Haftung, Name, Haltung: So geht’s weiter mit Pforzheims Promi-Elch
Pforzheim/Ortenaukreis. Es ist ein Glück, Wildpark-Chef Carsten Schwarz an diesem Montag überhaupt an die Strippe zu bekommen. Der Thriller mit Happy End um den zwischenzeitlich durch den Schwarzwald trabenden Elch, der nun wieder im Hagenschieß-Gehege entspannt durch die Baumstämme lugt, beschäftigt die Menschen überall in der Republik weiter. „Spiegel“, „Bild“, „ntv“ und weitere überregionale Medien haben über den mysteriösen tierischen Trip berichtet – und bleiben wie die PZ am Ball. Denn der Fall gibt noch etliche Rätsel auf, die sich nur allmählich lösen lassen.

Weiß man inzwischen mehr über die Hintergründe der Elch-Exkursion?
Was aktuell kursiert, sind laut Wildpark-Förster Schwarz bislang meist bloß Spekulationen. Fest steht, dass der freundliche Riese Anfang Oktober von Pforzheim auf die Reise geschickt wurde. Nach Wildpark-Überzeugung gen Bayerischen Wald. Warum das Tier dort nie ankam, im Schwarzwald strandete und wo dort genau, dazu halte sich der Tiertransporteur weiter „sehr bedeckt“, so Schwarz. Offenbar verrät dieser nicht, an welchen potenziellen Halter er den Elch überstellen wollte oder tatsächlich übergeben habe. Bisher ist nur bekannt: Im Ortenaukreis gibt es kein Wildgehege, in dem Elche beheimatet sind. Wer ein solches Tier halten möchte, braucht einen entsprechenden tierschutzrechtlichen Sachkundenachweis, so das Landratsamt des Ortenaukreises. Die Polizei Offenburg hat die Ermittlungen übernommen, kann aber auf Nachfrage „noch nicht sagen, ob eine Straftat vorliegt.“
Droht den Beteiligten nun Unbill?
„Was die Aufklärung des Transporthergangs angeht, sind nun nicht mehr wir zuständig, sondern eher der Wildpark“, sagt Florian Würth, Pressereferent des Ortenaukreises, auf PZ-Nachfrage.
Carsten Schwarz wiederum spricht von einem „rechtlichen Übergang an den Transporteur“. Schließlich habe der Elch den Wildpark mit den erforderlichen Transportpapieren verlassen: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“ Ganz perfekt wäre es gewesen, das räumt Schwarz ein, wenn sich der Wildpark vom Transporteur „klipp und klar die Zieladresse hätte nennen lassen“. Man habe dem Unternehmer vertraut, mit dem man lange und bislang gut zusammengearbeitet habe und der über die nötige tierschutz- und artgerechte Logistik verfüge. „Um so enttäuschter ist man da natürlich. Das Vertrauen wurde massiv missbraucht. Die Zusammenarbeit hat sich damit erledigt.“
Was könnten Beweggründe für den Transporteur wie für den ominösen potenziellen Halter gewesen sein?
Das ist unklar, womöglich könnte es wie so oft ums liebe Geld gegangen sein. Zwischen zoologischen Einrichtungen würden häufiger Tiere ausgetauscht. Etwa zur Blutauffrischung oder, wie im aktuellen Fall, um Inzucht im Gehege zu verhindern. Das laufe oft bargeldlos, man helfe sich einfach gegenseitig, erklärt Schwarz. Für andere aber können Wildtiere durchaus eine wirtschaftliche Komponente haben. Vor langer Zeit habe es im Wildpark etwa schon einmal einen professionellen Diebstahl von Steinböcken gegeben. Solch ein ausgewachsenes, gut im Saft stehendes Tier könne leicht einen Marktwert von 5000 bis 10.000 Euro haben. Ganz ausschließen, dass ein Käufer das Tier nicht dauerhaft halten, sondern gar verwerten wollte, könne man nicht. Wenn dem so gewesen sein sollte, war es umso cleverer, dass der Elch flugs stiften ging. Denn für den Transport war er betäubt worden. Und man kann Tiere wegen des nur langsamen Abbaus solcher Medikamente erst 30 Tage nach einer Narkose für den Verzehr schlachten.
Welche Kosten sind durch den Elch-Ausflug entstanden?
Klar, der Wildtierbeauftragte des Ortenaukreises investierte etliche Stunden in die Suche, der Karlsruher Zootierarzt Marco Roller wurde hinzugezogen, und es gab den Rücktransport. Aber der Schaden sei „recht überschaubar“. Schwarz schätzt ihn auf einen dreistelligen, maximal niedrigen vierstelligen Euro-Betrag.
Wie geht es jetzt mit dem Elch weiter?
Erst einmal kann er in seinem früheren Reich und bei seinen bisherigen Familienmitgliedern zur Ruhe kommen. Doch die Sorge vor Inzucht bleibt. Deshalb könne es sein, dass man ihn mittelfristig endgültig abgebe, sollte eine andere seriöse zoologische Einrichtung Interesse zeigen. Dafür bliebe aber bis ins Frühjahr Zeit. Denn erst dann werfen Elche ihr Geweih ab. In der Phase der Geweihbildung sei dann alles stark durchblutet und die Verletzungsgefahr für das Tier während eines Transports zu hoch.
Der Elch wird übrigens weiter den Namen „Lord Fynn“ tragen. Zum einen hieß der im Mai 2024 hier geborene Elch von Anfang an im Wildpark so. Zum anderen sei bei dem Namen „Erwin“, den ihm Fans im Ortenaukreis während seines Abenteuers per Online-Abstimmung verpassten, die Verwechslungsgefahr mit „Emil“ zu groß. So wird ein anderer Elch genannt, der aktuell in der bayerischen Wildnis unterwegs ist. Aus dieser Region erreichte Schwarz gar eine Anfrage, ob es sich bei „Erwin“ nicht doch um jenen „Emil“ handelte. Zum Glück hat der Arzt dem Schwarzwald-Elch im betäubten Zustand Blut abgenommen. Ein DNA-Beweis wäre möglich. Aber die optischen Merkmale am Geweih lassen laut Schwarz keinerlei Zweifel.
Welchen Effekt hat der große Elch-Rummel?
„Der Schwarzwald hatte jetzt seinen Elchtest“, sagt Schwarz.
Solche Tiere fänden hier beste Lebensbedingungen vor. Und sie seien ganz offensichtlich in der Bevölkerung große Sympathieträger. Natürlich müsste ein intensiver, langwieriger Prozess angestoßen werden, wollte man Elche tatsächlich irgendwann wieder in hiesigen Gefilden ansiedeln. Der Wildpark wiederum hat aktuell noch mehr Aufmerksamkeit. Und das gerade jetzt, da am Samstag die Einweihungsfeier für das neue Besucherzentrum ansteht. Ab 11.30 Uhr gibt es auf dem bisherigen Parkplatz P1 Musik, Festreden von OB Peter Boch, dem Fördervereinsvorsitzenden Jan Lauer und der Grande Dame des Wildparks, Waltraud Steinle, ehe das rote Band durchtrennt wird. Wer das neue Entree und den zurückgekehrten Elch in aller Ruhe bestaunen will, sollte aber eher in den kommenden Wochen durch den Wildpark spazieren. So wie das „Lord Fynn“ nun wieder tagtäglich tut.