt es dann nur eine Lösung: Das Nest entfernen lassen. Ebenso dann, wenn in der Nähe Kinder spielen.

Warum warnt der Experte davor, Nester selbst zu entfernen?

Neben der Gefahr von zahlreichen Wespen attackiert zu werden, besteht der Artenschutz als Hindernis, selbst Hand anzulegen. „Gerade Hornissen sind rechtlich eine besonders geschützte Tierart, deren Nester nicht zerstört werden dürfen“, sagt Hemsing. Ehrenamtliche Fachberater des Enzkreises seien befugt, im Einzelfall ein Volk umzusiedeln. Nach der Bestimmung der jeweiligen Wespenart sehe man klarer, ob eine friedliche Koexistenz möglich oder ein Schädlingsbekämpfer gefragt sei.

Bienen finden alle toll, sie machen Honig und bestäuben Blumen. Im Vergleich dazu hat die Wespe ein mieses Image. Für was sind sie gut?

Sie dienen als Schädlingsbekämpfer, indem sie Fliegen, Raupen und Heuschrecken verspeisen oder für ihre Brut sammeln. Für den Nestbau benutzen sie die Rinde morscher Bäume. „Und auch sie bestäuben Blumen im Vorbeifliegen“, sagt Hemsing. Zudem dienen sie selbst als Futter für andere Tiere. So jagen Hornissen beispielsweise andere Wespen.

Nest entdeckt: Wohin kann man sich wenden? An das Amt für Naturschutz im Enzkreis – oder, wie Hemsing sagt, an die eigene Gemeinde: „Die Rathausmitarbeiter können an den passenden Wespenfachberater vermitteln.“

Autor: lin