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Enzkreis -  21.06.2024
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Flüchtlingszuzug im Enzkreis weiter akut: Dezernent stellt Zahlen vor

Enzkreis. Am Donnerstag war Weltflüchtlingstag. An diesem Tag wird in Deutschland seit 2015 offiziell der Opfer von Flucht und Vertreibung, auch unserer eigenen Geschichte, gedacht. Millionen von Menschen mussten und müssen ihre Heimat verlassen. Laut Zahlen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen sind aktuell 120 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die größte Zahl, die je registriert wurde.

Langfristig nutzbar und dennoch flexibel: Miriam Mayer, Leiter des Amts für Technische Dienste des Enzkreises, führt Dezernent Holger Nickel durch die neue Wohnanlage für Geflüchtete in Knittlingen. Nickel/Enzkreis
Langfristig nutzbar und dennoch flexibel: Miriam Mayer, Leiter des Amts für Technische Dienste des Enzkreises, führt Dezernent Holger Nickel durch die neue Wohnanlage für Geflüchtete in Knittlingen. Nickel/Enzkreis Foto: Foto: nickel/enzkreis

„Hinter diesen Zahlen steht unermessliches Leid“, so Holger Nickel, Dezernent für Landwirtschaft, Forsten und öffentliche Ordnung im Landratsamt Enzkreis und damit zuständig auch für den Bereich Migration und Flüchtlinge.

„Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen. Wir müssen, wollen und können auch weiter Menschen eine sichere Zuflucht gewähren, die vor Krieg fliehen oder aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen verfolgt werden. Andererseits können weder Deutschland noch Europa allen, die das wünschen, eine Zukunft bieten. Nur wenn die Bundesregierung und die Europäische Union den Zuzug besser steuern und begrenzen, werden wir aufnahmefähig bleiben für diejenigen, die unserer Hilfe stärker bedürfen als andere, werden bei uns die einen eine neue Heimat gewinnen und die anderen eine Heimat behalten.“

Holger Nickel, Dezernent für Landwirtschaft, Forsten und öffentliche Ordnung im Landratsamt Enzkreis

„Seit November 2023 war die Zahl der Zugänge geringer als im Vorjahr, insbesondere die Zahl der geflüchteten Menschen aus der Ukraine ist deutlich zurückgegangen“, beleuchtet Nickel anlässlich des Gedenktags die aktuelle Situation im Enzkreis. Angesichts dessen, dass sich das Migrationsgeschehen insgesamt unverändert auf einem hohen Niveau bewege, würden die aktuell moderaten Zugangszahlen nur eine temporäre Atempause darstellen.

Diese Situation ermögliche es aber, die Kapazitäten in der Vorläufigen Unterbringung, für die der Kreis zuständig ist, umzubauen – weg von Notunterkünften, hin zu regulären Unterkünften. Ziel sei es, dem langfristig erhöhten Bedarf besser begegnen zu können. So sei derzeit eine neue Unterkunft in Knittlingen im Bau, die voraussichtlich im Herbst bezugsfertig sein wird. „Sie ist als langfristig flexibel nutzbare Unterkunft Teil unserer Gesamtstrategie“, betont der Dezernent.

Nur noch 13 Ukrainer in Klinik

Aufgeben wird das Landratsamt die Klinik in Öschelbronn, da dort lediglich noch 13 Personen aus der Ukraine leben, was einem Auslastungsgrad von etwa sechs Prozent entspricht.

„Die Kosten dafür sind schlicht zu hoch, daher ist der Betrieb einer solchen Notunterkunft schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr vertretbar. So ist hier beispielsweise Catering erforderlich, da es keine Möglichkeit gibt, in den Zimmern zu kochen. Auch der bauliche Zustand des eigentlich zum Abriss vorgesehenen Gebäudes ist kritisch“, so Nickel.

Ausdrücklich dankt er der Klinik als Eigentümerin, dem Johanneshaus als Versorger und der Gemeinde Niefern-Öschelbronn: „In der Hochphase der Flüchtlingskrise hat uns dieses große Objekt sehr geholfen und wir sind äußerst dankbar, dass wir dort nach Ausbruch des Ukrainekrieges schnell geflüchtete Menschen unterbringen konnten.“

Sporthalle wieder frei

Auch in Mühlacker darf man sich freuen: „Die Notunterkunft in der Sporthalle der kreiseigenen Beruflichen Schule, die seit 2022 als erste Anlaufstelle für die zugewiesenen geflüchteten Menschen gedient hat, wird ebenfalls beendet. Nach dem Rückbau kann dort voraussichtlich ab dem neuen Schuljahr wieder Unterricht stattfinden und auch die Vereine dürfen zurück in ihre gewohnte Umgebung“, verkündet Nickel sehr zur Freude von Mühlackers Oberbürgermeister Frank Schneider. Generell habe die Zusammenarbeit in der kommunalen Familie auch in Bezug auf die Anschlussunterbringung, für die die Städte und Gemeinden zuständig sind, bisher weitgehend reibungslos funktioniert, so Nickel. Da die hohen Zugänge der vergangenen Jahre hier zeitverzögert wirksam werden, sei im Bereich der Anschlussunterbringung ein Ausbau der Kapazitäten weiterhin notwendig, um die Aufnahmeverpflichtung zu erfüllen.

Hintergrund zum Weltflüchtlingstag

Der Weltflüchtlingstag fällt jedes Jahr auf den 20. Juni und ist den Flüchtlingen auf der ganzen Welt gewidmet. Er wurde zum ersten Mal weltweit im Jahr 2001 begangen, zum Gedenken an den 50. Jahrestag des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Er war ursprünglich als Afrika-Flüchtlingstag bekannt, bevor ihn die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2000 offiziell zum internationalen Tag erklärte. Der Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung ist ein in Deutschland seit 2015 zeitgleich mit dem Weltflüchtlingstag stattfindender Gedenktag.

Autor: enz