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Bad Wildbad -  12.03.2020
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Forscher finden raus: Pfarrer in Simmersfeld war ein großer Nazi

Bad Wildbad-Calmbach. Drei Forscher geben im Kreisgeschichtsverein Calw Einblicke in Vergessenes. Im Sängerheim in Calmbach waren trotz Corona und kleiner Erkältungswelle dazu 50 Zuhörer zusammengekommen.

Im Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) berichten im Anschluss an die öffentliche Mitgliederversammlung traditionell Forscher in Kurzvorträgen über ihre Erkenntnisse. Zwei Referenten befassten sich diesmal mit Geschehen aus der NS-Zeit, einer mit dem die christliche Musikentwicklung überregional mitprägenden Ebhauser Chor „Die Wasserträger“.

Dietmar Waidelich zeigte auf, dass der größte Nazi Simmerfelds der dort von 1926 bis 1935 wirkende Pfarrer Wilhelm Rehm war. Er predigte von der Kanzel Politik und Rassenlehre. Fünf 1932 für den brutalen Mord an einem deutschen Gewerkschafter in Gleiwitz zum Tod verurteilte SA-Leute nahm er in Schutz. Der von ihm für den NS-Kurier dazu im August 1932 verfasste Bericht spricht für sich: „Es geschah das Ungeheuerliche, daß jetzt 5 Kameraden unserer bis aufs Blut gepeinigten nationalsozialistischen Bewegung, welche in ihrem Abwehrkampf dem kommunistisch-polnischen Gesindel in Schlesien den Ernst der Situation deutlich machten, dafür zum Tode verurteilt wurden, weil sie das einzige Verbrechen begingen, ihr Volk und Vaterland über alles zu lieben.“

Zu sehen war in Waidelichs Powerpoint-Präsentation das mit einer stattlichen Hakenkreuzfahne „geschmückte“ Pfarrhaus. Auch wenn die Überzeugungsarbeit in Wahlergebnisssen von über 80, fast 90 Prozent  für die NSDAP 1932 in Simmersfeld schon früh Früchte trug, blieb wenigstens bei einem Teil der Einwohner ein Unrechtsbewusstsein. Über Nacht verschwand in der Kirche eine Hakenkreuzfahne, die zur Predigt den Altar bedecken sollte.

Von 1932 an baute Rehm den Nationalsozialistischen Pfarrerbund innerhalb der Württembergischen Landeskirche auf. Von 1935 bis 1937 war er Reichsleiter der Deutschen Christen. Von 1938 bis 1945 gehörte er zum Führungsstab der Münchner SA. Nach zweijähriger Internierung ab 1945 starb er bald nach seiner Entlassung an einer Krankheit.

Kreisarchivar Martin Frieß sprach über „Todeshölle oder Sanatorium? Das Außenkommando Calw des Konzentrationslagers Natzweiler“. Dabei ging es um die Firmengeschichte der 1919 als Produzent von Schuhputzmaschinen aus der Schweiz nach Seitzental gekommenen Firma Wengen. Sie wurde in der NS-Zeit zwangsweise auf Rüstungsgüter umgestellt. Gegen Kriegsende waren in dem Unternehmen 1000 Zwangsarbeiter beschäftigt. Unter ihnen waren 200 jüdische Frauen hauptsächlich aus Ungarn, zum kleineren Teil aus Polen. Sie bildeten in Calw eine Außenstelle des Konzentrationslagers Natzweiler. 199 von ihnen überlebten.

Als „Motor der christlichen Popularmusik in Württemberg“ bezeichnete der Nagolder Realschullehrer Gabriel Stängle den Chor „Die Wasserträger“ aus Ebhausen

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Autor: Hans Schabert