Impfen: Nachfrage in der Region lässt nach - viele Dosen werden weggeworfen
Kieselbronn. Großer Andrang herrscht in der Kieselbronner Festhalle am Samstag nicht. Innerhalb von dreieinhalb Stunden sind dort rund 70 Menschen aus Pforzheim und dem Enzkreis geimpft worden, die meisten unter 18 Jahren. Vereinzelt hat es auch Viert-Impfungen gegeben.
Organisiert hat die Aktion Paul Czerkies, der von Januar bis August an das Landratsamt des Enzkreises abgeordnet war, um dort die Impfaktionen zu koordinieren. Seit September ist er wieder beim Hauptzollamt in Stuttgart, seinem eigentlichen Arbeitgeber, aber Impfaktionen koordiniert er in der Region immer noch, nun ehrenamtlich. Viele Kontakte sind nämlich bestehen geblieben, auch der zu Kieselbronns Bürgermeister Heiko Faber.
Interesse an Kinderimpfungen
Schon im vergangenen Jahr ist er auf Czerkies zugekommen, um mit Unterstützung des örtlichen Roten Kreuzes eigene Impfaktionen unabhängig vom Landratsamt zu koordinieren. „Im November kamen Anfragen ohne Ende“, erzählt Czerkies, der schon acht Impfaktionen betreut hat, verteilt auf den gesamten Enzkreis, auch in Moscheen in Maulbronn und Mühlacker. Die am Samstag ist bereits seine Dritte in Kieselbronn gewesen. Geimpft worden sind dort auch Kinder ab fünf Jahren.
Die Spritzen hat der Knittlinger Kinderarzt Cuma Özmen verabreicht. In den vergangenen Wochen und Monaten hat der Mediziner ein sehr großes Interesse an der Kinderimpfung beobachtet. Aber: „Jetzt wird es langsam ruhiger.“ Was auch daran liegen könnte, dass sich in den vergangenen Wochen viele Kinder und Jugendliche mit dem Coronavirus infiziert haben. Özmen befürwortet die Impfung für diese Altersgruppe. Zwar sei das Risiko für schwere akute Verläufe bei Kindern und Jugendlichen sehr gering. Aber über die möglichen Langzeitfolgen (Long Covid) sei noch fast nichts bekannt.
Große Nachfrage nach Novavax
Bei den Erwachsenen beobachtet Czerkies momentan ein rapides Abnehmen der Impfgeschwindigkeit. „Das ist schon ein Problem.“ Auch, weil viele noch keine Auffrischungsimpfung, einen sogenannten Booster, erhalten hätten. Stattdessen wird Impfstoff entsorgt – und zwar laut Czerkies mehr, als an Entwicklungsländer gespendet wird. Große Nachfrage beobachtet er dagegen an dem Proteintimpfstoff Novavax. „Da wäre es wichtig, dass das Land den schnell zur Verfügung stellt.“ In Kieselbronn hat es ihn am Samstag nicht gegeben.
Dort hat man inzwischen viel Erfahrung mit Impfaktionen gesammelt. Nicht nur wegen der Lage, sondern auch wegen der geeigneten Räumlichkeiten in der Festhalle habe sich herausgestellt, dass Kieselbronn für Impfaktionen der ideale Ort sei, sagt Bürgermeister Faber. Besonders stolz ist er auf den Ortsverein des Roten Kreuzes, der zum guten Ruf der Impfaktionen maßgeblich beigetragen habe. „Wir sind dankbar, dass es solche Menschen gibt“, sagt Faber: Das Zusammenwirken der Akteure führe zum Erfolg.
Enttäuscht ist er dagegen vom Land: „Wenn in der Fläche nicht solche Aktionen durch Kommunen und Ehrenamtliche auf die Beine gestellt worden wären, hätte die Impfkampagne im Herbst nicht so gut geklappt.“