Fußballvereinigung 08 gegen Türkischer SV: Kleines Derby wird zum Schwager-Duell
Mühlacker. Des Öfteren wollten die Fußballer des Türkischen SV Mühlacker ins Käppele-Stadion, doch nur selten durften sie dort spielen. Am morgigen Sonntag um 15 Uhr sieht das anders aus, denn dann ist der Aufsteiger in der Kreisklasse A1 Pforzheim bei der Fußballvereinigung 08 zu Gast. Die Ironie dabei: Cavit Cakir, der frühere Lautsprecher des Türkischen SV beziehungsweise des FC Anadolu, steht nun auf der anderen Seite. Seit Anfang der Woche trägt Cakir die Verantwortung, nachdem er ursprünglich speziell für Fitness und Mentales zuständig war.
Mit ihm waren im Sommer einige Spieler zum Nachbarn gewechselt. Abgesehen von Hakan Hayirli, der beim Türkischen SV Kapitän war, handelte es sich vor allem um Akteure der Reserve.
Diesen Umstand erwähnt Recep Coskun gern, der mit dem Türkischen SV viel vor hat. Er ist Vorstand und als Trainer des bisher überwiegend in der B-Klasse spielenden Clubs ein Nach-Nachfolger seines Schwagers Cakir.
Spezielles Familienduell
Wer die beiden kennt, ist aufs sportliche Kräftemessen ihrer Teams gespannt. Ein ganz gewöhnliches Spiel werde dieses kleine Senderstädter Derby kaum, sagte Sergio de Sousa, der Abteilungsleiter der Nullachter der „Pforzheimer Zeitung“. Wohl jedem, der mit der lokalen Fußball-Szene vertraut ist, war klar, dass die Konstellation, in der Cakir und der seit Ende 2016 für die Nullachter verantwortliche Hüsnü Gür zusammenarbeiteten, nur von kurzer Dauer sein könnte.
Nicht einmal de Sousa war gegensätzlicher Meinung. Von einem „Wagnis“, zu dem man sich im Sommer gemeinsam entschieden hatte, spricht der frühere Top-Schiedsrichter, nachdem Gür am Sonntag zurückgetreten ist.
Zumindest der Zeitpunkt von Gürs Abschied kam überraschend. Doch offenbar hatte Cakir schon vor knapp zwei Wochen beim in letzter Minute zustande gekommenen 3:2 gegen den FV Niefern II seine Lieblingsrolle reklamiert – die des Chefs. Der Darstellung, dass Cakir im Verlauf des Spiels, letztlich entscheidende Veränderungen vornahm, widerspricht de Sousa jedenfalls nicht: „Da hat er die Kompetenz an sich gerissen.“ Diese Aussage des umtriebigen Funktionärs mit portugiesischen Wurzeln klingt nicht wie ein Vorwurf, sondern wie eine nüchterne Beschreibung.
Gerüchteküche brodelte
Nicht immer steht de Sousa der Presse zur Verfügung, doch kommt es zum Gespräch, ergeben sich zuweilen bemerkenswerte Einblicke. So gab der Abteilungsleiter diese Woche auf Nachfrage der „Pforzheimer Zeitung“ etliche Erläuterungen. So zeigte sich, dass vor gut zwei Monaten tatsächlich eine Abmeldung im Raum stand. Davon hatten Angehörige anderer Clubs gesprochen. Die Gedanken an einen Rückzug waren erledigt, nachdem die Verantwortlichen – de Sousa zufolge inklusive Gür – Grünes Licht für einen Einstieg Cakirs gegeben hatten, dank dessen Kontakten sich die Personallage entspannte. Auch zum Gerücht, infolge dieser Konstellation habe sogar ein Leistungsträger den Verein verlassen, nahm de Sousa Stellung. Er spricht von zwei Spielern, die noch kurzfristig gegangen seien. Man sei sich aber im Klaren darüber gewesen, dass solch ein Effekt eintreten könne.
Alte Rivalität
Auch der impulsive Cakir scheint über die Jahre ruhiger geworden zu sein. Doch alleine schon, weil er einst mit Anadolu als jungem Verein den Etablierten Konkurrenz machte, haben in der lokalen Fußballszene viele Vorbehalte. So war das Erstaunen groß, als es zu einer Zusammenarbeit der Nullachter mit Cakir kam. „Manchmal ist es ja Ironie des Schicksals“, setzte de Sousa an, als er nun seine Sicht der Dinge erläuterte. Es sei so gewesen, dass der kürzlich zurückgetretene Gür ihn auf Cakir aufmerksam gemacht habe. Der könne den Nullachtern möglicherweise zwei interessante Spieler vermitteln, habe der damalige 08-Trainer im Sommer gesagt. Daher tauschte sich de Sousa mit Cakir aus und spielte den Ball dann Gür zurück, so etwa nach dem Motto: „Es hört sich an, als ob Cavit Cakir bei uns einsteigen will ...“ Wie sich zeigte, war es ja auch so.
Ein unwiderstehliches Angebot?
Stimmt allerdings, dass Gür selbst Cakir ins Spiel gebracht hat, ist auch klar, dass er sich nicht kurz darauf einer Zusammenarbeit verweigern konnte. Gür war nach seinem Rücktritt übrigens nicht erreichbar.
Nach kurzer Nacht überrascht
08-Funktionär de Sousa bestätigte im Gespräch mit der PZ nochmals, dass Gür vor einer Woche bei Mühlackers Straßenfest am Samstag bis in die Nacht am Getränkestand der 08-Kicker geholfen habe. Für den folgenden Tag sei um 11 Uhr ein Treffen der Sportlichen Leitung ausgemacht gewesen. Da habe Gür dann nach einer Platzbegehung zur allgemeinen Überraschung seinen Rücktritt „aus persönlichen Gründen“ mitgeteilt und „Nachfragen nicht zugelassen“. Am nächsten Tag habe er sich noch einmal mit seinem Gür getroffen, fügt de Sousa hinzu. Offenbar ohne neue Erkenntnisse erlangt zu haben, informierte der 08-Abteilungsleiter danach die Presse über den Rücktritt.
Was bisher nicht kommuniziert wurde: Als Spieler ist seit Kurzem De Sousas Bruder zurück: Vitor Ferreira Sousa hatte bei dem Traditionsverein zusammen mit Ehab Ahmad, dem heutigen Trainer des großen Stadtrivalen Sportfreunde, bis 2015 einige Jahre lang ein Trainer-Team gebildet.
Eine Konsequenz des Gür-Rücktritts ist, dass er nicht mehr als Aushilfsspieler bereit steht. Vereinsfunktionär de Sousa könnte sich allerdings vorstellen, dass Gür wenigstens noch beim Alte-Herren-Stadtturnier dabei ist.
