„Kirche anders“ kommt per Zoom: Gottesdienst im Netz überwindet Grenzen
Pforzheim/Remchingen. „Freiheit, Freiheit“, hallt es durch die Remchinger Kulturhalle. Passender als mit dem Lied von Marius Müller-Westernhagen hätten Stefanie Wally und Paul Taube den Fall der Berliner Mauer November am 9. November 1989 nicht beschreiben können.
„Grenzenlos frei“, war das Motto des Kirche-Anders-Zoom-Gottesdiensts der Ökumenischen Citykirche am Sonntag. Mit Stefanie Wally und Paul Taube gestalteten zwei besondere Personen den andersartigen Gottesdienst. Taube ist Leiter der Remchinger Kulturhalle und in der ehemaligen DDR aufgewachsen, und Wally schildert in ihrem Buch „Akte Luftballon“ eine eindrucksvolle Geschichte. In der 45-minütigen Übertragung sprachen beide über ihre Erlebnisse, untermalten dies mit passenden Liedern und sorgten so für authentische Atmosphäre.
Am 20. März 1977 schrieb Wally als sechsjähriges Mädchen eine Karte und befestigte diese an einem gelben Luftballon, der in die DDR flog. Drei Tage später fand Anke die Karte und es entwickelte sich eine Brieffreundschaft über Grenzen hinweg. 1988 kommt es auf einer Klassenfahrt am Berliner Alexanderplatz zum Treffen der Freundinnen. „Ich bin ihr um den Hals gefallen und nach wenigen Augenblicken war die Vertrautheit aus den Briefen vorhanden“, schilderte Wally. In ihren Briefen berichtete Anke von unerfüllten Träumen. Eine Immatrikulation in der Universität war nur über einen Parteizutritt möglich, den Anke aber strikt ablehnte. „Mit dem Parteieintritt gelangen die Unterlagen auf einen anderen Stapel“, schrieb sie. Während Anke sich als Widerstandskämpferin sah, entwickelte sich Wally zur Freiheitskämpferin. „Diese Briefe haben mich bis heute geprägt und zu einer Kämpferin der Demokratie gemacht“, erklärte sie. Deshalb hat sie sich entschieden dieses Buch zu schreiben und ihrer Freundin zu widmen.
Taube ist in der DDR aufgewachsen und hat als 13-Jähriger den Fall der Mauer erlebt. Auch wenn er im Gottesdienst von einigen Auffälligkeiten während seiner Kindheit in der DDR sprach, so konnten seine Kinderaugen insgesamt nichts Kritisches erkennen. Auf die Frage von Pfarrerin Heike Reisner-Baral, inwieweit die Grenzen heute noch bestehen, antwortete Taube, dass diese geografisch zwar nicht mehr vorhanden seien, aber dagegen in den Köpfen. Zudem seien die Grenzen, solange es noch Begriffe, wie „Ossi“ und „Wessi“ gebe, lange nicht aufgehoben. Reisner-Baral appellierte an die christliche Botschaft, dass Grenzen überwunden werden müssen, so dass Spaltungen nicht entstehen können. „Es ist der Wille Gottes Brücken zu bauen, statt einzureißen“, stellte sie klar.