Für Regeltreue auf dem Platz: Schafft Tobias Lochmüller den Sprung in die Verbandsliga?
Mühlacker. Sein Bruder Oliver hat Mühlackers Stadtturnier-Finale entschieden, Tobias Lochmüller jedoch hält sich lieber im Hintergrund. Als Schiedsrichter soll er den Überblick haben und nur denen auffallen, die Talente an der Pfeife beobachten.
Am Ende der vergangenen Saison hat Tobias Lochmüller vom TSV Phönix Lomersheim den Aufstieg in die Landesliga gefeiert – aber sicher nicht so ausgelassen, wie die erste Mannschaft ihre Rückkehr in die Bezirksliga. Der 24-jährige Unparteiische aus Mühlacker ist nach eigener Einschätzung „überhaupt nicht kreativ“ und auch weniger ein Typ für spontane Aktionen. Ihm liegt dagegen viel an klaren Strukturen.
Beim Fußball hat sich Tobias Lochmüller schon als Kind von der Masse abgehoben. „Er war nicht der Kämpfer, sondern der Denker“, hält Wolfgang Gutscher fest, der sich mit seiner Ehefrau Annemarie früher um die Phönix-Jugend gekümmert hat.
Selbst nur ganz kurz am Ball
„Ich würde mich als vollkommen talentfrei bezeichnen“, sagt Lochmüller, als er ausführt, dass er nur kurz gekickt hat, danach aber noch mit seinem jüngeren Bruder auf dem Sportgelände war und so schließlich von den Gutschers, die damals die Jugendleitung bildeten, auf Schiri-Neulingskurse aufmerksam gemacht wurde.
Darüber, dass er bei seinem ersten Pressekontakt kurz nach der Prüfung 2008 das Ziel Bundesliga formulierte, schmunzelt Lochmüller heute. Den Sprung in die Verbandsliga könne er vielleicht noch schaffen, meint er nun.
Diese auffällige Bescheidenheit mag damit zu tun haben, dass Lochmüller das Gegenteil eines Selbstdarstellers ist, aber zum Beispiel auch damit, dass sein Schiri-Pate Uwe Bolz aus Wiernsheim-Serres, der frühere lokale Top-Spielleiter, letztlich auch nicht weiter als in die Oberliga kam.
So wie Bolz stellt auch sein Schützling Lochmüller heraus, dass ein Schiri im eigenen Interesse jeder Anfangsphase besondere Bedeutung beimessen muss. Eher kleinlich zu pfeifen, ist da die Devise. Kein Spieler soll auch nur auf die Idee kommen, er selbst sei der Chef und könne sich alles erlauben. Lochmüller führt aber aus, dass zu dieser Strategie nicht gehört, früh Karten zu zücken.
Auffallend nüchtern schildert er, dass er vor ein paar Jahren die Offizierslaufbahn einschlagen wollte, im unterfränkischen Hammelburg jedoch ein Fersensporn fürs schnelle Ende der Bundeswehr-Karriere sorgte. Mit Mitte 20 verfolgt Lochmüller nun in Pforzheim ein Fachhochschul-Studium. Für die Volksbank arbeitet er als Werksstudent.
Es drängt ihn zwar nicht in eine andere Gegend, umgekehrt wäre es für Lochmüller aber auch kein Problem, sich fern der Heimat niederzulassen. Auf jeden Fall hat er die Vorstellung, später als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zu arbeiten.
Hat alles seine Ordnung, fühlt sich Tobias Lochmüller wohl. Auf Regeln zu achten ist seine Sache – nicht nur beim Fußball.
„Er ist einer der wenigen Schiedsrichter, die immer auf Ballhöhe sind“, sagt Wolfgang Gutscher. Das könnte damit zu tun haben, dass Lochmüller als Hobby joggen angibt. Darüber hinaus sind in unteren Klassen und beim Nachwuchs einfach auch eher als flinke junge Männer kräftigere, etwas ältere Herren Spielleiter.
„Eine natürliche Autorität“ bescheinigt Gutscher Schiri Lochmüller. Und vielleicht hat es mit dessen Art und dessen Auftreten zu tun, dass er nicht großartig unangenehme Erfahrungen machen musste. Freilich berichtet der junge Mann, dass sich seine Mutter Petra anfangs die Spiele ansah, sie ihn aber bald nur noch zum Platz brachte und ihn später wieder abholte: Schon im Jugendfußball fallen unschöne Worte, ist vor allem der Schiri Ziel verbaler Attacken.
In die Szene eingetaucht
Trotz dieser Umstände ist Lochmüller nach und nach in die Schiri-Welt eingetaucht. Spricht man ihn darauf an, zeigt sich, dass ihm all die Geschichten, die bei lokalen Unparteiischen die Runde machen, bekannt sind. Gehört hat Lochmüller zum Beispiel von dem schwäbischen Schiri, dem einst auf der Autobahn bewusst wurde, dass er mit Pforzheimer Kennzeichen zu einem FCP-Auswärtsspiel unterwegs war, und der dann lieber weiter weg parkte. Auch von einem Schiedsrichterbeobachter des Württembergischen Fußball-Verbands (WFV), der einen Schützling noch nach Abpfiff im Auge behalten wollte, hat Lochmüller gehört. Genauso hat er gehört, dass ein Unparteiischer der Gruppe Vaihingen einst nach einer Partie im Raum Bretten feststellte, dass seine Sachen in der Umkleide auf ekelhafte Weise beschmutzt worden waren.
Wer anfängt, Spiele zu pfeifen, und auch etwas erreichen will, kann dem Schiedsrichter-Thema problemlos viel Zeit widmen. Ein Muss für Lochmüller war kürzlich der WFV-Leistungstest, der ihn nach Wangen im Allgäu führte. Ansonsten gibt es reichlich Gelegenheit Spiele anzusehen, aber unter etwas anderen Aspekten, als dies die Masse der Fußballfreunde tut. Doch Lochmüller sagt, dass bei ihm der Fernseher manchmal ausbleibt: Will er nach einem Einsatz einmal abschalten, kümmert ihn die Bundesliga nicht.