Jugendliche reimen für Respekt und Toleranz: Erste pädagogische Rap-Schule in Calmbacher Schule
Bad Wildbach-Calmbach. Es sind hehre Ziele, die die Mannheimer Räpagogen (Mischung aus Rapper und Pädagoge) der „Who. am. I. creative academy“ mit ihrem Workshop für alle Siebtklässler der Calmbacher Fünf-Täler-Schule verfolgen: Kreativität, Teamgeist, Reflexion, Selbstvertrauen und Sprache sollen innerhalb von drei Schultagen gefördert werden. Geht nicht? Gibt’s nicht, machen die Sozialarbeiter, Logopäden und Pädagogen aus Deutschlands erster pädagogischer Rap-Schule schnell klar.
Denn Tobi alias Tobias Schirneck und seine Kollegen holen mit ihrem Konzept die Jugendlichen dort ab, wo sie stehen: in ihrer eigenen Welt. „Wir bringen Rap nicht in die Klassen“, sagen die selbst ernannten Rapagogen. Er sei schon längst da, wissen sie aus Erfahrung. „Viele Schüler hören täglich Rap-Musik und für viele ist sie ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens“, so Schirneck.
Das nutzen sie als Mittel des Zugangs und vermitteln damit gleichzeitig die Werte der alten Schule des Rap, wie sie sagen: Authentizität statt Maske und Image, aktive Teilhabe statt Konsumieren, Autonomie und Selbstbestimmung statt Frust und vor allem null Toleranz für respektloses Verhalten.
Bei den Siebtklässlern der Calmbacher Grund-, Real- und Werkrealschule kommt das super an. In kleinen Gruppen texten und reimen sie. Auf dem Stundenplan der Werkrealschüler steht am Dienstagmorgen die dritte Strophe des Fünf-Täler-Schulen-Rap-Songs. Und auch den Refrain, Hook genannt, sollen sie texten.
Dafür haben die beiden anderen siebten Klassen bereits am Montagvormittag die erste und zweite Strophe getextet sowie den Beat, den Rhythmus festgelegt. Er läuft dezent im Hintergrund, während die 26 Schüler voll bei der Sache sind. Schließlich steht Tobi auf. Er liest vor, was die Jugendlichen erarbeitet haben. „Es waren sechs Freunde, die zusammen in die Klasse gingen – die anders als die Masse klingen. Sie erzählen von den krassen Dingen: Der Liebe der Familie, bis die Kassen klingeln“, rappt Tobi schließlich. Alle sind begeistert und stolz auf ihre dritte Strophe. Und auch der Hook, der Refrain, kommt gut an.
Katja Collatz begleitet den Workshop an diesem Morgen vonseiten der Schule. Eigentlich ist sie Musiklehrerin für die oberen Klassen. „Für die siebten und achten Klassen gibt es in diesem Jahr allerdings keinen Musikunterricht“, erzählt sie und ist sichtlich begeistert von den Musikstunden der anderen Art.
Zunächst seien in den Gruppen Themen gesammelt worden, die den Schülern wichtig seien. Dann habe Schirneck den Jugendlichen erklärt, wie die Reime auszusehen hätten, erzählt sie weiter. „Der Workshop kommt super an“, sagt sie. Die Rapagogen begegneten den Jugendlichen in der Sprache der Jugend. Und sie zeigten, dass es um guten, um anspruchsvollen Rap gehe.
„Das ist uns als Lehrern auf diese Weise und mit der Wortwahl schlicht nicht möglich“, sagt sie und verfolgt gebannt, wie Rapagoge Tobi einige der Schüler, die unaufmerksam werden und ihre Mitschüler durch laute Gespräche stören, einnordet. Zwar lässig in der Wortwahl, jedoch ohne ein Wenn und Aber zuzulassen. Er zeigt ihnen ganz klar, dass er es ist, der die Hosen an hat. Die Gruppe folgt ohne Murren. Die Schüler bewundern ihren Coach, das ist an diesem Tag zu spüren und zu sehen.
