Gemeinden der Region
Knittlingen -  30.08.2020
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„In Krisen kann man wachsen“: So meistern Knittlingens Pfarrer Hans Veit und seine Kirchgemeinde die Corona-Zeit gemeinsam

Knittlingen. „Mein Problem ist, dass meine Kirche eher zu voll ist“, sagt der evangelische Pfarrer von Knittlingen, Hans Veit, über die Zeit mit dem Coronavirus. Denn seit dem Lockdown am 16. März mussten sich Veit, seine 2500 Gemeindeglieder und rund 180 Helfer Gedanken machen, wie sie mit der Pandemie umgehen.

Nur 80 Besucher können aktuell zum Gottesdienst in die Knittlinger Sankt Leonhards Kirche kommen. Deshalb mussten die beliebten Gottesdienste umorganisiert werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass alle sechs Wochen immer zwei Familien mit ihren Kleinkindern den Gottesdienst an sieben Stationen in der Kirche erleben können. Die sonntäglichen Gottesdienste finden nun überwiegend im Pfleghof statt und nur bei schlechtem Wetter in der Kirche. Dabei nehmen im Schnitt 60 bis 120 Menschen teil.

„Wir mussten unsere Gottesdienste splitten und Taufen extra machen“,sagt Veit. So verhielt es sich auch mit den Konfirmanden. „Wir haben die Jugendlichen und ihre Eltern gefragt, was ihnen wichtig ist“, erläutert Veit. Ein Drittel der 24 Konfirmanden nahmen den Termin im Juli, ein weiteres Drittel lässt sich im Oktober und der Rest im März 2021 konfirmieren.

Corona-Pandemie sorgt für Hochzeitsstau

Religionsunterricht hat seit dem Lockdown nicht mehr stattgefunden. Aber zum Schulanfang am 14. September gibt es mehrere Gottesdienste. „Was momentan nicht stattfindet, sind unsere Gruppen wie Gesprächs-, Bibel- und Hauskreise und der Frauenabend“, bedauert Veit. Der Posaunen und Kirchenchor trifft sich im kleinen Kreis und macht Proben mit Sicherheitsabstand. Besuche zuhause erfolgen nur auf Wunsch. Und für Seelsorgegespräche geht der Pfarrer mit den Menschen spazieren.

„2021 haben wir bereits einen großen Hochzeitsstau mit zwei Hochzeiten an einem Tag“, berichtet Veit, der als Seelsorger seit Beginn der Pandemie zum Krisenstab der Stadt zählt. Als die Gottesdienste verboten waren, hat die Kirchengemeinde im Amtsblatt den Ablauf von Gottesdiensten mit Predigt, Liedern und Gebeten abgedruckt und in Geschäften ausgelegt. „Das Priestertum der Gläubigen konnte so jeder für sich selbst ausleben“, sagt Veit.

„In Krisen kann man wachsen“, ist der Pfarrer überzeugt. Und es freut ihn, dass die Knittlinger sich auch um hilfsbedürftige Menschen gekümmert haben und kümmern. „Zum Glauben gehört für mich auch ein großes Vertrauen, dass es am Ende gut wird“, sagt Veit.

"Pandemie hat nichts zu tun mit der Strafe Gottes"

Denn für ihn ist das Virus ein Teil des Lebens, das die Menschen auf der Erde quasi als „gefallene Schöpfung“ selbst geschaffen haben. Was der Mensch säe, erhalte er. „Die Pandemie hat nichts zu tun mit der Strafe Gottes, sondern gehört wie Krankheit einfach zu unserer Realität“, sagt Veit. Und für Bedürftige, die ihre Existenz verloren haben, hält die Knittlinger Kirche sogar einen Sozialfonds vor.

„Es bringt nichts, zu lamentieren und damit Energie zu verschwenden für die Dinge, die man nicht ändern kann“, sagt Pfarrer Hans Veit. Vielmehr gehe es darum, Wege zu suchen, wie man damit umgehen kann.

Autor: Ilona Prokoph