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Bretten -  21.12.2025
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Großes Leid können Worte nicht heilen: Blick auf die Emotionen im Prozess um den Horrorunfall bei Bretten

Bretten. Es war ein schrecklicher Unfall, bei dem im Oktober 2024 zwischen Wössingen und Bretten ein Familienvater auf dem Weg zur Arbeit aus dem Leben gerissen wurde. Vom hochmotorisierten Mercedes eines jungen Mannes auf der Suche nach dem Geschwindigkeitskick. Der Prozess gegen den Verantwortlichen, der am Ende hinter Gitter muss, verläuft überhaupt nicht wie andere Verfahren vor Gericht. Weil plötzlich Emotionen die nüchterne juristische Struktur aufbrechen.

Ein Trümmerfeld ist die B293 nach dem tödlichen Unfall am frühen Montagmorgen. Im Hintergrund liegt der Mercedes der mutmaßlichen Verursacher, vorn der Polo, in dem ein 46-Jähriger starb.

Ein Trümmerfeld ist die B293 nach dem tödlichen Unfall am frühen Montagmorgen. Im Hintergrund liegt der Mercedes der mutmaßlichen Verursacher, vorn der Polo, in dem ein 46-Jähriger starb.

Foto: Waldemar Gress/EinsatzReport24 (Archiv)/ PZ-Collage

Eine Kolumne von PZ-Redakteur Alexander Heilemann

Wenn Juristen sprechen, sind sie betont sachlich. Derart sachlich, dass man manchmal den Eindruck hat, dass die Sprache zu stauben anfängt. Sachverhalte werden definiert, Paragrafen zitiert. Und all das ganz oft in der Gerichtsverhandlung über Ereignisse, die hochemotional sind. So wie jetzt am Donnerstag im Prozess über den sinnlosen Unfall bei Bretten, der einen dreifachen Vater das Leben kostete. Einen Mann auf dem Weg zur ersten Frühschicht der Arbeitswoche. Einen der das Pech hat, dass ihm ein junger Autofahrer mit Spaß am Rasen und Angeben begegnet, der auch noch unter Drogen steht. In diesem Fall aber ist vor Gericht alles anders. Denn die Vertreterin der Nebenklage hat einen engen persönlichen Bezug zum Opfer.

Lange Zeit bleibt das verborgen im nüchtern geregelten Ablauf einer gerichtlichen Beweisaufnahme. Doch am Ende kann die Frau auf der Anwaltsbank die Gefühle nicht mehr im juristischen Zaum haben. Zum Vorschein kommt die Trauer über das Unglück, das da über eine Familie hereingebrochen ist. Der Schmerz und das Unverständnis darüber, was passiert ist. Die Verzweiflung, dass dieses Schicksal eine Familie nie mehr wirklich loslässt. Dass keine Strafe für den Verantwortlichen etwas an dem Verlust ändert. Und der Zorn, dass die Sühne des Schuldigen dennoch nicht hoch genug ausfallen kann.

Der junge Täter lässt all das still über sich ergehen. Blickt zu Boden. Den ganzen Prozesstag vermeidet er den Blickkontakt mit Zeugen, schaut nur auf und antwortet, wenn das Gericht etwas von ihm wissen will. Den Übersetzer, der stundenlang an seiner Seite sitzt, zieht der 23-jährige Nordmazedonier erst ganz am Ende hinzu. Als er nach den Plädoyers das letzte Wort hat und sichergehen will, dass er Reue, Scham und Mitgefühl richtig ausdrücken kann. Es sei ihm bewusst, dass Worte nichts wiedergutmachen könnten, lässt er übersetzen. Auch das zeigt dieser Prozess.