Gemeinden der Region
Enzkreis -  12.12.2025
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Kita, Kosten, Kuddelmuddel: Wer zahlt in Pforzheim und der Region wie viel für die Kinderbetreuung?

Pforzheim/Enzkreis/Kreis Calw. PZ-news zeigt in einer interaktiven Karte, wo die Gebühren für die Betreuung vermeintlich am niedrigsten und am höchsten sind, wieso Eltern eigentlich noch viel mehr zahlen müssten und welche Besonderheiten es in den einzelnen Kommunen gibt.

Kinderbetreuung ist teuer, vor allem im U3-Bereich. Viele Mütter kehren früher an den Arbeitsplatz zurück – bei monatlichen Kosten von 500 Euro und mehr muss sich manche aber fragen: Lohnt sich das überhaupt?
Kinderbetreuung ist teuer, vor allem im U3-Bereich. Viele Mütter kehren früher an den Arbeitsplatz zurück – bei monatlichen Kosten von 500 Euro und mehr muss sich manche aber fragen: Lohnt sich das überhaupt? Foto: OKSANA SHUFRYCH - stock.adobe.com (Symbolbild); Fotomontage: PZ

Fast alle Kindergarteneltern im Enzkreis und im Kreis Calw haben in den vergangenen Monaten die gleiche schlechte Nachricht bekommen: Die Gebühren für die Betreuung steigen – und das teils extrem. Die Kommunen sind knapp bei Kasse und wollen Mamas und Papas daher stärker in die finanzielle Verantwortung nehmen. Und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht, wie eine PZ-news-Umfrage unter den 35 Städten und Gemeinden im Verbreitungsgebiet ergibt. Viele wollen Eltern in den kommenden Jahren noch mehr in die Pflicht nehmen.

Wo müssen Eltern am wenigsten für die Betreuung ihrer Liebsten zahlen?

Wenn es rein ums Finanzielle geht, auf nach Ispringen. Für die Krippe zahlen Eltern dort unschlagbare 200 Euro im Monat. Für Kinder ab drei Jahren sind dann nur noch 120 Euro fällig. In Ispringen gilt damit ein Stundensatz von 1,40 Euro (U3) beziehungsweise 80 Cent (Ü3). Dazu kommt: Das letzte Kitajahr ist umsonst. Das gibt’s im PZ-news-Gebiet sonst nur noch in Straubenhardt. Im Krippenbereich relativ günstig ist zudem Königsbach-Stein (1,70 Euro/Stunde). In Pforzheim gibt es eine Besonderheit: Dort zahlen alle Eltern einen individuellen Kitabeitrag, der sich nach dem verfügbaren Familienbruttoeinkommen richtet. Wer 25.000 Euro jährlich hat und damit an der unteren Schwelle zur Zahlungspflicht liegt, zahlt sogar nur 70 Cent für ein Kind unter drei Jahren. Dieselbe Familie würde für ihren Nachwuchs ab drei Jahren dann sogar nur noch 40 Cent die Stunde für die Betreuung in einer Kita zahlen. Diese Beträge liegen streng genommen sogar noch ein bisschen niedriger: In der Goldstadt müssen nur elf statt sonst üblich zwölf Monate gezahlt werden. Auch Mühlacker berechnet die Gebühren anhand des Bruttoeinkommens, das Familien zur Verfügung haben. Liegt es monatlich unter 1250 Euro, sind für ein Ü3-Kind 150 Euro fällig (1 Euro). Die Senderstadt hat die Beiträge seit zehn Jahren nicht erhöht – ein absolutes Novum. Dort ist das Mittagessen sogar noch inklusive. In vielen anderen Gemeinden kommt das sonst noch obendrauf. Im Ü3-Bereich stechen darüber hinaus Kämpfelbach (1 Euro/Stunde) und Mönsheim (1,10) in puncto billiger Stundensätze hervor.

Alle Kitagebühren für verschiedene Familienmodelle (ein Kind unter drei Jahre (U3), ein Kind über drei Jahre (Ü3), zwei Kinder (U3 + Ü3 und Ü3 + Ü3)) in der PZ-news-Region finden Sie in dieser interaktiven Karte. Zum Anzeigen der Daten einfach auf einen Ort klicken. Wenn Sie sich durch alle Kommunen klicken wollen, geht das mithilfe der erscheinenden Pfeiltasten.

Wo muss vermeintlich am meisten für die Kita gezahlt werden?

