„Jingle Bells“ statt Alarmglocken: Zwei Pfarrerinnen besuchen Pforzheimer Feuerwehr mit Drehorgel
Pforzheim. Als Ruth Nakatenus auf den silbernen Knopf der Klingel drückt, weiß sie nicht, ob überhaupt jemand da ist und Zeit hat. Es könnte ja auch gut sein, dass die Kameraden der Berufsfeuerwehr gerade einen Einsatz, eine Besprechung oder eine andere Aufgabe zu erledigen haben. Doch Nakatenus hat Glück: „Sie kommen gleich runter“, ruft die evangelische Pfarrerin ihrer Kollegin Sabine Bräutigam aus dem Vorraum der Pforzheimer Hauptfeuerwache zu.
Draußen, im Eingangsbereich, bereitet sie unterdessen ihre Drehorgel vor, damit sie die Feuerwehrmänner und -frauen mit einem beschwingten Stück in Empfang nehmen kann. Die Wahl fällt auf „Jingle Bells“, das sofort für gute Stimmung sorgt. Die Floriansjünger freuen sich über den Besuch der beiden Pfarrerinnen – und über die Wertschätzung, die er zum Ausdruck bringt. Lang dauert er zwar nicht, aber darum geht es auch nicht. Die Aktion soll vor allem ein Signal sein, eine Botschaft: an all jene, die am Heiligabend ihren Dienst versehen, um anderen zu helfen. Sie sollen sehen:
„Auch für Euch ist heute der Heiland geboren.“
So formuliert es Nakatenus, die mit Bräutigam und zwei weiteren Helferinnen bis kurz vor Mitternacht insgesamt acht Stationen ansteuert: nach der Hauptfeuerwache noch die Polizei, die Integrierte Leitstelle, das Rote Kreuz und den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Den beiden Pfarrerinnen ist es wichtig, das Evangelium erlebbar zu machen und dahin zu gehen, wo die Menschen sind. Unterwegs zu sein und Weihnachtsfreude zu vermitteln, versteht Bräutigam auch als eine Form des Gottesdiensts.
„Einfach ein Angebot“
Denn sie weiß: „Ein Gottesdienst muss nicht in der Kirche stattfinden und einer festen Liturgie folgen.“ Bräutigam gehört zum Team „Leben feiern“, das sich auf den Weg zu den Menschen machen will: mitten hinein in die Gesellschaft. Auf die Idee kam die Pfarrerin durch eine ähnliche Aktion, die bei der Münchener Polizei auch deshalb eine durchweg positive Resonanz ausgelöst hat, weil sie niederschwellig und zwanglos war. „Wir wollen den Menschen nichts überstülpen“, betont Bräutigam: „Wir kommen einfach mit einem Angebot.“
Auch wenn Pop-Up-Aktionen eigentlich vollkommen spontan sein sollen, hat Bräutigam die Organisationen zwei Tage vorher darüber informiert, damit die Verwunderung nicht allzu groß ist, wenn plötzlich zwei Pfarrerinnen im Talar vor der Tür stehen. Wenn sie dort niemanden antreffen, hinterlassen sie ein kleines Geschenk und fahren weiter zur nächsten Station. Dafür nutzen sie einen Bus, der nicht nur für die Drehorgel genug Platz bietet, sondern auch für den weihnachtlichen Aufsteller, vor dem die Einsatzkräfte ein Erinnerungsfoto schießen können, wenn sie möchten. Bei der Feuerwehr nimmt man das Angebot gern an. Viele halten dabei eine Kerze in der Hand. Mit ihnen will man laut Bräutigam an das Weihnachtslicht anknüpfen: eine Tradition, die Frieden und Hoffnung bringen soll.
