Förderschulen sind selten zu Gast auf dem Verkehrsübungsplatz in Mühlacker
Mühlacker. Gerade einmal 45 Minuten dauert es, bis alle vorbildlich über die kleinen Straßen des Mühlacker Verkehrsübungsplatzes fahren, Schulterblicke machen und Handzeichen geben. Polizeihauptmeister Raimund Bauer hat alles im Blick und zeigt den Kindern, wie man sich im Straßenverkehr als Radfahrer korrekt verhält. Zu Gast ist eine Klasse der Gustav-Heinemann-Schule für geistige Entwicklung. Sieben Kinder im Alter zwischen 14 und 16 Jahren lernen unter anderem, wie sie den Fahrradhelm richtig aufsetzen, wie sie rechts abbiegen, wie sie ein Hindernis umfahren und was sie im Kreisverkehr beachten müssen.
„Das klappt richtig toll“, sagt Lehrerin Christine Fischer und erzählt: Normalerweise gehe man in der Gustav-Heinemann-Schule nicht mit ganzen Klassen zum Verkehrssicherheitstraining. Der Grund: Es ist nicht üblich, dass alle Schüler gut genug Rad fahren können. Viele in dem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum beherrschen das nicht. „Aber das hier ist wirklich eine sehr fitte Klasse“, sagt Fischer, die mit ihren Schülern auch sonst regelmäßig die Umgebung der Schule auf dem Fahrrad erkundet, meistens auf Rad- und Feldwegen. Auf dem Eichelberg waren sie schon, an den Böllstrichseen und am Eisinger Loch. Das Verkehrssicherheitstraining sei wichtig, damit die Schüler auch im öffentlichen Verkehrsraum sicher unterwegs sein können, sagt Fischer.
Wenn ein Polizist in Uniform ihnen die richtige Verhaltensweise erkläre, dann habe das eine ganz andere Wirkung. Fischer berichtet, dass einige ihrer Schüler in Pforzheim wohnen und dort das Radfahren nur schlecht üben könnten, weil es nicht genug gut ausgebaute Radwege gebe. „Dabei bedeutet das Rad für die Kinder ein Stück Freiheit und Selbstbestimmung.“ Für die Schüler sei der Besuch auf dem Verkehrsübungsplatz etwas ganz Besonderes. „Sie waren total gespannt darauf“, erzählt Fischer. Eine Aussage, die die Schüler bestätigen können. „Ich fühle mich jetzt viel sicherer“, sagt einer: „Ich kenne jetzt viel mehr Verkehrsregeln als vorher.“ Und seine Mitschülerin meint: „Ich habe viel über die Bedeutung von Schildern gelernt, die ich vorher nicht gekannt habe.“
Kinder heute weniger mobil
Wenn Raimund Bauer etwas erklärt, dann hören alle aufmerksam zu. Die meisten sind etwas schüchtern und trauen sich nicht, die Hand zu heben, wenn er eine Frage stellt. Der Polizeihauptmeister nimmt sich viel Zeit. Normalerweise sind die Kinder auf dem Verkehrsübungsplatz etwas jünger. Regulär würden die Schüler in der vierten Klasse herkommen, erklärt Bauer. Sonder- und Förderschulen habe man eher selten zu Gast. Was aber nicht bedeute, dass sie nicht willkommen seien.
Als die Gustav-Heinemann-Schule zu Gast ist, freut er sich, dass alle Kinder relativ gut Fahrrad fahren können. Das sei heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, sagt der Polizeihauptmeister. Inzwischen gebe es im Schnitt in jeder Klasse ein bis zwei Schüler, die das nicht beherrschen. „Das war vor 10, 15 Jahren noch nicht so.“ Bauer führt das darauf zurück, dass die Kinder heute nicht mehr so mobil sind wie früher, seltener zum Spielen vor die Tür gehen und sich eher mit digitalen Medien beschäftigen.