Im U3-Bereich ganz klar in Heimsheim. 629 Euro monatlich müssen Eltern dort für einen Platz überweisen. Macht einen Stundensatz von 4,30 Euro. Relativ teuer ist es auch in Illingen und Engelsbrand (beide 4,10 Euro/Stunde) sowie Maulbronn (4). Da in der Klosterstadt und Engelsbrand aber auch nur elf statt zwölf Monate zu zahlen sind, wird es dort aber noch ein bisschen billiger. Relativ teuer ist es auch in Friolzheim (3,80 Euro/Stunde), Remchingen (3,70), Kieselbronn und Wurmberg (beide 3,50). Wer Ü3-Kinder hat, zahlt in Wiernsheim, Heimsheim und Illingen am meisten für die Betreuungsstunde (1,70 Euro), gefolgt von Wurmberg und Friolzheim (beide 1,60). Pforzheim und Mühlacker bilden eine Besonderheit: Durch ihre individuelle Beitragsrechnung zahlen Familien mit niedrigen Einkommen weniger und Familien mit höheren Einnahmen mehr. In der Goldstadt können an der oberen Grenze (ab 2026 über 95.000 Euro) 233 Euro oder 1,60 pro Stunde für ein Kind ab drei Jahren zusammenkommen. In Mühlacker sogar 420 Euro oder 2,90 Euro die Stunde, wer mehr als 4500 Euro Brutto monatlich zur Verfügung hat.

Wieso müssten die allermeisten Eltern eigentlich noch viel mehr bezahlen?

Die geforderten Gebühren decken nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Kosten. In allen abgefragten Städten und Gemeinden teils deutlich unter 20 Prozent. Doch genau diesen sogenannten Kostendeckungsgrad empfehlen die Kirchen sowie der Städte- und Gemeindetag eigentlich landesweit. Remchingen hatte bei der Kinderbetreuung vor einem Jahr beispielsweise ein Defizit von 1,8 Millionen Euro. Tiefenbronn hat fast drei Millionen Euro an Ausgaben und 580.000 Euro an Einnahmen. In Knittlingen steuern die Eltern nur fünf Prozent der tatsächlichen Kosten bei. Bürgermeister Alexander Kozel: „Jährlich erhalten wir knapp über 250.000 Euro Elternbeiträge. Die Gesamtaufwendungen im Kita-Bereich sind bei knapp über fünf Millionen Euro.“ Wurmbergs Rathauschef Jörg-Michael Teply rechnet vor, dass seine Gemeinde durchschnittlich 4000 bis 5000 Euro pro Jahr für jeden Kitaplatz zahlt und somit die Hälfte der Gesamtkosten trägt, während die Elternbeiträge schätzungsweise 15 Prozent ausmachen. In Bad Wildbad und Niefern-Öschelbronn sind es nach der jüngsten Beitragserhöhung 18,5 Prozent, in Schömberg und Wimsheim 18 Prozent.

53 Millionen Euro will die Stadt Pforzheim im kommenden Jahr für die Kitabetreuung ausgeben.

Viele Kommunen teilen PZ-news mit: In Zukunft ist eine Kostendeckung von 20 Prozent das Ziel. Heißt: Eltern müssen sich auf weitere Erhöhungen gefasst machen. Birkenfeld oder Enzklösterle wollen aber auch erst die Ausgaben reduzieren und die Wirtschaftlichkeit erhöhen, „bevor wir Familien belasten“, so Bürgermeisterin Sabine Zenker.

Ehrlich? Diese Besonderheiten gibt es bei den Kita-Gebühren in Pforzheim, dem Enzkeis und dem Kreis Calw.

Der Blick in die Gebührensatzungen zeigt: Jede Stadt und jede Gemeinde kocht ihr eigenes Süppchen. Pforzheim, der Enzkreis und der Kreis Calw gleichen in puncto Kitabeiträge einem Flickenteppich. In Ispringen und Straubenhardt ist das letzte Kitajahr kostenlos. In Mühlacker ist das Mittagessen umsonst, ebenso wie in der Mönsheimer und Neuhausener Krippe, in Birkenfeld zahlt es die Gemeinde zum Teil. Manche Kommunen verlangen nur elf Monatsbeiträge (Pforzheim, Maulbronn, Keltern, Knittlingen, Ötisheim, Engelsbrand und Wimsheim). Alle geben einen Rabatt auf Geschwisterkinder in der Regel unter 18 Jahren, wobei Schömberg und Niefern-Öschelbronn in diesem Punkt strenger geworden sind. Dort zahlen Eltern für zwei, drei und mehr Kinder nur noch weniger, wenn alle gleichzeitig in eine Kita gehen. Geht eines in die Schule, gibt es dann weniger oder keinen Rabatt mehr. Kurios: Wer in Mönsheim sein Kind zu spät abholt, zahlt je angefangene Viertelstunde eine Strafe von 19 Euro. In Heimsheim (12,50 Euro je halbe Stunde) und Wurmberg (3,50 Euro) gibt’s das auch.

Viele Faktoren beeinflussen die Höhe der Kitagebühren

In Rheinland-Pfalz und Berlin zahlen Eltern nichts für die Betreuung ihrer Kinder. In Baden-Württemberg hingegen erzeugt das Kitagebührenmodell einen Flickenteppich, denn jede Kommune legt die Kosten individuell fest.

Das klingt erst einmal rein negativ – doch hat das Modell auch Vorteile?

Michael Schmidt ist Rathauschef in Neulingen und Sprecher der Enzkreis-Bürgermeister. Er sagt: „Wenn man es als Vorteil sehen möchte, können Elternbeiträge zu einer Fokussierung auf echten Bedarf im Gegensatz zu unendlichen Bedürfnissen führen.“ Dem stünden aber zwei Dinge entgegen: Durch den inzwischen üblichen schnellen Wiedereinstieg in den Beruf sei der Bedarf an Plätzen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Und wenn es dann nicht ausreichend Plätze gebe, lasse der generelle Rechtsanspruch auch keine Vergabeprioritäten zu.

Somit ergäben sich keine nennenswerten Steuerungsmöglichkeiten mehr, sagt Schmidt:

"Ich sehe die Beitragserhebung zunehmend nachteilig für die Kommunen, da die empfohlenen 20 Prozent Deckungsgrad durch Elternbeiträge selten überhaupt erreicht werden, Gemeinderatsdiskussionen landauf und landab möglichst keine Belastungen sehen wollen und der Abmangel somit ohnehin immer mehr anwächst."

Bei der Auswertung sind zwischen den Kommunen in der Region große Unterschiede bei den Beiträgen aufgefallen. Warum wird das nicht einheitlich(er) gemacht?

Die Unterschiede ergäben sich aus unterschiedlichen Zusammenstellungen des Personalkörpers in entsprechenden Eingruppierungen, Gruppengrößen und strukturellen Gegebenheiten vor Ort, erklärt Schmidt: „Habe ich viele kleinere Einrichtungen in verschiedenen Ortsteilen oder große zentrale Einrichtungen?“

Schmidts Wimsheimer Bürgermeister-Kollege Mario Weisbrich unterstreicht, dass bei einem Vergleich der Gebühren einige Rahmenbedingungen beachtet werden müssten. Machen die Kinder einen Mittagsschlaf? Dann brauche es einen Extra-Schlafraum und davor ein warmes Mittagessen. Sind die Kinder, wie im Waldkindergarten, viel draußen? Dann müssten die Bäume rund um die Einrichtungen gesichert werden. Sind die Kitas kommunal, von der Kirche oder einem freien Träger? Und werden die Gebühren für das Haushaltsjahr oder für das Kindergartenjahr kalkuliert.

In manchen Gemeinden gibt es Ermäßigungen für Familien mit geringerem Einkommen. Bräuchte es das nicht überall?

„Klingt erstmal gerecht“, sagt Bürgermeister-Sprecher Schmidt. Allerdings: Er spricht einen „erheblichen, bürokratischen Aufwand“ an. Zudem blende die reine Einkommensbetrachtung die wirtschaftliche Gesamtsituation der Familien aus. Es mache einen Unterschied, ob man im geerbten Eigenheim oder – auch bei gutem Einkommen – in einer teuren Mietwohnung lebe.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten haben sozial Schwächere sonst noch?

Wer die finanzielle Belastung durch Kita-Gebühren nicht tragen kann, könne beim Jugendamt einen Antrag auf Gebührenermäßigung oder gar Gebührenbefreiung stellen, erklärt der Bürgermeister-Sprecher.

5,5 Millionen Euro gibt Neulingen beispielsweise in diesem Jahr für die Kitas aus. Abzüglich Elternbeiträgen (rund 760.000 Euro) und Landeszuweisungen (1,5 Millionen) bleiben 3,24 Millionen Euro an der Gemeinde hängen.

Wie viel Geld geben die Gemeinden jährlich insgesamt für die Kinderbetreuung aus? Die Eltern zahlen selbst ja nur einen Bruchteil. Wer zahlt alles mit?

Beispiel Neulingen: In diesem Jahr sollen laut Schmidt rund 5,5 Millionen Euro (Plan) für die Kitas ausgegeben werden. 500.000 Euro mehr als noch im Jahr davor. Die Elternbeiträge bleiben mit in etwa 760.000 Euro dagegen gleich, ebenso wie die Landeszuweisungen mit 1,5 Millionen Euro. „2024 verblieben folglich rund 2,76 Millionen Euro ungedeckte Aufwendungen, die aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Gemeinde zu decken waren. Dieses Jahr sind wir laut Plan dann schon bei 3,24 Millionen Euro“, so der Bürgermeister.

Pressesprecherin des Landeselternbeirats: "Das System ist ungerecht"

Anna Radermacher ist Pressesprecherin des Landeselternbeirats Kindertagesbetreuung, der während der Corona-Pandemie von Eltern gegründet und seit rund einem Jahr institutionalisiert ist. Er hat 20 Mitglieder. Radermacher sagt zu den Kitagebühren in Baden-Württemberg: „Das System ist aus unserer Sicht ungerecht. Gerade entscheidet die Postleitzahl über die Kosten für einen Kindergartenplatz.“ Die unterschiedliche Finanzierung der verschiedenen Träger verschärfe das Problem. Der Landeselternbeirat findet: Bildung muss gebührenfrei sein, damit alle Kinder einen Zugang dazu haben. Deshalb müssten Kitas wie die Schulen auf Landesebene verankert und die Finanzierung so auf Dauer sichergestellt werden. Das langfristige Ziel seien kostenfreie Kitas wie etwa in Berlin und Rheinland-Pfalz. Denn nur so könne das im Grundgesetz verankerte Recht der Kinder auf Teilhabe eingelöst werden, so Radermacher. Ob zu hohe Kitagebühren, zu kurze Öffnungszeiten und Personalmangel Auswirkungen etwa auf die Geburtenrate haben, könne man nur mutmaßen:

„Aber wir wissen von Müttern, die nicht mehr arbeiten, weil es sich schlicht nicht lohnt“,

sagt Radermacher.

Diese Finanzhilfen gibt’s – und so oft werden sie genutzt

Alle Städte und Gemeinden greifen den Eltern mit dem Geschwisterrabatt unter die Arme. Manche zahlen das Mittagessen ganz oder teilweise, andere bieten das letzte Kitajahr kostenfrei an und in Mönsheim erhalten Alleinerziehende und Arbeitslose 50 Prozent Nachlass. Viele Kommunen helfen bei der Beantragung von Zuschüssen bei der Stadt Pforzheim und den beiden Landkreisen Enzkreis und Calw. Keine Kitagebühren zahlen müssen laut Behörden Bezieher von Bürgergeld, Grundsicherung, Wohngeld, Kinderzuschlag oder Asylhilfe.

915 Eltern aus dem Enzkreis bekommen den Kitaplatz ganz oder teilweise bezahlt.

642 Eltern aus dem Kreis Calw haben 2024 finanzielle Unterstützung beim Kitaplatz bekommen.

Alle Eltern, die keine dieser Leistungen beziehen, könnten einen Antrag stellen, so das Landratsamt Calw. Dabei werde keine bestimmte, sondern eine individuelle Einkommensgrenze berechnet. Diese hänge beispielsweise von der Anzahl der Kinder, der finanziellen Belastung oder den Mietkosten ab, ergänzt das Landratsamt des Enzkreises. Das bezahlt rund 915 Eltern ganz oder teilweise den Kitaplatz. „Tendenz steigend“, heißt es aus der Behörde. Bei der Tagespflege seien circa 350 Fälle registriert. Im Kreis Calw erhielten 642 Eltern 2024 finanzielle Unterstützung – ungefähr zehn Prozent. Pforzheim kann genaue Zahlen zu Familien, die ihre Gebühren zahlen oder nicht, nicht liefern. „Geschätzt kann davon ausgegangen werden, dass circa 75 Prozent der Familien Beiträge zahlen“, so ein Sprecher.

36,1 Stunden werden Kinder in Deutschland im Schnitt in Kitas betreut.

So kommt PZ-news zu den Ergebnissen:

  • Angefangen hat alles mit einer Umfrage bei den Städten und Gemeinden im PZ-news-Gebiet. Wie hoch sind die Kitagebühren für unter und über Dreijährige? Wie viel Rabatt gibt es für Geschwisterkinder? Wie hoch ist der Elternanteil an den Gesamtkosten und wie soll sich dieser in Zukunft entwickeln? Welche finanzielle Unterstützung gibt es für Familien?
  • In Deutschland werden Kinder in Kitas laut Statistischem Landesamt im Durchschnitt 36,1 Stunden pro Woche betreut. Daher wurden Beiträge für die verlängerten Öffnungszeiten (VÖ) abgefragt.
  • Um besser vergleichen zu können, hat PZ-news die Betreuungskosten pro Stunde errechnet. Denn manche Einrichtungen bieten 30 Stunden, andere 32,5, 33,75 Stunden und weitere 35 oder 35,5 Stunden Betreuung an. Andere differenzieren bei den Gebühren noch einmal zwischen unter Zwei- und unter Dreijährigen.